„Euer Neubau ist unser Albtraum“

Markgrafendamm 6 und 10 Mieter*innen dieser Häuser im Berliner Laskerkiez schlagen wegen Bauschäden Alarm

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Kein Einzelfall: Großprojekte treiben Berliner Mieten in die Höhe und gefährden mitunter auch die Bausubstanz benachbarter Häuser
Kein Einzelfall: Großprojekte treiben Berliner Mieten in die Höhe und gefährden mitunter auch die Bausubstanz benachbarter Häuser

Foto: Sean Gallup/Getty Images

"Jedesmal, wenn ich den Lärm der großen Baumaschinen höre, habe ich Angst, ob die Wände in meiner Wohnung noch standhalten“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Sie ist Mieterin einer Wohnung am Markgrafendamm 10 im Friedrichshainer Laskerkiez in unmittelbarer Nähe vom Bahnhof Ostkreuz. Seit Monaten lebt sie und ihre Nachbar*innen mitten auf einer Großbaustelle. Auf dem Areal des Markgrafendamm 7-10 entsteht The FIZZ. Das ist eine Marke des Investors International Campus, der sich selber als „führender Entwickler und Betreiber von Konzepten für studentisches und urbanes Wohnen in Europa“ bezeichnet. Die möblierten Appartements werden temporär an Studierende zu einen Pauschalpreis vermietet. Dadurch werden Mieter*innenschutzmaßnahmen wie die Mietpreisbremse umgangen und der Mietenspiegel in den Stadtteilen weiter in die Höhe getrieben. Im bereits fertig gestellten Projekt The FIZZ in der Köpenicker Straße kostet ein 20 Quadratmeter-Appartement aktuell 1075 Euro. Auch im Laskerkiez herrscht zur Zeit Goldgräberstimmung für verschiedene Immobilienkonzerne. Während Orte der Kiezkultur wie das „Zukunft am Ostkreuz“ ihr Domizil verlassen müssen, machen sich Immobilienkonzerne wie Pandion, Trockland und eben auch International Campus dort mit ihren Projekten breit.

Dass Mieter*innen der Häuser Markgrafendamm 6 und 10 jetzt Alarm schlagen und zu einer Kundgebung mit den Slogan „Rettet unsere Häuser“ aufrufen, bezieht sich allerdings nicht nur auf die Verdrängung durch die Nobelprojekte. Die Mieter*innen beklagen massive Bauschäden an den Häusern und fürchten, dass sie unbewohnbar werden könnten. Schon bei Baubeginn waren erste Risse an den Wänden aufgetaucht, die mittlerweile so groß geworden sind, dass man durchschauen kann.

Unterstützung durch solidarische Nachbarschaft

Die Mieter*innen hatten sich an die Nachbarschaftsinitiative „Wem gehört der Laskerkiez?“ gewandt, die in den letzten zwei Jahren Anwohner*innenproteste gegen die Nobelprojekte im Kiez organisiert hatten. Zuvor hatten sich die Mieter*innen wegen der von ihnen dokumentierten Bauschäden an Bauamt und Politiker*innen gewandt Es gab auch mehrere temporäre Baustopps wie Julian Schwarze gegenüber MieterEcho bestätigt. Er sitzt für die GRÜNEN im Berliner Abgeordnetenhaus. Der Laskerkiez gehört zu seinem Wahlkreis. „Entscheidend ist, dass die Häuser bewohnbar bleiben. Es darf nicht passieren, dass die Bewohner*innen ihr Zuhause verlieren, nur weil ein Investor nebenan ein neues Haus baut“, kommt Schwarze gegenüber MieterEcho auf das Worst-Case-Szenario zu sprechen, das durchaus nicht so selten vorkommt. Gut dokumentiert ist das Beispiel der Essohäuser in Hamburg, in denen sich Mieter*innen jahrelang gegen eine Luxusmodernisierung gewehrt haben, bis sie wegen Einsturzgefahr die Wohnungen verlassen mussten. Die Gefährdung entstand durch die Baumassnahmen. Schwarze fordert, dass schon vor Genehmigung der Neubauprojekte die Gefahr von Bauschäden an den Nachbargebäuden eine größere Rolle spielen muss. Denn der Markgrafendamm ist kein Einzelfall. Davon ist auch die städtische Infrastruktur betroffen. -So ist die U2 zwischen Klosterstraße und Senefelder Platz seit Monaten gesperrt. Grund ist ein Bauschaden am U-Bahntunnel durch ein Hochhausprojekt der Covivio am Alexanderplatz. Schwarze befürchtet weitere Bauschäden durch den von vielen Anwohner*innen abgelehnten Neubau der Karstadt-Filiale am Hermannplatz, für den der Immobilienkonzern Signa die Verantwortung trägt. Schwarze sieht auch die Notwendigkeit, die Rechte der Mieter*innen bei Bauschäden zu verbessern. „Wichtig ist Transparenz zu den gemachten Untersuchungen, Gutachten und den eingeleiteten Schritten. Hier sollte es selbstverständlich sein, dass den Mieter*innen alle Unterlagen zugänglich sind. Schließlich geht es um ihr Zuhause“. Das fordern auch die Mieter*innen aus den Häusern Markgrafendamm 6 und 10. Sie beklagen auch, dass hier die von der Politik verursachte Wohnungsnot der Studierenden auf den Rücken der Anwohner*innen ausgetragen wird. Hier zeigt sich auch wieder, die Notwendigkeit von neuen kommunalen Wohnungsbau, wie ihn die Berliner Mieter*innengemeinschaft fordert. Solche Neubauten wären ein Albtraum höchstens für Investoren wie International Campus und Co.

Peter Nowak

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden