Die Verdämmten gehen auf die Straße

Deutsche Wohnen AG Berlins größter Immobilienkonzern gerät immer in die Kritk und es ist gelungn, Mieter_innen aus verschiedenen Stadtteilen zu koordinieren.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

„Wohnen auf dem Schleudersitz“ steht auf dem einen Schild. „Nicht mit uns“ auf dem anderen. Es ist eines von zahlreichen Protestplakaten, die am 2. Juni zwischen 11 und 13 Uhr vor der Zentrale der Deutschen Wohnen AG (DW AG) in der Mecklenburgischen Straße 57 in Charlottenburg gezeigt wurden. Dort hatten sich ca. 200 MieterInnen der DW AG aus verschiedenen Berliner Stadtteilen versammelt, um ihren Protest gegen die Praktiken des Unternehmens auszudrücken. Die DW AG ist der größte private Wohnungseigentümer in Berlin und besitzt derzeit fast 110.000 Wohnungen.

"Die aggressiven Mietsteigerungen der Deutsche Wohnen AG zwingen uns aus unseren Häusern. Ob in Tegel, Kreuzberg oder Steglitz-Zehlendorf, wir sehen überall, wie die Deutsche Wohnen unsere Verdrängung in Kauf nimmt", sagte Christine Hahn, Mieterin der Otto-Suhr-Siedlung.

"Wacht auf Verdämmte dieser Erde"

Die dort oft seit vielen Jahren lebenden MieterInnen hatten sich Anfang des Jahres gegen Ankündigungen von energetischen Sanierungen gewehrt, weil viele Menschen mit geringen Einkommen ihre Verdrängung fürchten. Auch am 2. Juni spielte die energetische Sanierung wieder eine wichtige Rolle. Der Künstler und Aktivist Kurt Jotter vom Büro für ungewöhnliche Maßnahmen hat gemeinsam mit betroffenen MieterInnen auf der Kundgebung eine Performance vorgeführt. „Wacht auf, Verdämmte dieser Erde“ stand auf der weißen Platte, die sich ein Mieter um den Hals gehängt hat. Seine Hände haben stecken ebenfalls in der Platte und haben wenig Bewegungsfreiheit. Die Darstellung symbolisiert auch die Last und die Beschwernisse, die für viele MieterInnen mit der energetischen Modernisierung verbunden sind.

Es geht um die Profite der DW und nicht um die Interessen der MieterInnen

Während MieterInnen aus verschiedenen DW-Häusern über Versuche sprechen, mit der Modernisierung die Profite zu steigern und nicht die Situation der MieterInnen zu verbessern, berichten andere, dass längt fällige Instandhaltungsmaßnahmen der Gebäudekomplexe vernachlässigt werden. Profit und nicht MieterInneninteressen stehen natürlich bei allen Investoren im Mittelpunkt ihres Interesses. Deshalb fordern die MieterInneniniativen auch die Überführung der der Bestände der Deutsche Wohnen AG und anderer Immobilienunternehmen in die öffentliche Hand unter Mitbestimmung durch die MieterInnenschaft. Das die MieterInnen hier die Eigentumsfrage stellen, ist ein bemerkenswerter Fortschritt. Dazu kommt der gelungene Versuch, die MieterInnen eines Investors aus den unterschiedlichen Berliner Stadtteilen zum Protest zu koordinieren. Damit kann die Vereinzelung der MieterInnen ein stückweit aufgehoben werden, weil sie sich so gegenseitig unterstützen können. Zudem kann besser auf Entmietungsstrategien reagiert werden, wenn sich MieterInnen aus den unterschiedlichen Häusern über ihre Erfahrungen austauschen. Diese Koordinierung könnte Schule machen. Mittlerweile haben sich auch schon VermieterInnen von Goran Padovicz, eines weiteren großen Players am Berliner Immobilienmarkt, getroffen und koordiniert. Seit einigen Tagen kann auch per Mouseklick für MieterInneninteressen agiert werden. Auf Change.org kann eine Petition (https://www.change.org/o/bossu_mieterinitiative_der_otto-suhr-siedlung_und_umgebung) unterzeichnet werden, die die Streichung des § 559 BGB fordert, der den HauseigentümerInnen die rechtliche Handhabe gibt, Moderniserungsmaßnahmen für Mieterhöhungen zu nutzen.

Peter Nowak

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden