Neue deutsche Wunderwaffe

Menschenrechtsjustiz Warum sich der Bundesgerichtshof für die Menschenwürde von Taliban, aber nicht für die Bombenopfer von Oberst Klein einsetzt

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„Keine Immunität für KriegsverbrecherInnen" titelte die Taz am vergangenen Freitag. Deren für Recht und Justiz zuständiger Reporter Christian Rath berichtete über ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das dessen Vorsitzender Richter Jürgen Schäfer mit dem Satz einleitete „Deutschland ist weiterhin kein sicheres Land für Kriegsverbrecher“. Da fragt man sich, ob jetzt doch noch gegen Oberst Klein ermittelt wird, der für einen Bombenangriff auf einen von Taliban entführten Tanklastwagen verantwortlich war, der 2009 zum Tod von über 100 Zivilist*innen führte. Dabei war der doch sogar in der Bundeswehr befördert worden. Nein, den hatte Richter Schäfer nicht gemeint, Aber um Afghanistan und die Taliban ging es schon. Ein ehemaliger Oberleutnant der afghanischen Armee war wie Tausende andere nach Deutschland geflüchtet. Auf seinen Handy hatte er Fotos von seiner Tätigkeit bei der afghanischen Armee gespeichert, die, wenn wundert es, gewalttätig ist. Was könnte man ja eigentlich einen jungen Mann vorwerfen, der nach Deutschland geflüchtet war und in der afghanischen Armee vorher einen Beitrag gegen diese Islamfaschisten geleistet hat? Eigentlich müsste sein Fluchtgrund sehr überzeugend sein, weil ja die Taliban mittlerweile große Teile des Landes kontrollieren und daher, alle, die gegen sie gekämpft haben, ihres Lebens in Afghanistan nicht sicher sind. In Deutschland kassierte der junge Afghane dafür eine Bewährungsstrafe, weil auf dem Handy zu sehen war, dass gefangene Taliban mißhandelt und ein "toter Talibankommandant in entwürdigender Weise zur Schau gestellt wurde“, wie die Taz zu berichten wußte. Das BGH hat damit wieder einmal dokumentiert, die Faschisten und Reaktionäre aller Länder werden von der Deutschen Justiz nicht in Stich gelassen. Schließlich wurden die die Islamfaschisten in Afghanistan nicht nur von den USA sondern auch von der BRD gegen die von der Sowjetunion gestützte afghanische Linksregierung in Stellung gebracht. Eine Figur wie Jürgen Todenhöfer, der heute bei manchen als Friedensfreund durchgeht, machte sich damals direkt auf den Weg, um die Islamverbände zu treffen, die Lehrer*innen. Ärzt*innen und Frauen, die keine Schleier trugen, ermordeten. Sie gehörte unterschiedlichen islamistischen Gruppe an, aber sie teilten mit den Taliban den Hass auf jede Art von Emanzipation.

Eine Fortentwicklung des Internationalen Rechts?

Wenn nun der BGH sich so um die Würde von gefangenen und toten Talibankommandeuren sorgt, jubelt ein Teil der deutschen Zivilgesellschaft und spricht von der Fortentwicklung des internationalen Rechts. Ich würde sagen, dieses Internationale Recht ist die neue Deutsche Wunderwaffe und Konterrevolutionäre jeglicher Couleur, wenn sie nur im deutschen Interesse agieren, können davon profitieren. Zum Glück sind die alliierten Soldat*innen, die 1945 den deutschen Nationalsozialismus niederkämpften, dieser Fortentwicklung des deutschen Rechts entgangen. Sie haben sicherlich auf ihren Weg der Befreiung manchen lebenden und toten Volksgenossen ihr Menschenrecht genommen und vielleicht auch entwürdigend zur Schau gestellt. Ist nicht diese besonderer Eifer der deutschen Justiz, in aller Welt Menschenrechte durchsetzen zu wollen, die späte Rache des wiedergutgemachten Deutschland? Heute entkämen wohl die Befreier*innen vom Nationalsozialismus dieser deutschen Wunderwaffe nicht mehr. Wenn sich jetzt einige fragen, ob ich denn gar keinen Fortschritt in dieser Weiterentwicklung des Rechts ist, kann ich nur sagen, dass auch hier das Prinzip der Dialektik gilt. Natürlich war es ein Fortschritt, dass das Verbot der Todesstrafe Eingang ins Grundgesetz fand. Deswegen sollte man nicht verschweigen, dass es damals wesentlich von ehemaligen Nazis durchgesetzt wollte, die den Führern von SS, Einsatzkommandos etc. den Kopf retten wollten. Umso wichtiger war, dass der antifaschistische Staatsanwalt Fritz Bauer und sein Team Eichmann nach Israel auslieferten, wo er seiner Strafe nicht enting. Wenn nun auch gegen Oberst Klein demnächst in Afghanistan oder auch einen anderen Land des globalen Südens wegen seines Bombardierungsbefehls in Kunduz ermittelt würde, weil ja in Deutschland das Verfahren eingestellt ist, dann ließe ich mich über die Fortschritte des Internationalen Rechts überzeugen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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