Propagandafilme für den Propheten

Morteza Avini, Einige Eindrücke vom diesjährigen Berlin Documentary Festival, das bereits letzteis Wochenende stattgefunden hat. Doch eine Installation ist noch zu sehen.

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Stimmengewirr von einem Schulhof ist zu hören. Dann ertönt eine Klingel. Die Stimmen werden leiser. Langsam kehrt Ruhe ein und der Unterricht beginnt. Doch wir sind hier nicht in einer richtigen Schule sondern im Haus der Kulturen der Welt. Dort ist im Keller ein Pavillon mit7 Räumen aufgebaut. In jeden dieser Räume läuft ein Video mit Ausschnitten aus dem Unterricht in verschieden Fächern einer israelischen Schule. Sie dauern jeweils 24 Minuten, dann folgt eine Pause von 3 Minuten. Es lohnt tatsächlich alle Lektionen zu besuchen. Denn die unterschiedlichen Fächer Biologie, Staatsbürgerkunde, Geographie, Literatur, Arabisch und Geschichte enden schnell bei der israelischen Gegenwart. Die Installation der israelischen Künstlerin Smadar Dreyfus, kann noch bis zum 7. Juli besichtigt werden. Sie ist der noch zugängliche Teil des dritten Berlin Documentary Forums, das vom 29. Mai bis zum 1. Juni im Haus der Kulturen der Welt gastierte.. Es gab Theateraufführungen, Diskussionen und natürlich wurden viele Filme vorgeführt, Mit der Installation School aber wurden Maßstäbe für den dokumentarischen Film gesetzt. Es gibt sinnvolle Alternativen zu den üblichen Formaten, Filmvorführung mit anschließender Diskussion.

Der Propagandist des iranischen Islamismus

Obwohl es auch dort Highlights gab. Dazu gehören die Beiträge des iranischen Dokumentarfilmers MortezaAvini, die in Deutschland Premiere hatten. Avini stelle seine Filme in den Dienst derislamistischen Konterrevolution. Während des iranisch-irakischen Krieges drehte Avini zahlreiche Propagandafilme, die den Tod für die „islamische Revolution“ als große Ehre eines gläubigen Moslemshinstellte. Dabei hatten Avinis Filme durchaus einige künstlerische Raffinesse. Nicht mit plumpen Propagandastreifen sollte die iranische Jugend zum Märtyrertod bewegt werden. Auffällig war die Rolle Irans inden Filmen. Nicht nur die Welt sondern gleich das ganze Universum sollte danach durch die islamistische Bewegung gerettet werden. Dabei ist der Unterschied zur christlichen Weltsicht auffallend. Während dortdie Sterne und das Weltall um den Menschen kreisen, wird in Avinis Filmen den wissenschaftlichen Erkenntnissen insoweit Rechnung getragen, alsdie Erde als winziges Staubkorn im Universum dargestellt wird, wo der islamistische Iran als neue Kraft hochstilisiert wird, die die Welt zurück auf den göttlichen Weg bringen will. Die Bilder zeigen allerdings auch den wenig heroischen Alltag in den Schützengräben des irakisch-iranischen Krieges. Das Beschwören des verborgenen Imans wird kontrastiert von Bildern, die durch Kriegswaffen zerrissene Körper zeigen. Auch Avini ereilte dieser Märtyrertod noch Jahre nachdem der iranisch-irakische Krieg beendet war.Er wurde im April 1993 von einer Landmine zerrissen, die noch während des irakisch-iranischen Krieges verlegt worden war. Er drehte gerade einen Propagandafilm über die im Krieg vermissten iranischen Soldaten. Seine Filme sind auch deshalb interessant, weil sie die irrationale Seite der hochgerüsteten Militärmacht Iran aus der Perspektive eines Insiders zeigen, der damit seine eigenen Anhänger ansprechen will.

Peter Nowak

Link zum dritten Berlin Documentary Forum:

http://hkw.de/de/programm/projekte/2014/berlin_documentary_forum_3/start_berlin_documentary_forum_3.php

Zu den dort gezeigten Filmen von Monteza Avini:

http://www.hkw.de/de/programm/projekte/veranstaltung/p_103604.php

Hinweis zur Installation School, die noch bis zum 14. Juni im Haus der Kulturen der Welt zu sehen ist:

http://www.hkw.de/de/programm/projekte/2014/school/school.php

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Geschrieben von

Peter Nowak

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