Querfront gegen Islamismus

Berliner gegen Islamismus Auf einer "ideologiekritischen" Kundgebung standen AfD-Politiker_innen in den vorderen Reihen

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Vor einigen Tagen konnten wir angesichts der Preisverleihung an den schließlich nicht anwesenden Ken Jebsen im Berliner Kino Babylon eine Querfront unter antiimperialistischen Vorzeichen erleben. Doch es gibt auch auf der anderen Seite des linkspolitischen Spektrums heute keine Berührungsängste gegen Rechts mehr. Das wurde am vergangenen Dienstag anlässlich der Gedenkveranstaltung zum Jahrestags des islamistischen Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz deutlich. Dort hatte ein Berliner Bündnis gegen Islamismus (http://www.berlingegenislamismus.net/) eine Kundgebung angemeldet. Die Kritik richtete sich gegen eine Kooperation von Politikern mit islamistischen Vereinen und die Ausweitung des Berliner Neutralitätsgesetzes, das in Schulen und öffentlichen Gebäuden religiöse Symbole verbietet. Das sind vernünftige Forderungen des Säkularismus, die notwendig sind, in einer Zeit, in der bei den Berliner Grünen genau dieses Neutralitätsgesetz wieder infrage gestellt wird. Wenn dann auf de Kundgebung der Ausbau der Sicherheitsbehörden und eine internationale Kooperation der Polizeibehörden gefordert wird, kann man sich schon wundern. Denn ein Großteil der Veranstalter der Kundgebung kommen aus der antideutschen Linken, die sich heute nur noch ideologiekritisch nennt. Nur war von Ideologiekritik geschweige denn an einer Kritik an Deutschland auf der Kundgebung nichts zu hören. Wenn es Kritik gab, dann die, dass in Deutschland scheinbar ein antirassistischer Konsens herrscht, der es zum Tabu macht, über islamistische Anschläge und über Islamismus im Allgemeinen offen zu reden. Klar, dass da kein Wort vom NSU gefallen ist und auch nicht von Oury Jalloh, von dem heute angenommen wird, dass er sich in der Dessauer Polizeizelle nicht selber angezündet hat. Aus der Kritik an Deutschland wurde eine Kritik an linken und linksliberalen Restbeständen, die anlässlich des Gedenkens zum Jahrestag des islamitischen Anschlags unter der Parole „Solidarität statt Hass“ (http://interventionistische-linke.org/beitrag/solidaritaet-statt-hass ) ihre politischen Ansprüche auch schon so weit runter geschraubt haben, dass da eigentlich nur erklärte Rechte dagegen wären.

Mit der AFD gegen Islamismus

Bei der vorgeblich ideologiekritischen Kundgebung war selbst das nicht gewährleistet. Eine Reporterin der Taz schrieb (www.taz.de/Demonstrationen-am-Breitscheidplatz/!5469470/ ):

„Mehrere Abgeordnete der Partei hatten sich in die vorderen Reihen der wenigen Hundert Leute großen Kundgebung gemischt, darunter Landesschatzmeister Frank-Christian Hansel, Martin Treffer aus Treptow-Köpenick und der Pankower Herbert Mohr. Auch der im Sommer aus der Abgeordnetenhausfraktion ausgeschlossene Rechtsaußen Andreas Wild zählte zu den Gästen, dazu zahlreiche weniger bekannte AfDlerInnen aus verschiedenen Kreisverbänden.“

Marlene Gürgen, Taz

Es war schon beklemmend zu beobachten, dass einige jüngere Leute aus dem Antifa-Milieu, die zum ideologischen Umfeld der Veranstalter gehörten, nun nicht etwa den AFDlern und ihren Umfeld deutlich machten, dass sie dort unerwünscht sind. Nein, sie achteten darauf, dass es nicht etwa Störungen von links gibt. Vielleicht kann sich die Kundgebung doch ein Verdient anrechnen. Sie hat verhindert, dass sich vielleicht einige AFDler sonst einen weiteren Aufmarsch einige hundert Meter weiter angeschlossen hätten. Dort hatte die NPD und der Rest der Bärgida-Aufmärsche, wie sich der Berliner Pegida-Ableger nannte, ihre völkischen Losungen verbreitet. Auch einen Redner der Berliner AfD hatte man erwartet, der aber verhindert war. Tatsächlich war er in der vorderen Reihe der Kundgebung der Ideologiekritiker zu finden und applaudierte heftig über jede dort geäußerte Kritik am deutschen Staatsantirassismus. So machten die Interventionen zum Jahrestag der Anschläge nur einmal deutlich, wie sehr in Deutschland auch sich ideologiekritisch gebende Kreise inzwischen ihren Frieden mit Deutschland gemacht haben und auch die AfD schon mal als Kooperationspartner akzeptieren. Dabei hat ein Teil der Mitveranstalter in einer Zeit, als sie noch wirklich die deutschen Zustände kritisiert, genau davor gewarnt. Wer in Deutschland Realpolitik machen will muss rechte Politik machen. Am Dienstag hat sie sich gezeigt, wie recht sie mit den Warnungen hatten, von denen sie heute nichts mehr wissen wollen.

Peter Nowak

Nachtrag: Ein Redner auf der Kundgebung schildert in einem Leserbrief in der Taz, wie er mit den Organisator_innen Probleme wegen seiner Distanzierung von der AfD bekam.

Klar gegen die AfD

„Mit der AfD gegen Islamismus“,

taz vom 21. 12. 2017

Liebe Malene Gürgen,
kürzlich habe ich mich in einem (nicht veröffentlichten) Leserbrief an die taz vehement gegen die Vorwürfe gegen die Veranstaltung „Berlin Gegen Islamismus“ in dei- nem Artikel gewehrt. Ich war bei dieser Veranstaltung als Redner geladen und hatte mich in meinem Beitrag sehr klar gegen die AfD positioniert. In meinem Leserbrief habe ich dargelegt, warum AfDler für mich genauso wenig bei einer Veranstaltung für ein friedliches Miteinander zu suchen haben wie verfassungsfeindliche Islamisten. Meinen Leserbrief habe ich auf meiner Facebook-Seite veröffentlicht. Ich habe dafür sehr viel Beifall geerntet, aber auch massive Kritik unter anderem von Mitinitiatoren der besagten Veranstaltung. Im Laufe der davon losgetretenen sehr kontroversen Diskussionen habe ich große Zweifel an den Beweggründen der Veranstalter
bekommen, mich als Redner ein- zuladen. An einem Punkt hat mir einer der Mitorganisatoren öffentlich gesagt, dass er mich zukünftig nicht mehr einladen wolle, wenn ich an bestimmten Teilen meiner Kritik an der AfD festhalten wolle. Ich bin von einigen Sympathisanten der Veranstaltung beschimpft und entfreundet worden.

Ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich deinen Artikel nicht ernst genommen habe.
Ich bin sehr naiv gewesen und habe nicht verstanden, auf was
ich mich eingelassen habe. Und ich möchte mich aufrichtig dafür bedanken, dass dein Artikel mir einen so konstruktiven Anstoß gegeben hat.

Ich möchte auch den Veranstaltern der Kundgebung „Berlin Gegen Islamismus“ Danke sagen, dass
sie mir die Möglichkeit geboten haben, mich mit einem Redebei- trag zu beteiligen. Ich werde mich auch zukünftig deutlich gegen Islamismus positionieren und mich für ein pluralistisches, freies und offenes Miteinander einsetzen – gerade weil man die Islamkritik nicht den Rechtspopulisten überlassen darf.

Aber ich werde zukünftig vorsichtiger sein und mich nie wieder als Quotenausländer missbrauchen lassen. Amed Sherwan

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

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