"Was könnte an mit einer kritischen Kulturinvention am Berliner Mercedesplatz alles thematisieren, wenn es um die Frage von Recht auf Stadt und Mieten geht in Berlin geht? Schließlich ist es das Zentrum jeder kapitalistischen Spreecity, die dafür sorgt, dass Menschen mit kleinen und auch mit mittleren Einkommen sich oft eine Wohnung zumindest in bestimmten Stadtteilen von Berlin nicht mehr leisten können. Sie müssen dann in die Randstadtteile oder gleich nach Brandenburg ausweichen.
Reaktionäre Ökoromantik
Und dann propagiert das neueste Kulturprojekt von De La Hengt gerade diese Flucht auf Land. Das sah dann ganz konkret so aus, dass da ein gläsernes Boot an der Spreeanlagestelle vor dem Mercedes-Platz anlegte. Am Ufer standen ca. 50 Menschen, sie winkten dem Boot zu und hatten Schilder in der Hand, auf denen stand: "Wir haben Platz" etc. Auf einer Empore stand in einen roten Mantel gekleidet Bernadette de la Hengst mit Gitarre und trällerte einen Song mit eher belanglosen Text. Gruseliger war das ökoromantische Geschwätz des Mannes im Boot, der das Publikum auffordete, mit ihm aufs Land zu kommen. Dabei bediente er eine reaktionäre Gegenüberstellung der gefrässigen, gierigen Stadt versus dem guten Landleben, wo mensch die Erde noch selber spürt. Solche Stadt-Land Gegenüberstellungen gehörten zu den Theorieelementen vieler konservativer und rechter Gruppen schon in der Weimarer Republik. Auch sie feierten das einfache Landleben ab und stellen die angeblich verderbte Stadt gegenüber. Doch einige bei der Performance anwesenden Mieteraktivist*innen hatten noch eine andere Kritik. "Wir kämpfen dafür, in der Stadt wohnen zu bleiben, auch in den Kiezen, die die Immobilienwirtschaft im Visier haben, kritisierte eine Mieterin. Lobbyist*innen der Immobilienwirtschaft sagen uns immer, wenn ihr Euch die Mieten nicht mehr leisten können, könnt ihr ja aufs Land ziehen, sagte eine Mieterin. Daher skandierten sie kurz "Recht auf Stadt", Recht auf Stadt" in das Spektakel am Mercedesplatz. Es war eine kurze kapitalismuskritische Intervention. Ein großer Teil des Publikums schaute nur überrascht und indigniert. Übrigens fiel ansonsten bei der Performance das Wort Kapitalismus kein einziges Mal, und die Akteur*innen der Immobilienwirtschaft wurden nicht benannt. Und das im Schatten des Mercedeshochhauses im Favella-Stil, das noch im letzten Jahr berlinweit die höchsten Grundstückspreise aufwies. Zu Beginn der Parole-Pandemie blinkte dort der Schriftzug "Stay at Home" auch auf die vielen Wohnungslosen, die es in der Nähe gibt. Übrigens steht ein großer Teil dieses Towers leer. Recht auf Stadt würde auch heißen, wir gehen da rein, aber bestimmt nicht die Provinz. "Aufs Land da können uns auch nicht 10 Pferde hinbringen", sagte die Mieterin noch.
Peter Nowak
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