„Wir müssen weiterhin mit kaputten Fenstern, Schimmel und Wasserschäden leben, “ sagt Walter Grabowski. Er ist langjähriger Mieter eines Hauses in der Frankfurter Allee, das mittlerweile zum Baudenkmal avanciert ist.
Am Montag wurde darüber unter dem Titel „Koexistenz der Moderne“ auf einem Kolloquium einen ganzen Tag gesprochen, das von der Hermann-Henselmann-Stiftung gemeinsam mit dem Bürgervereins Hansaviertel unter der Schirmherrschaft der Berliner Senatsentwicklung für Stadtentwicklung und Umwelt veranstaltet wurde. Mit dem Hansaviertel im Westen und den sogenannten „Stalinbauten“ in Ostberlin hat die Stadt Berlin zwei denkbar unterschiedliche architektonische Positionen der 50er Jahre für den Preis des UNESCO-Kulturerbes angemeldet.
Grabowski und viele andere BewohnerInnen aus der Frankfurter Allee sahen die Würdigung des baukulturellen Erbes ihrer Häuser mit sehr gemischten Gefühlen. So begrüßt Florian Peters vom Mieterrat die Auszeichnung grundsätzlich, moniert aber, „die soziale Realität, in der die Baudenkmäler heute stehen“, werde ausgeblendet. „Als MieterInnen der unsanierten Häuser am Frankfurter Tor müssen wir seit Jahren erleben, wie sich sogenannte 'Investoren' die Klinke in die Hand geben und die denkmalgeschützten Gebäude herunterkommen lassen“, erklärt Peters. Mittlerweile stehen viele Wohnungen leer. Mehr als die Hälfte der Wohnungen sind mittlerweile verkauft. Der Mieterrat Frankfurter Allee, in dem sich Grabowski und Peters engagieren, wurde im letzten Jahr gegründet, um die Interessen der verbliebenen BewohnerInnen zu vertreten.
Mitstreiter Grabowski benennt einige der Probleme, mit denen die BewohnerInnen heute konfrontiert sind. „Wir sollen mit Schikanen wie dem monatelangen Abstellen der Fahrstühle und juristischen Drohungen aus unseren Wohnungen vertrieben werden, um den Profit beim Verkauf zu maximieren.“ Wenn überhaupt etwas passiere, dann nur, um entmietete Wohnungen aufzuhübschen, lautet die Kritik des Mieterrats. Peters verweist auf die sozialen Utopien, die die unterschiedlichen architektonischen Projekte im Hansaviertel und in der Frankfurter Allee eint. Mit dem Bauen und Planen sollte Wege zu einer sozial gerechteren Gesellschaft gegangen werden. „Die Glaubwürdigkeit der Preisnominierung bemisst sich für uns auch daran, ob der Berliner Senat die Visionen der damaligen ArchitektInnen und StadtplanerInnen ernst zu nehmen bereit ist“, betont Peters.
Peter Nowak
Link zum Mieterrat Frankfurter Allee:
http://mieterrat-frankfurter-allee.org
HInweis auf die Bewerbung der Häuser als UNESCO-Kulturerbe
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