Senioren erfolgreich gegen Vertreibung

Palisaden-Panther Fast ein Jahr kämpften die Senioren aus der Palisadenstraße in Berlin-Friedrichshain gegen die Verdoppelung ihrer Miete. Jetzt hatten sie Erfolg

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Senioren erfolgreich gegen Vertreibung

Screenshot: YouTube

Die MieterInnen der Seniorenanlage in Palisadenstraße 41 – 46 in Berlin Friedrichshain können aufatmen. Im Mai 2013 hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Eigentümer der Häuser eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Damit werde sichergestellt, dass die BestandsmieterInnen in den Senioren- und Behindertenwohnungen zu bezahlbaren Mieten in ihren Wohnungen verbleiben können, betonte der Bezirksbürgermeister von Kreuzberg-Friedrichshain Franz Schulz.

Einer der sich darüber freuen kann ist Joachim Konieczny. Der 59 jährige war mit vielen BewohnerInnen der Palisadenstraße in den letzten Monaten häufig auf Demonstrationen und Veranstaltungen zu finden, wo es um den Kampf gegen Mieterhöhungen geht. Als Palisaden-Panther wurden sie schnell zu einem festen Bestandteil der Berliner MieterInnenproteste. SeniorInnen, die Transparente malen und Flugblätter verteilen waren in den deutschen Medien eine Neuigkeit und machte die Anliegen der widerständigen SeniorInnen bald auch bundesweit bekannt. Dabei trafen sie bei den vielfältigen Aktivitäten durchaus auf weitere MitstreiterInnen in ihrem Alter. Schließlich hatten im letzten Jahr SeniorInnen der Stillen Straße in Pankow durch eine mehrwöchige Besetzung verhindert, dass ein Seniorentreffpunkt aus Kostengründen geschlossen wurde. Nun haben sich mit den Palisaden-Panthern das zweite Mal Erfolge eingestellt, wenn SeniorInnen aktiv werden.

Verdoppelung der Miete angekündigt

„Unser Vermieter hat im Jun 2012i angekündigt, dass er nach dem Wegfall der Anschlussförderung des Landes im Oktober die Miete wahrscheinlich verdoppeln muss, weil er sonst seine Kredite nicht mehr bedienen kann“, begründete Konieczny das Engagement. Dabei waren die Wohnungen Mitte der 90er Jahre im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus errichtet worden. Darunter sind 124 öffentlich geförderte Wohnungen mit altersgerechter Ausstattung, die nur von Menschen über 65, die einen Wohnberechtigungsschein besitzen, bezogen werden durften. Sie gehören zu den ca. 28.000 Berliner Sozialwohnungen, für die der Senat die Anschlussförderung eingestellt hat. In der Palisadenstraße lief die Grundförderung zum 31.10.2012 aus. Dies hätte dem Eigentümer das Recht gegeben, eine Kostenmiete von ca. 13.50 € netto pro qm zu verlangen. Für viele von ihnen wären die neuen Mieten nicht bezahlbar gewesen. Die Kooperationsvereinbarung sieht nun vor, dass die Miete für die BestandsmieterInnen bei 7,60 € bzw. 8,00 € pro m² nettokalt festgeschrieben wird und jährlich entsprechend der Inflationsrate in Deutschland erhöht werden kann. „Der jährliche Mieterhöhungsbetrag dürfte deutlich unter dem Betrag liegen, der bei Mieterhöhungen im freifinanzierten Wohnungsbau gefordert werden kann“, betont Bezirksbürgermeister Schulz. Als besonderen Erfolg wertet er die Klausel in der Vereinbarung, die die Nutzung der Palisadenstraße als Ferienwohnungen auch für die Zukunft ausschließt. Diese renditeträchtige Nutzung der Wohnungen war von den Eigentümern geplant. Zudem behält der Bezirk weiterhin das Belegungsrecht für die Wohnungen, die für RollstuhlfahrerInnen ausgewiesen waren. Hier hat der Eigentümer eine Mietbegrenzung zugesichert. Die Mehrheit der freiwerdenden Wohnungen allerdings kann allerdings künftig nach marktüblichen Preisen vermieten.

Für Bürgermeister Schulz ist das Ergebnis ein großer Erfolg. Schließlich seien im Bestand der fast 28.000 Sozialwohnungen, denen durch Senatsbeschluss keine Anschlussförderung mehr gewährt wurden, die meisten MieterInnen nach kurzer Zeit vertrieben worden. Diese Wohnungen seien als Ferien- oder Eigentumswohnungen auf den Markt gebracht worden. Auch die Mietenexpertin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Katrin Lompscher schätzt, dass es von 160.000 Sozialwohnungen in Berlin 60.000 gibt, bei denen die Mieten drastisch erhöht wurden. „Betroffen sind vor allem Mieter in innerstädtischen Lagen.“ Sie fordert vom Senat, dass „Behinderte und Menschen über 70 sollten als Härtefälle anerkannt werden und einen besonderen Kündigungsschutz genießen.

Eigentümer kann trotzdem auf Profite hoffen

Als Erfolg für die Palisadenpanther bewertet Erika Koch von der Friedrichshainer Initiative „Keine Rendite mit der Miete“ die Vereinbarung. Dass der Eigentümer den Großteil der freiwerdenden Wohnungen in der Palisadenstraße zum Marktpreis vermieten kann garantiert ihm bei der Altersstruktur der BewohnerInnen noch immer hohe Profite mit diesen Wohnungen“, kritisiert sie diese Klausel in der Vereinbarung.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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