Sie war eine Inspiration für die LInke

kubanische Revolution Sie stand am Beginn des gesellschaftlichen Aufbruchs der 1960er Jahre. Heute wid ihr Anteil daran, in den großen Erzählungen darüber gerne vergessen.

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Der verstorbene Fidel Castro wird auch von parteiunabhängigen Linken vorschnell in eine Linie mit den sich sozialistisch kostümierenden Staatsbürokraten gestellt. Dabei wird vergessen, welche bedeutende Rolle die kubanische Revolution für die Herausbildung einer Linken spielte, die sich jenseits von Reformismus und Staatssozialismus positionierte. Für die offizielle Sowjetunion und die Parteien, die sich in ihrem Dunstkreis bewegen, war es schlicht Linksradikalismus. Das fing schon damit an, dass die kubanischen Revolutionär_innen neben und oft genug im Widerspruch zur halblegalen Kommunistischen Partei agierten, die es in Kuba unter Batista gegeben hat. Mit den alten Bürokraten konnte man die Revolution nicht gestalten, daher wurde der alte KP-Vorsitzende auf einen Botschafterposten weggelobt. An der Basis der Kommunistischen Partei war die Sympathie für die Revolutionär_innen schon bedeutend größer. Viele spielten im revolutionären Kuba eine wichtige Rolle.

Guerilla statt Volksfront

Der Sieg der kubanischen Revolution war eine enorme Inspiration vor allem für die Linke auf dem amerikanischen Kontinent. Zeigte sich doch, dass auch dort eine Revolution siegreich sein konnte. Damit war das Phasenmodell der Kommunistischen Parteien widerlegt, die sich an der SU orientierten und für Volksfrontbündnisse mit bürgerlichen Kräften eintraten, die oft genug die Linken jagten und verfolgten. In der Folge der kubanischen Revolution bildeten sich in vielen amerikanischen Ländern Guerilla-Gruppen, die die Revolution so nach dem kubanischen Vorbild vorantreiben wollten. Später bildeten sich auch in anderen Ländern Guerillagruppen, in Europa gehörte die RAF dazu. Sie alle waren auch Teil des revolutionären Aufbruchs, der seinen Ausgang mit dem Sieg der kubanischen Revolution genommen hatte. Dieser Moment kommt in der europäischen Erzählung über die Aufbrüche in den späten 1960er Jahren oft zu kurz. Die kubanische Revolution stand nicht nur zeitlich am Beginn des Jahrzehnts, sie setzte auch ein starkes Fanal, das sowohl an den Universitäten des amerikanischen Kontinents, aber auch bei Landarbeiter_innenorganisationen und selbst bei der Theologie der Befreiung spürbar war.

Allende von Kuba inspiriert

Dabei waren längst nicht nur Guerillagruppen von der kubanischen Revolution inspiriert. Der damalige sozialistische Oppositionspolitiker aus Chile Salvador Allende besuchte bereits wenige Monate nach der Revolution Kuba, lernte Fidel und Che, aber auch die Mühen und Ebenen der kubanischen Revolution kennen. Er wurde zu einem großen Freund dieser Revolution und versuchte im Bündnis Unidad Popular die Umwälzungen auch in seinem Land umzusetzen. Daher wurde Allende auch nie zum Sozialdemokraten, den heute manche in ihn sehen wollen. Daher hatte er auch eine Grundsympathie zur revolutionären MIR, die außerhalb der Unidad Popular stand, aber solidarisch zu Allende stand. Die MIR propagierte die Organisierung und Bewaffnung der Armen. Von der Kommunistischen Partei wurden sie als Linksradikale bekämpft, Allende verteidigte die Revolutionär_innen und nach dem Putsch schickte Allende kurz vor seinem Tod eine Botschaft an den MIR-Vorsitzenden, er solle jetzt seine Leute mobilisieren. Wir wissen heute, sie waren zu schwach, die Kräfte der Konterrevolution zurückzudrängen. Dabei war klar, der Putsch in Chile richtete sich auch gegen den revolutionären Aufbruch, der von Kuba ausgegangen ist.

Wann wird Mariela Castro Kubas Präsidentin?

Noch in den 1960er Jahren scherte sich die kubanischen Revolutionär_innen wenig um sowjetische Dogmen. Der Trotzkist Ernest Mandel konnte mit kubanischen Ministern und Wissenschaftler_innen über sozialistische Transformationsmodelle diskutieren, es wurde mit Modellen der Abschaffung des Geldes experimentiert und der scharfe Kritiker des sowjetischen Nominalsozialismus Charles Bettelheim war auch Gast in Kuba. Diese linke Offenheit verschwand in den 1970er Jahren. Doch, wenn Kuba auch einen Pakt mit nominalsozialistischen Block machte, blieb Kuba doch eine wichtige Stimme der Blockfreienbewegung. Es gibt in dem sehenswerten film „Rot liegt in der Luft" (http://www.critic.de/tv/empfehlung/chris-marker-rot-liegt-in-der-luft-1918/ ) von Chris Marker eine Szene, wo Fidel den Einmarsch der Warschauer Vertragsstaaten in der Tschechoslowakei widerwillig und sehr umständlich rechtfertigte. Man spürt und sieht, dass er hier in erster Linie aus bündnispolitischer Räson und nicht aus politischen Überzeugungen handelte. Damit war die Phase des kubanischen Aufbruchs als Beitrag zur transnationalen revolutionären Entwicklung an ihr Ende gekommen. Doch noch in den 1980er Jahren im Kampf gegen das südafrikanische Apartheidregime übte das revolutionäre Kuba praktische Solidarität. Sehr viel später, als Kuba die revolutionären Bestrebungen zugunsten einer sozialistischen Realpolitik zurücknahm, blieb Kuba auf anderen Gebieten Vorbild und leistete auch praktische Selbstkritik. In den ersten Jahrzehnten der Revolution gab es starke Restriktionen gegen Homosexuelle. In den letzten Jahren wurde Kuba zu einem amerikanischen Vorbild für die Gleichberechtigung von Menschen mit unterschiedlicher Sexualtät. Eine wichtige Pionierin dieser Entwicklung war Mariela Castro (http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/kuba-mariela-castro-schwule-lesben-gesetz ), Fidels Nichte. Sie könnte als künftige kubanische Präsidentin dafür sorgen, dass von der Insel weiterhin emanzipatorische Impulse ausgehen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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