SPD und Grüne in NRW nicht reformfähig

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Bei den Linken in NRW müssten jetzt die Sektkorken knallen. Denn der Schimäre an einer sogenannten rosarotgrünen Reformregierung ist schon nach der ersten Gesprächsrunde begraben. Was Besseres kann einer Partei, die mit gerade mal 5,6 % ins Parlament gekommen ist, nicht passieren, wenn sie ihre Erklärungen aus den Wahlkampf ernst nimmt. Sie hat sich dort verpflichtet, dass eine von ihr mitgetragene Regierung keine weiteren Entlassungen und keine weiteren Privatisierungen vornimmt. Dieser nun wahrlich nicht besonders revolutionäre Anspruch, über den selbst Reformjusos in den 70er Jahren nur müde gelächelt hätten, war aber den Damen und Herren von der SPD und den Grünen schon zu viel Systemkritik.

Deshalb waren sie auch bei der ersten und letzten Verhandlungsrunde mit der Linken gar nicht bereit, sich mit deren Vorstellungen auseinander zu setzen. Es ging vielmehr um einen Ladenhüter, nämlich die Frage, wie die Abgeordneten zur DDR stehen. Und das in einem Bundesland, in dem kein Landtagsmitglied der Linken aus Ostdeutschland kommt und daher auch nie in der SED war. Dafür sollten mache Linke erklären, warum sie die Grünen und die SPD so lange als ihre politische Heimat gesehen haben.

Einige historische Reminiszensen

Mit der Vogelscheuche DDR wollen die SPD und Grüne ihre völlige Reformunfähigkeit verbergen. Man muss sich schon fragen, ob nicht auch die Angst dahinter steckt, die Menschen könnten sich heute angesichts des real existierenden Kapitalismus fragen, welche Motivationen diejenigen hatten, die nach 1945 die DDR aufbauten. Sie könnten auch neue Alternativen zum Kapitalismus suchen. Diese Furcht ist es, die jeden Versuch, die DDR auch als legitimen Versuch anzuerkennen, fast in die Nähe eines Verbrechens rückt. So wie der SPD- und Gewerkschaftsfunktionär Georg Leber in den 50er Jahren ohne jede rechtsstaatliche Grundlage Gewerkschaftsfunktionäre, die als KPD-Mitglieder bekannt waren oder nur verdächtigt wurden, aus ihren Ämtern entfernen ließ. So wie auch SPD-Funktionäre den parteilosen Gewerkschaftstheoretiker Viktor Agartz Ende der 50er Jahre kriminalisierten und politisch kaltstellten, weil er sich Kontakte zum Gewerkschaftsbund der DDR nicht verbieten lassen wollte. Wenn wir schon mal bei der Geschichtsaufarbeitung sind, sollte auch erwähnt werden, dass der erste tote Demonstrant in der BRD der Antimilitarist und Kommunist Philipp Müller war. Er wurde am 11.5.1952 in Essen bei einer Demonstration gegen die Wiederbewaffnung erschossen. Zu dieser Zeit hätte die NRW-FDP den Zusatz NS mit Recht tragen können. Schließlich war sie ein Sammelbecken hoher Nazifunktionäre, was sogar den britischen Alliierten zu viel wurde, die einige nordrheinwestfälische FDP-NSlerin Haft nahm. Im letzten Jahr stellte ein Untersuchungsbericht fest, dass mehr als 40 Landtagsabgeordnete von CDU und FDP in der Nachkriegszeit aktive Nazis waren. Eine Distanzierung von ihnen wurde weder von den Grünen noch der SPD gefordert. Dafür kommen sie mit dem DDR-Gespenst. Damit wollten sie auch feststellen, wie weit sich die Linken um einiger Pöstchen willen verbiegen. Kenner der politischen Verhältnisse berichten, dass manche Linke gerade begonnen die Sprache der Realpolitik, zu lernen. Die Illusion, sie hätten Macht, wenn sie ein oder zwei Ministerposten stellen, hätte auch vor der Linken nicht halt gemacht. SPD und Grüne haben nun vorerst diesen Prozess ein Ende gemacht, der Kelch ist an der Linken noch einmal vorbeigegangen. Dass sollte für sie kein Grund zum Lamentieren über verpasste Chancen sein. Wenn SPD-Spitzenkandidatin Kraft der Linken Regierungs- und Koalitionsunfähigkeit bescheinigte, dann ist das doch eigentlich ein Gütezeugnis, dass die Partei nicht gleich all ihre Grundsätze über Bord werfen wollte SPD und Grünen haben damit auchdeutlich gemacht, das sie nicht reformfähig sind, weder in NRW noch anderswo. Jetzt könnte die Linke das Exempel wagen, dass man durch eine konsequente Oppositionspolitik weitere Zumutungen in der Sozial- und Bildungspolitik eher behindern kann als in der Regierung. Dazu müsste sie allerdings mit der außerparlamentarischen Opposition auf Augenhöhe und ohne Führungsanspruch kooperieren.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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