Vom richtigen Leben im Falschen

Silvia Federici Eine Tagung der Rosa Luxemburg Stiftung beschäftigt sich mit der sozialökolgischen Transformation des Kapitalismus. Doch der Rote Faden fehlt.

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Wie wollen wir Zukunft leben? Welche Arbeit muss getan werden, damit alle zum Leben und zur Arbeit kommen? Diesen Fragen widmete sich in der letzten Woche eine Tagung der Rosa Luxemburg Stiftung in Berlin. Die Auftaktveranstaltung begann am Donnerstagabend mit Verspätung., weil auch in der Räumen der RL-Stifung dem aktuelle Wahn Tribut gezollt werden musste.

Erst nach dem WM-Spiel wurde der Monitor weggeräumt und die US- Professorin Silvia Federici konnte mit ihrem Referat beginnen. Mit dem 2012 ins Deutsche übersetzten Buch „Aufstand aus der Küche“ liefert die feministische Theoretikerin eine Grundlage für die Care-Revolution-Bewegung, die im März 2014 in Berlin einen großen Kongress veranstaltete. Die Tagung von letzter Woche kann als eine Fortsetzung der Diskussion über viele der Fragen und Kontroversen verstanden werden, die sich um das Konzept der Care-Revolution drehten. Die wurden schon bei Federicis Einführungsvortrag deutlich. Dort zog sie eine Linie von der Hexenverfolgung bis zur aktuellen Politik von Weltbank und IWF, die zur Zerstörung der vor allem von Frauen betriebenen Subsistenzwirtschaft führe.

Auch die Konterrevolution kam aus der Küche

Dagegen setzt Federici die Solidarität der Frauen und nannte die Bewegung der Volksküchen in Chile in der Endphase des Pinochet-Regimes. Aus dem Publikum kamen die Einwände, ob damit die Frauen wieder auf die Küche reduziert werden. Zudem dürfte gerade am Beispiel Chile nicht vergessen werden, dass es dort auch eine Konterrevolution aus der Küche gäbe. Schließlich hätten vor allem Frauen aus dem Mittel- und Oberschicht Märsche gegen die linke Allende-Regierung organisiert, bei denen sie auf leere Kopftöpfe schlugen.

Nach der überfüllten Auftaktveranstaltung war die Beteiligung an den Arbeitsgruppen der Folgetage wesentlich schlechter besucht. Dort ging es dabei um konkrete Beispiele des Tagungsmottos, das andere Lebens im Falschen zu suchen. So berichteten Aktivisten aus Griechenland, wie Basisbewegungen, die in der Krise zusammengebrochene Gesundheitsversorgung aufrechterhalten und damit auch zur Rekonstruktion einer neuen Linken beitragen. In einem Workshop wurde ein kostenloser Öffentlicher Nahverkehr als Beitrag zu einem praktischen Konsumverzicht diskutiert. Damit könnte man vielen Menschen zum Verzicht auf den eigenen PKW motivieren. Jana Fleming vom Berliner Energietisch zeigte auf, dass eine ökologische Energiewende die Energiearmut von Menschen mit geringen Einkommen nicht aus dem Blick verlieren darf.

Wenn Du mit dem Lohn nicht auskommst, musst Du Konseumverzicht üben

Auch die feministische Publizistin Christa Wichterich warnte davor, dass eine Konsumkritik, die die Interessen der Einkommensarmen nicht berücksichtigt, Teil neoliberaler Politik werden kann. Solche Erfahrungen habe sie selber in feministischen Zusammenhängen gemacht. Dort wurde eine Journalistin, die für ihre Arbeit an einem Zeitungsprojekt um eine Lohnerhöhung bat, weil sie noch die Eltern mit versorgen müsse, von anderen Frauen in dem Projekt vorgehalten, wenn sie mit dem Geld nicht auskomme, müsse sie ihre Konsumbedürfnisse hinterfragen. Über eine Konsumverzichtsdebatte auf internationaler Ebene informierte Karin Grabbert von der RL-Stiftung am Beispiel Lateinamerikas. Dort diskutiert die linke Bewegung darüber, ob es sinnvoller ist, wertvolle Bodenschätze zu fördern und mit den Einnahmen Sozialprogramme zu finanzieren oder sie im Interesse der Ökologie nicht anzutasten. Darauf drängen vor allem einige Nichtregierungsorganisationen aus Europa und den USA, deren Grundsatz lautet, wenn schon der globale Norden Jahrzehntelange die Bodenschätze der ganzen Welt verbrauchten, so sollen wenigstens nicht auch noch die Menschen im globalen Süden auf die Idee kommen, „unsere grüne Lunge“ zu zerstören.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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