Von Paul Merker zu Beate Klarsfeld

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Heute wird sich zeigen, ob ein Bekenntnis zu Israel in der Linken noch immer ein Maluspunkt ist.


Peinlich, diese Sozialdemokraten von der Linkspartei. Da könnte die in den Monaten schwächelndePartei mit einer honorigen Alternative zu Gauck wieder mehr Ansehen gewinnen und dann stolpert sie über antiisraelische Reflexe in den eigenen Reihen. Dabei hätte sie es als ein Glücksfall betrachten können, dass die ausgewiesene AntifaschistinBeate Klarsfeld zur symbolischen Kandidatur für die Linke bereit war. In Deutschland wurde sie dadurch bekannt, dass sie den Altnazi und Bundeskanzler, was ja bis in die 70er Jahre ein Synonym war. GeorgKiesinger für seine braune Vergangenheit ohrfeigte. Dafür wurde sie in der linken und liberalen Öffentlichkeit gelobt, bei einer schwarzbraunen Mehrheit aber war sie zur Buhfrau geworden. Zumal sie sich auch in den folgenden Jahren große Verdienste bei dem Aufspüren von Naziverbrechern erworben hatte. Auch gegen den neudeutschen Rassismus der 90er Jahre war Klarsfeld weiterhin aktiv. In den letzten Jahren erinnerte sie daran, , dass die Massenvernichtung im NS ohne die deutsche Reichsbahn und Tausende ihrer Mitarbeiter nicht möglich gewesen wäre.

Doch . für manche hat sich Klarsfeld des Vergehens des Zionismus schuldig gemacht. Dass zumindest muss man aus der Kampagne schlussfolgern, die aus dem Umfeld der Tageszeitung junge Welt gestartet wurde, kaum war bekannt geworden, dass Klarsfeld als Symbolkandidatin gegen Gauck zur Verfügung stünde. Das Flaggschiff des regressiven Antizionismus warf Klarsfeld vor, sich für Israels Existenzrecht und gegen eine mögliche iranische Bombe ausgesprochen zu haben und sogar einen Aufruf der Initiative „Stopptthe Bomb“ unterschrieben zu haben. .

Während die Antizionisten der jungen Welt Klarsfeld immerhin noch pflichtschuldig Verdiente im antifaschistischen Kampf attestierte, hält das offen nationalbolschewistische Querfrontblättchen Berliner Rundschau mit derlei Nicklichkeiten nicht auf Dort wird Waldhein gegen Klarsfeld.in Stellung gebracht.

Auch manche ihrer scheinbar antinazistischen Kampagnen erweisen sich bei näherem Hinsehen als dubios: zum Beispiel die gegen den damaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim, der in seiner Zeit als UNO-Generalsekretär mehrfach (Beispiele: Vietnamkrieg, Haltung zur PLO) "unangenehm aufgefallen" war. Seine – von ihm anfangs geleugnete – Zugehörigkeit zur SA und zum NSDSTB (Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund) erleichterte seine internationale Isolierung (die nur durch die Staaten des damaligen sozialistischen Lagers und islamische Länder durchbrochen wurde).“

Vielleicht ein Machtwort von Gysi

An diesem Montag wird sich zeigen, welchen Einfluss die Anhänger eines solchen regressiven Antizionismus in der Linkspartei noch haben. Eine Entscheidung gegen Klarsfeld zumindest würde offen machen, dass auch mehr als 60 Jahre nach der Verurteilung des Kommunisten Paul Merker als „zionistischer Agent“ in der DDR eine positive Haltung zu Israel in der Linken noch immer ein Makel ist. Merker hatte im mexikanischen Exil in Diskussionen mit Antinazis auch außerhalb der KPD die Forderung nach Entschädigung der von den Nationalsozialisten enteigneten jüdischen Vermögen gefordert und die Gründung Israels unterstützt. Für Merker bedeutete die Verurteilung als zionistischer Agent Gefängnis, heute könnte in der Linkspartei darauf die Nichtaufstellung zur Symbolkandidatur stehen.

Aber vielleicht setzen sich auch jene in der Linkspartei durch, die um die katastrophalen Folgen einer solchen Entscheidung für die Außenwirkung der Linkspartei wissen und es daher soweit nicht kommen lassen. Schon einmal hat Gysi mit einem Machtwort die regressiven Antizionisten in der Fraktion an die kürzere Leine genommen, als er im letzten Jahr für die Fraktion einige Regeln im Umgang mit Israel ausarbeiten ließ.

Denn eine Ablehnung von Klarsfeld wäre tatsächlich nur ihrem Eintreten für die Existenz Israels ohne Angst vor iranischen Atomwaffen geschuldet. Schließlich wäre ihre Biographie ansonsten ideal für die unterschiedlichen Flügel der Linken. Klarsfeld kandidierte 1969 auf der maßgeblich von der DKP unterstützten Bündnisliste Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF), sie kooperierte schon in den 60er Jahren im Kampf gegen Altnazis auch mit der DDR und sie engagiert sich bis in die Gegenwart gegen Rassismus und Antisemitismus. Eigentlich ware Klarsfeld daher die ideale Kandidatin, auf die sich Westlinke mit DKP-Vergangenheit, PDSler mit DDR-Hintergrund und in der antifaschistischen Bewegung sozialisierte junge Linke einigen können müssten Wäre da nicht ihre Haltung zu Israel. Mag man heute auch nicht mehr den Begriff zionistischer Agent“ aus der stalinistischen Abstellkammer holen, eine Ablehnung von Klarsfeld Kandidatur würde aber deutlich machen, dass das ideologische Umfeld noch vorhanden ist, dass eine solches Urteil möglich machte. Aber vielleicht kriegt die Linke noch die Kurve, der Rücktritt des Kölner Politologen Butterwegge als möglicher Symbolkandidat zumindest könnte ihr dabei helfen.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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