Weihnachten ist mir doch egal

Droste versus Klaue In der Taz und der Jungle World lieferten sich ein Weihnachs- und ein Satirkekritiker eine Wortsehlacht.

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Alle Jahre wieder melden sich die Weihnachtskritiker_innen zu Wort. Das scheint mittlerweile fast so unvermeidlich wie das Weihnachten selbst. In der Taz hatte der Satiriker Wiglaf Droste http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2005/12/16/a0194 schon Mitte Dezember sogar „das Architekturbüro Bin Laden und Co." um Hilfe gerufen. Nur was genau der eigentlich dagegen machen sollte, blieb am offen. Denn die Satire endete nach all den Verbalinjurien ziemlich abrupt und unentschieden. Doch der Weihnachtsmarktkritiker Droste erntete in der Jungle World Widerspruch vom Satirekritiker Magnus Klaue. Der sandte dort „einen Vorweihnachtsgruß an linksdeutsche Gefühlsjihadisten“ (http://jungle-world.com/artikel/2015/49/53124.html).

Handelt es sich um einen Satirikerbattle? Wohl nicht ganz.

Klaue wirft Droste wohl nicht nur satirisch „den Abscheu vor dem Fest der Liebe, an dessen Stelle ein Schlachtfest treten möge, in dem das Menschenvieh, das einem täglich auf die Pelle rückt, zugrunde geht“ vor.

Weihnachten – Fest der Liebe? Fehlen da nicht die Anführungszeichen. Oder meint Klaue wirklich, die „Süsser die Kassen nie klingeln-Tage“ hätten was mit Liebe und Fest zu tun? Natürlich nicht, schreibt er doch selber:

„Dabei haben die Weihnachtsbräuche, über die sich Droste ereifert wie ein Islamist über westliche Dekadenz, mit dem christlichen Abendland, von dem jetzt wieder viel die Rede ist, nur insofern zu tun, als sie diesem irgendwie entsprungen sind, das heißt aber auch: es schon lange abgeschüttelt haben.“ Doch Klaue versucht trotzdem oder gerade noch hier die Spur eines anderen Lebens zu entdeckten. Schreibt er doch:

„Daran ist nichts Verwerfliches. Im Gegenteil zeugt es von Menschenfreundlichkeit, wenn die christlichen Kirchen auf die mangelnde Bibeltreue, tumbe Völlerei und hektische Betriebsamkeit, die ihre Schäfchen in der Vorweihnachtszeit an den Tag legen, nicht mit dem Kirchenbann und schon gar nicht mit der Kalaschnikow reagieren.“

Dann wird es aber wirklich fromm. Bezeichne doch Klaue den Weihnachtsgruß eines Pfarrers Eduard Ebel „als eines der vollkommensten Lieder deutscher Sprache“. In den Zeilen »In den Herzen ist’s warm/Still schweigt Kummer und Harm/Sorge des Lebens verhallt« vermag Klaue „eine so genaue Anschauung dessen, worauf der Begriff der freien Menschheit zielt, zu erkennen. Sicherlich steht das Prinzip Hoffnung hier Pate, mit dem der Philosoph Ernst Bloch auch in vielen religiösen und vorreligiösen Bräuchen und Praktiken den Vorschein einer besseren Welt erkennen wollte. Mich spricht Pfarrer Ebels Reim nicht an, und ich kann darin kein Vorschein eines anderen Lebens erkennen.

Ich würde hier einen Gegenvorschlag präsentieren, einige Zeilen, die für mich den Vorschein einer anderen Welt bedeuten.

Es handelt sich um ein Lied, dass streikende Textilarbeiterinnen 1908 getextet und gesungen haben, und das noch immer so aktuell klingt:

Brot und Rosen:


Wenn wir zusammen gehen, geht mit uns ein schöner Tag
Durch all die dunklen Küchen, und wo grau ein Werkshof lag,
beginnt plötzlich die Sonne uns're arme Welt zu kosen,
und jeder hört uns singen Brot und Rosen!


Wenn wir zusammen gehen, kämpfen wir auch für den Mann,
weil ohne Mutter kein Mensch auf die Erde kommen kann
Und wenn ein Leben mehr ist als nur Arbeit, Schweiß und Bauch,
wollen wir mehr Gebt uns das Brot, doch gebt die Rosen auch.


Wenn wir zusammen gehen, gehen uns're Toten mit
Ihr unerhörter Schrei nach Brot schreit auch durch unser Lied.
Sie hatten für die Schönheit, Liebe, Kunst, erschöpft nie Ruh.
Drum kämpfen wir ums Brot und wollen die Rosen dazu.


P.S.: Zu den nächsten Tagen möchte ich nur Erdmöbel zitieren: Weihnachten, ist mir doch egal:

https://www.youtube.com/watch?v=yNQWEod-ZyI


Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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