Wider den Kanzler des Modell Deutschlands

Helmut Schmidt Proteste Heute wird er mit großen Pomp in Hamburg beerdigt. Das ist das übliche Zeremoniell bei dem Tod von Kanzlern undPräsidenten.

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Viel verwunderlicher ist, dass es in der Linken kaum Kritik an der Heiligsprechung von Helmut Schmidt zu hören ist. Auch im Freitag war ein völlig unkritischer Beitrag eines ehemaligen Schmidt-Mitarbeiters abgedruckt.

Umso erfreulicher ist, dass heute zumindest kleine linke Gruppen gegen diese politische Amnesie ein Zeichen setzen wollen und in Hamburg eine Kundgebung gegen die Schmidt-Verherrlichung angemeldet haben. Sie wollen heute abend Helmut Schmidt symbolsich n die Tonne treten.

Diese wirklich lobenswerte Initiative soll hier kurz vorgestellt werden-

Hier ein Auszug aus den Aufruf:

„Wir stehen dieser Symbolisierung sehr kritisch gegenüber. Schmidt war während der Nachkriegszeit aggressiver rechter Sozialdemokrat. Er hat seit 1945 für einen starken westlichen Nationalstaat gegenüber der DDR gesorgt und die Feinde dieser Politik aktiv bekämpft. Insbesondere während seiner Kanzlerzeit hat er für eine repressive Politik gegenüber Oppositionellen aus kommunistischen, antiimperialistischen, libertären und auch anti-AKW Bereichen gesorgt und diese gegen sie durchgesetzt. Zu dieser repressiven Politik gehört auch der ungeklärte Tod der damals in Knästen Inhaftierten der RAF wie z. B. der Holger Meins oder der vier Stammheimgefangenen. Schmidt hat außerdem für eine radikale Durchsetzung der Kernkraftpolitik und den Bau von AKWs gesorgt.“

Schmidts Modell Deutschland

Noch in den 70er Jahren waren es längst nicht nur radiale Linke, die das Modell Deutschland, das Schmidt und die hinter ihm stehende SPD verkörperte als modifizierten Faschismus betrachteten. Überall in den west- und süddeutschen Nachbarländern wurde damals registriert, dass sich Westdeutschland unter Schmidt wieder zur einen neuen Hegemon aufschwingt. Es war Schmidt, der damals den Regierungseintritt der damals schon sozialdemokratisierten Kommunistischen Partei in Italien heftig bekämpfte, er und seine SPD unterstützen während der Nelkenrevolution Gruppen, die das Land auf einen Natokurs drängten und den sozialen Aufbruch im Land stoppten.

Kampf gegen die staatsantagonistische Linke

Schmidt und seine SPD standen innenpolitisch für den Krieg gegen die damals erstarkte radikale Linke. Davon waren längst nicht nur bewaffnet kämpfende Gruppen wie die RAF betroffen. Bald wurden alle, die sich nicht auf eine systemkonforme Opposition beschränken wollten, zum inneren Feind erklärt. Es gab eine Massenrepression gegen diese damals noch staatsfeindliche Linke und es gab Tote. Die bis heute ungeklärten Todesumstände der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Jan Carl Raspe, Irmgard Schubert fallen in die Regierungszeit von Helmut Schmidt. Der hatte vor einigen Jahren selber zugegeben, dass er froh sei, dass die Justiz damals nicht so genau hingeschaut hat. Sonst hätten wohl einige seiner Mitarbeiter_innen auf der Anklagebank Platz nehmen müssen. Als welche große Gefahr, dass von Schmidt repräsentierte Modell Deutschland in vielen europäischen Nachbarländern in den 70er Jahren betrachtet wurde, zeigte sich als der Stuttgarter Rechtsanwalt Klaus Croissant 1977 in Frankreich Asyl beantragte. Als Verteidiger mehrerer RAF-Mitglieder geriet er ins Fadenkreuz des Schmidt-Staates. Es gab Bombenanschläge auf seine Kanzlei, mehrere Razzien und schließlich den Haftbefehl, der seine Flucht nach Frankreich auslöste. Dort setzten sich ehemalige Widerstandskämpfer_innen gegen das NS-Regime, linke und liberale Intelektuelle, aber auch der spätere sozialdemokratische Präsident Francois Mitterand vergeblich dafür ein, dass Croissant Asyl bekommt. Sie sahen im von Helmut Schmidt verkörperten Modell Deutschland für den Anwalt eine große Gefahr. Das sahen Millionen Menschen in ganz Europa und einige Zehntausend Menschen in der BRD genauso. Umso unverständlicher ist diese Heroisierung des Anführers des Modells Deutschlands.

Schmidts Revisionismus

Es soll noch an Schmidts Revisionismus der NS-Geschichte erinnert werden, der in den Medien größtenteils auch mit leichter Kritik garniert akzeptier wird .So log Schmidt, er habe von den als Reichspogromnacht in die Geschichte eingegangenen reichsweiten Angriffen auf Jüdinnen und Juden am 9.November 1938 nichts mitbekommen. Dabei lief die Aktion nicht etwa geheim sondern vor aller Augen und wurde in allen Medien des NS groß herausgestellt. Es ist eine klare Lüge und hast nicht nur die Funktion ihn selber sondern viele deutsche Mitmacher_innen im NS-Staat nachträglich zu entlasten Denn, wenn Schmidt nichts mitbekomme naht, können sich viele seiner Zeitgenoss_innen bzw. ihre heutigen Nachfahren darauf berufen. Es ist gut, dass in Hamburg protestiert wird, wenn ein solcher Mann beerdigt wird. Es ist bedauerlich, dass es nicht in vielen Städten geschieht und dass Zeitungen wie der Freitag, sich an der Heiligsprechung von Helmut Schmidt beteiligen.

Peter Nowak

Die Kundgebung "Helmut Schmidt in die Tonne treten" beginnt heute um 18 Uhr an der S-Bahn Sternschanze in Hambuarg.

http://political-prisoners.net/item/3911-kundgebung-zu-helmut-schmidt-in-hamburg.html

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

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