Wollen die Flüchtlinge nach Tröglitz?

flüchtlinge Nachdem Brand in dem Gebäude in Tröglitz versichern alle Poliltiker_innen, dass die Geflüchteten jetzt erst recht da untergebracht werden müssen. Das sei Staatsräson.

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Nur die Betroffenen selber werden gar nicht gefragt. Diese Haltung passt gut zu den zeitgleich laufenden Versuchen, Geflüchtete schneller abzuschieben oder erst gar nicht nach Deutschland kommen zu lassen. Auch das ist für sie eine Frage der Staatsräson. Bei der gesamten Diskussion um Tröglitz wurde besonders viel über Staatsräson gesprochen. Über die Geflüchteten, die nun mit aller Gewalt in einen Ort untergebracht werden sollen, den sie nie ausgewählt haben und in dem sie nicht willkommen sind, spricht hingegen kaum jemand.

Sie werden wie Güter behandelt, die da untergebracht werden müssen, wo es der Gesetzgeber vorsieht. Dass es sich um Menschen handelt, die vielleicht selber gefragt werden wollen, ob sie in dem Ort leben wollen, wird dabei gerne übersehen. Dabei ist es nicht nur eine rassistische Grundstimmung von einem Teil der Einwohner in dem Ort, dass es genug Gründe für eine Kampagne unter dem Motto "Keine Geflüchtete nach Tröglitz gegen ihren Willen" gäbe. Vielleicht wollen die Menschen lieber in eine größere Stadt, wo sie mehr Möglichkeiten haben, ihr Leben zu gestalten?

Nein zum Heim von links

Es ist ein Zeichen der großen Defensive auch von Antirassismusgruppen, dass sie gar nicht mehr wagen, die Forderung zu stellen, die Geflüchteten nicht nach Tröglitz zu bringen, sondern sie zu fragen, wo sie hinwollen. Sie wollen nicht in den Verdacht geraten, Rassisten und Rechten mit solchen Forderungen in die Hände zu spielen. Deswegen wird auch von antirassistischer Seite ihre alte Forderung "Nein zum Heim“ kaum mehr propagiert.

Damit war der Kampf gegen die Unterbringung der Menschen in Heimen statt in Privatwohnungen gemeint. Seit Jahren wurde sie von Rechten gekapert. Die meinen aber keine Geflüchteten in ihrer Nähe. Die Antirassismusbewegung wäre gut beraten, gründlicher zu diskutieren, ob es im Interesse der Geflüchteten sinnvoll ist, gegen rechte Heimgegner in der Provinz zu agieren und damit eine Unterbringung dieser Menschen gegen ihren Willen aber nach Staatsräson durchzusetzen.

Wäre es nicht viel sinnvoller, die Ablehnung dieser Zwangsunterbringung in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen? Auf Lampedusa hat das ja geklappt. Dort demonstrierten vor Jahren Einwohner und gegen ihren Willen auf der Insel gestrandete Geflüchtete. Aus unterschiedlichen Gründen waren sie sich in einem einig, sie sollen nicht auf der Insel bleiben.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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