Das Kunststück, kein Deutscher zu sein

DIE VATERLÄNDER-DEBATTE Patriotismus und Nationalismus sind Begriffe aus der politischen Zoologie. Oder warum Johannes Rau seinem Redenschreiber die Ohren lang ziehen sollte
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Ich schaffe es nicht zu behaupten: Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. Gut, meine Mutter war mit Spreewasser getauft, aber mein Vater pflegte zu sagen: "Da, wo wir herkommen, war die Hälfte Polacken, die Hälfte Juden und der Rest waren Deutsche." Auf eine solche Herkunft kann man nicht stolz sein, zumal wir nicht mal einen Bar-Pianisten in der Familie hatten, geschweige denn einen Beethoven.

Ein guter Deutscher wohnt seit tausend Jahren in Kyritz an der Knatter und ist stolz darauf, dass auch Goethe und Einstein gute Deutsche waren. Einstein nur halb, Goethe dafür doppelt.

Als ich fast 30 war, hing in meiner Wohnung an der Wand ein Manifest von Bazon Brock. Titel: Bitte um glückliche Bomben auf die deutsche Pissoirlandschaft. Mein Vater schaute mich argwöhnisch an