Börsen-Hype trotz Corona-Krise?

FInanzen Die Börsenbewertungen haben aktuell nichts mehr mit der Realwirtschaft zu tun, warum ist das so? Ich habe recherchiert :-)

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Trotz der aktuellen Corona-Krise und sinkenden Umsatzzahlen zahlreicher Unternehmen, steigen die Aktienkurse weiter an. Warum haben sich die Börsenkurse von den realen Tatsachen abgewandt und wie lange kann sich dieser Aufwärtstrend noch fortsetzen? In einem Satz zusammengefasst, Anleger und Investoren flüchten in Sachwerte, nicht nur Aktien notieren auf Höchsständen, auch Edelmetalle, Immobilien, Kunst usw., denn die Fiat Währungen werden bald extrem an Wert verlieren durch die gigantische Notenbankengeldflut. Aber schauen wir uns das mal im Detail an.

Steigende Indizes trotz Krisenstimmung

Wer sich aktuell die Lage am deutschen Aktienmarkt ansieht, wird überrascht sein. Der deutsche Leitindex (DAX) ist zwar immer noch weit von seinem Rekordhoch 2020 entfernt, doch von seinen Tiefstständen aus Mitte März hat er sich mittlerweile wieder um stattliche 20 Prozent erholt. Noch erstaunlicher war die Performance der amerikanischen Aktienmärkte. Der Nasdaq-100-Index, der die wichtigsten 100 Technologie-Unternehmen des Landes listet, hat mittlerweile fast alle Verluste wieder wett gemacht und notiert nur noch knapp unter den Februar-Höchstständen. Auch in der Gesamtbevölkerung scheint das Thema Börse wieder auf mehr Interesse zu stoßen, Aktiendepot Neueröffnungen sind auch in der Krise weiter gestiegen. Wenige Analysten haben daran geblaut, aber die sogenannte V-Erholung, also eine starke Erholungs-Phase nach einem steilen Absturz, ist an den Börsen zur Realität geworden.

Die wirtschaftliche Realität sieht jedoch komplett anderes aus. Die Vereinigten Staaten verzeichnen mit 14,7 % die höchste Arbeitslosenquote seit Anbeginn der Aufzeichnungen. Mehr als 36 Millionen Menschen haben in den USA seit März einen Antrag auf Arbeitslosenbeihilfe eingebracht. Auch die EU geht in ihrer aktuellen Prognose davon aus, dass sich die Wirtschaftsleistung für das Jahr 2020 innerhalb der Gemeinschaft um mehr als 7 % verringern wird. Zahlreiche Experten sprechen von einem „ökologischen Schock“ für Europa, ähnlich der großen Depression. Auch die chinesische Wirtschaft leidet weiter unter den Folgen des Lockdowns und erholt sich nur sehr langsam.

Trotz all dieser negativen Wirtschafsdaten steigen die Börsenkurse aber dennoch. Der Grund ist aber nicht einfach nur die Risikofreude der Anleger, sondern die Geldpolitik der Zentralbanken. Die Zentralbanken füttern die Wirtschaft schon seit geraumer Zeit mit Billionen-Summen und durch die Corona-Krise wurde die Geldflut der Zentralbanken noch zusätzlich gesteigert und aktuell ist kein Ende in Sicht, da sowohl EZB als auch FED über schier unbegrenzte Möglichkeiten verfügen.

Neben den Notenbanken haben aber auch die Regierungen jedes Landes beispiellose Rettungsaktionen für die Wirtschaft gestartet. Neben Hilfskrediten, Garantien und Fonds mit einem Gesamtumfang von mehreren Billionen Euro versucht die Bundesrepublik die Wirtschaft zu retten. Auch die USA haben mehr als 2 Billionen US-Dollar zur Wiederbelebung der Wirtschaft in die Hand genommen. Durch diese Aktionen steigen natürlich die Staatschulden der Länder und die Notenbanken sind dazu gezwungen die Zinsen auf niedrigem Niveau zu halten. Die niedrigen Zinsen sind es dann, die die Anleger dazu treiben Aktien zu kaufen, da außer Aktien keine anderen Geldanlagen lukrativ erscheinen.

Aktien steigen trotz fehlender Umsätze

Aktuell scheint es so, als würde die Rallye vorwiegend durch Liquidität ausgelöst werden. Doch eine solche Erholung ist nicht immer stabil und es besteht die Gefahr, dass sich Aktienkurse von der realen Wirtschaftsleistung abkoppeln und Investoren einfach weiter Aktien kaufen, obwohl die Unternehmen Verluste schreiben. Aktuell werden zum Beispiel Aktien des S&P 500 mit dem 22-fachen Wert ihres für 2020 prognostizierten Gewinns gehandelt. Somit ergibt sich auch ein überdurchschnittlich hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Somit sind die Aktien im Moment teurer als vor der Krise, obwohl die Aktienkurse selbst noch unter den Februar-Höchstständen liegen. Nicht alle Analysten halten diese Entwicklung aber für besorgniserregend. So geht die Großbank JP Morgen sogar davon aus, dass die Aktienkurse weiter steigen könnten, auch wenn die Unternehmensgewinne 2021 unter denen von 2019 liegen.

Dennoch gibt es aber auch Unternehmen bei denen Unternehmensgewinne und Aktienkurse noch im Einklang sind. Zu diesen Unternehmen zählen in den USA vor allem Technologie- und Internetunternehmen, wie Amazon, Facebook oder Google. Aber auch Pharmaunternehmen konnten trotz Krise profitieren und ihre Aktienwerte haben sich teilweise sogar verdoppelt, wie die des Medizintechnikkonzerns Dexcom. Kaum Krisengewinner finden sich jedoch in Deutschland, da der DAX vor allem von Industriewerten dominiert wird. Nur Unternehmen wie die Deutsche Börse oder die Deutsche Post konnten leicht profitieren.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Petra Schöffler

Gesellschaft & Politik sind meine Themen, freue mich auf lebhafte Diskussionen hier. Grüße aus dem schönen Norden (Kiel).

Petra Schöffler

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