Der Wutburger

Guten Appetit Sollte auf der Speisekarte eines jeden Burgerladens zu finden sein: Der Wutburger

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Wie der Name sagt, soll der Burger vor allem Wut und Zorn ausdrücken. Naheliegend ist daher, dass der Wutburger scharf im Geschmack ist. Die Verbindung der Gefühle von Wut und Zorn mit dem Geschmack von Schärfe ist zwar eigentümlich, nichtsdestotrotz erscheint sie intuitiv zutreffend.

Vielleicht liegt es an der gemeinsamen Assoziation mit Feuer. Diese kommt zum Beispiel in Ausdrucksweisen wie Feuer des Zorns und feurig scharf deutlich zum Ausdruck. Aufgrund dieser Verbindung sollte der Wutburger scharf zubereitet werden. Man könnte z.B. Chilischoten oder -sauce verwenden. Damit wäre ein Bestandteil des Begriffes Wutburger in eine Essenszutat übersetzt.

Bei den weiteren Zutaten orientieren wir uns an den Charaktermerkmalen der Inspirationsquelle des Wutburgers: dem Wutbürger. Wutbürger war Wort des Jahres 2010. Aber welche gesellschaftliche Gruppe ist damit gemeint und welche einenden Merkmale weist diese auf?

Nun zunächst einmal steht der Wutbürger nicht besonders auf Veränderungen, was man leicht an seinen lautstarken und öffentlichen Unmutsäußerungen feststellen kann, sobald ihn eine Veränderung betrifft. Das heißt in unserem Falle erstens, dass sich die Rezeptur des Wutburgers nur nach langwierigen, gründlichen und transparenten Verhandlungen verändern darf!

Zweitens können wir in diesem Zusammenhang auf den bei der Zubereitung des Wutburgers zu verwendenden Käse eingehen. Analog zur Vielfalt des Käses, den der Wutbürger bisweilen von sich gibt, sind der Käseauswahl des Wutburgers kaum Grenzen gesetzt. Er kann laut und hysterisch, mild und friedfertig, jung und löchrig oder auch stinkend und schimmlig im Geschmack sein.

Obwohl er ständig protestieren geht, geht es dem deutschen Wutbürger zudem gar nicht so schlecht. Meist ist er finanziell abgesichert und kommt aus bürgerlich geordneten familiären Verhältnissen. Daraus ergeben sich für den Wutburger eine Reihe gut bürgerlicher Zutaten, mit denen er belegt werden kann. Als Ur-Zutat deutscher Küche muss die Kartoffel hier an erster Stelle stehen. In feine Scheiben geschnitten und goldgelb angebraten, können wir sie bequem auf dem Wutburger verteilen. Darüber hinaus könnte man Wurst in all ihren Variationen, Schweinebraten, Kasseler oder Eisbein als Alternative zum klassischen Hackfleisch-Patty verwenden.

Gemüsemäßig sollten wir uns auf solche beschränken, die im heimischen Garten gefunden werden können. Denn auch wenn sich der Wutbürger tolerant gibt, steht er oder sie am Ende dann doch nicht so richtig auf Experimente. Zudem passen die heimischen Gemüsesorten besser zur Öko-/Umweltschutzausrichtung der Wutbürger. Um nur einige zu nennen, seien hier Karotten, Kohl, Kopfsalat, Zwiebeln, Tomaten und Gurken genannt.

Bei der Anordnung der Zutaten sollte außerdem darauf Acht gegeben werden, dass alles schön ordentlich gestapelt ist. Obwohl er sich dann und wann alternativ präsentiert, sind dem Wutbürger nämlich Sicherheit und Ordnung, eine klare Identität und Abgrenzung, sehr wichtig. Ein triefendes Wirrwarr wie man es in diversen Burgerläden serviert bekommt, kommt für den Wutburger nicht in Frage!

Kommen wir nun zum Herzstück eines jeden Burgers: dem Fleisch. Auf keinen Fall sollte der Wutburger mit irgendwelchem Billig-Hackfleisch zubereitet werden. Der Wutbürger is(s)t konsumbewusst. Daher sollte für den Wutburger mindestens Hackfleisch mit irgendeinem Bio-Siegel verwendet werden. Ideal wäre – dem heimischen Garten entsprechend – das Tier selbst zu schlachten. So ist man wenigstens sicher, woher das Fleisch kommt und dass es glücklich war!

Eine andere Möglichkeit ist, für den Wutburger gar kein Fleisch zu verwenden. Es klaffen nämlich wie bei der Käseauswahl schon angedeutet, Löcher in der postuliert homogenen Struktur der Wutbürger. Zumindest der moderne, tendenziell jüngere Wutbürger ist aufgeklärt was Nachhaltigkeit und Fleisch-Konsum anbelangt. Es ergeben sich also zwei grundsätzliche Zubereitungsmöglichkeiten des Wutburgers: die fleischlose, nach Art des jungen, politisch interessierten, aufgeklärten Öko-Wutbürgers und die fleischige nach Art des gut bürgerlichen, Angst um seinen Status Quo ausdrückenden Wutbürgers.

Gehen wir zum Abschluss noch kurz auf mögliche Saucen des Wutburgers ein. Diese können wir aus den Farben der politischen Ausrichtung der Wutbürger ableiten. Leider stoßen wir auch hier auf eine gewisse Profillosigkeit. Einigen könnte man sich vielleicht auf ein bißchen Öko (grün), ein bißchen bürgerlich (schwarz) und ein bißchen links (rot). Den Wutburger also mit einer Mischung aus Wasabi (grün), Sojasauce (schwarz) und Ketchup (rot) anrichten? Geschmacklich durchaus fragwürdig, dafür aber – und das ist schließlich die Hauptsache – politisch korrekt.

In diesem Sinne: Guten Appetit!

Den Artikel (mit Bildern) kann man übrigens auch hier lesen.

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Geschrieben von

petscho

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