Über einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Analoginsulins Glargin und Krebserkrankungen berichtet heute Spiegel-Online. Das Internetportal bezieht sich auf eine in der Fachzeitschrift Diabetologia veröffentlichten Studie von Mitarbeitern des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Glargin wird unter dem Markennamen Lantus® vom Pharmahersteller Sanofi-Aventis vertrieben. Das Unternehmen selbst bezeichnet das Medikament weiterhin als sicher.
Kommentare 16
Von Anfang an ist diskutiert worden, ob Insulinanaloga das Risiko, an Krebs zu erkranken, generell fördern könnten. Bisher war das aber für den Menschen nicht nachgewiesen worden. Und auch die hier - mit einigen medizinischen Unsauberkeiten - vom Spiegel zitierte Studie ist kein eindeutiger Beleg: „Unsere Auswertung ist zwar kein eindeutiger Beweis, dass Glargin Krebs fördert“, heißt es dazu beim IQWIG.
www.iqwig.de/index.879.html
Insulinanaloga erleichtern Diabetikern die Lebensführung ganz erheblich. Der Mehrpreis gegenüber den älteren Insulinen, die nach und nach vom Markt verschwinden werden, ist sehr gering, wenn man bedenkt, daß es um wenige Cent pro Tag geht und daß über 90 Prozent der Behandlungskosten für Spätschäden aufgewendet werden. Das Risiko einer Unterzuckerung ist mit Analoginsulinen wesentlich niedriger als mit anderen Insulinpräparaten.
Klarstellen sollte man auch, daß die oft als Alternative hingestellten „Humaninsuline“ keineswegs mit dem körpereigenen Insulin identisch sind. Alle heute in nennenswertem Umfang eingesetzten Insuline stammen aus gentechnischer Produktion. Die älteren Humaninsuline sind zwar hinsichtlich der Basenfolge im Eiweiß gleichwertig mit menschlichem Insulin, sie wirken aber sehr viel länger als dieses und sind deshalb nur mit vergleichsweise großem Aufwand seitens der Patienten einsetzbar, gerade wenn sie berufstätig sind (und bleiben wollen).
Zu dem langwirksamen Insulinanalogon Lantus gibt es keine Alternative, was das Wirkprofil angeht. Lantus wird nur einmal täglich gespritzt und weist ein langanhaltendes und sehr flaches Wirkprofil auf.
Das ist sicher alles richtig, trotzdem sollte man einen Diabetiker über ein mögliches Krebsrisiko Auflären, damit sie selber entscheiden können, ob ihnen die Vorteile von Glargin das Risiko Wert sind. Alternativ gibt es mittlerweile auch Insulinpumpen, für deren Betrieb man keinen Glargin benötigt. "Keine Alternative" ist etwas anderes.
Was hat denn, bitte, eine Insulinpumpe mit Insulin glargin zu tun? Glargin wird nicht in Pumpen verwendet, dort werden nur kurzwirksame Insuline eingesetzt.
jfenns Argumentation weist bislang leider zwei nicht ganz unerhebliche Schwachpunkte auf:
a) Die Beweispflicht für die Unbedenklichkeit eines Medikaments liegt auf der Seite des Herstellers bzw. dejenigen, der es empfiehlt.
b) Belege für die tatsächliche Überlegenheit von Analoginsulin liefert jfenns nicht.
1) Wissenschaftstheorie: Die „Unbedenklichkeit“ eines Medikaments kann man aus methodischen Gründen nicht feststellen. Die These, ein Arzneimittel sei zweckmäßig, kann sie nicht „bewähren“.
2) Zum Thema Analoginsuline sollten sich Nicht-Diabetiker überhaupt zurückhalten. Vgl.
www.diabetes-radio.de/2008/03/15/studien-sind-nicht-das-richtige-leben-die-sicht-eines-praktikers/
www.diabetes-radio.de/2008/04/11/iqwig-chef-sawicki-an-den-zusatznutzen-der-insulinanaloga-zu-glauben-ist-schlechte-diabetologie/
Tippfehler im letzten Beitrag kann man leider nicht verbessern:
Der Satz muß lauten: Die These, ein Arzneimittel sei zweckmäßig, kann sie nur „bewähren“.
Dieses CMS ist wirklich crap.
Der Satz muß lauten: Die These, ein Arzneimittel sei zweckmäßig, kann sich nur „bewähren“.
also als diabetiker muss ich höchst misstraurisch sein gegen sämtliche seiten zum thema, viele, vieeeele, vieeeele so genannte ratgeber- und/oder betroffeneseiten sind patronage-websites, also geschmacklose schleichwerbung und irreführung von herstellern und anbietern, die bahn ist nicht das einzige unternehmen, dem nichts heilig ist.
"Was hat denn, bitte, eine Insulinpumpe mit Insulin glargin zu tun?"
Man benötigt keines dafür, insofern nichts. Aber wenn man keines benötigt, sondern eine Basalrate appliziert bekommt, entfällt das mögliche Krebsrisiko, insofern einiges.
@jfenn: Leider führst Du weiterhin keine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Argumenten des IQWiGs. Ich kann auch keine solche auf den von Dir angegebenen Internetseite des Diabetes-Radios hören - vielleicht einmal abgesehen vom Interview mit Peter Sawicki, dessen Position mich dort allerdings weitgehend überzeugt. Alles andere läuft doch weitgehend auf der Ebene "Theoretiker vs. Praktiker", mit der sich vielleicht eine Stammtischdebatte, nicht aber eine ernsthafte Diskussion führen lässt.
Auch Deine Argumente bezüglich der Nachweispflicht über die Unbedenklichkeit eines Mittels können so nicht unwidersprochen stehenbleiben. Ich räume zwar ein, dass ich mich gestern in meinem hastig geschriebenen Kommentar falsch ausgedrückt habe, denn tatsächlich ist ein absoluter Beweis der Unbedenklichkeit eines Medikaments unmöglich. Das ändert jedoch nichts an der Pflicht eines Herstellers, die bestmöglichen Nachweise für die Sicherheit eines Medikaments zu erbringen und bei berechtigten Zweifel weitere, bestmögliche Studien zur Überprüfung in die Wege zu leiten. Patienten müssen darüber hinaus dann bis auf Weiteres über sämtliche bestehenden Unsicherheiten umfangreich informiert werden. Im Regelfall sollte zudem bis zu dem Zeitpunkt, an dem Klarheit besteht, bewährteren Alternativen der Vorzug gegeben werden.
Dass ein Diabetikerverband in der bisherigen Debatte übrigens eine fragwürdige Rolle eingenommen hat, erwähnte ich ja schon an früherer Stelle. Gerne wiederhole ich dies aber noch einmal:
www.tagesspiegel.de/zeitung/Sonntag-Pharmakonzerne;art2566,2360110
Möchtest Du Dich vielleicht auch einmal dazu äußern?
...interessieren würde mich ferner auch Deine Gedanken zu den Unterstützern der "Diabsite", die das Diabetes-Radio betreibt:
www.diabsite.de/diabsite/profil/unterstuetzer.html
Ich habe tatsächlich nicht vor, mich mit einem politischen Kontrukt wie dem IQWIG „ernsthaft“ auseinanderzusetzen, das ausschließlich zur Kosteneinsparung geschaffen worden ist, zulasten der kranken Menschen. Die Konstruktion „IQWIG - Gemeinsamer Bundesausschuß“ ist bekanntlich ausgesprochen problematisch. Deshalb ist an dieser Stelle für mich auch EOD.
Abschließender Nachtrag:
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft und DiabetesDE haben eine Pressemitteilung herausgegeben, die von der DiabSite dokumentiert wird.
Die von IQWIG und SPIEGEL zitierten Studien beziehen sich nur auf Typ-2-Diabetiker, die ausschließlich mit langwirksamen Insulinanaloga behandelt werden. Dem stehen zwei Studien gegenüber, die zu anderen Ergebnissen kamen. Für die Behandlung von Typ-1-Diabetes können hieraus keine Schlüsse gezogen werden. Die Zusammenhänge werden weiter untersucht.
www.diabsite.de/aktuelles/nachrichten/2009/090626c.html
www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/redaktion/news/Lantus.php
Das ist ja eine sehr sinnvolle Aussage. Als würde der Zellzyklus bei Typ I und Typ II Diabetikern unterschiedlich sein. Bei dem einen erhöht es die Gefahr von Krebs, beim anderen nicht?
Beim einen wurde es untersucht, beim anderen nicht.
@jfenn: Wie sind eigentlich Deine Gedanken zur Strafanzeige des Deutschen Diabetikerbunds gegen IQWIG-Leiter Peter Sawicki? Das Verfahren wurde vor nicht ganz einem Jahr von der Staatsanwaltschaft Köln eingestellt, da die Vorwürfe des DDBs unbegründet waren:
www.apotheke-adhoc.de/Nachrichten/Politik/3748.html