Von Nadia Shehadeh:
In diesem Herbst breiten sich Rechtspopulisten wie welkes Laub über die Länder Europas. Auch Deutschland solle nun endlich mit sich ins Reine kommen, empfehlen Gutmenschen wie Geert Wilders.
Gespenster verfolgten uns auf halbem Ohr, wir versuchten sie zu verdängen, stellten uns erst taub, dann blind, dann dumm, doch dann ging es einfach nicht mehr. Und so ereilten uns irgendwann durch eine europäische Nebelsuppe uns bis dahin nicht bekannten Ausmaßes die tumben Mantra-Rufe zwielichtiger Gestalten: „Braun! Braun! Braun!“ Ja, was zur Hölle war denn da schon wieder los?
Rückschritt statt Stechschritt
Manches konnte man ja lange erfolgreich beiseite schieben, doch dann las man zunächst im April, dass in Ungarn die ultrarechte Partei „Jobbik“ (Die Besseren) großzügig mit 16,7 Prozent der Wählerstimmen bedacht wurde. „Ja, ist denn bald schon wieder Faschismus?“, fragte sich da vielleicht der ein oder andere. Was war das für ein mieser, kleiner Schock für die europäische Demokratie? Noch schlimmer jedoch, dass man sich bald nicht mehr einreden konnte, es handele sich bei benanntem Phänomen um einen Singularunfall im aufgeklärten Okzident. Die „Partei für die Freiheit“ in Holland, die „Lega Nord“ Italien und in Finnland die Fratzen von „Perussuomalaiset“ (Wahre Finnen) – die Liste war doch längst umfangreicher als die kühnsten Träume befürchten ließen!
Gemeinsamer Nenner dieser Gruselvereinigungen: Die Forderung nach rabiater Abgrenzung gegenüber ethnischen Minderheiten. Weil, wo kommen wir denn dahin wenn die Vermehrung bestimmter Gesellschaftsmitglieder nicht durch Gen- und restriktivere Einwanderungsverordnungen zumindest teilweise reguliert wird? Man sehe doch was passieren könne mit diesen freilaufenden Genen! Da kämen am Ende noch gemischte Menschen dabei raus, Hybrid-Wesen, die weder schwarz noch weiß seien! Schizophrene Gestalten, die ständig zwischen fünf Stühlen säßen und aufgrund ihrer unklaren Zugehörigkeit auf alle schönen Werte des Rechtspopulismus – äh, der Demokratie – pfeifen könnten! Noch schlimmer, vielleicht würfen sich einige dieser Gestalten noch Kopftücher über oder ließen sich gar einen Bart stehen! Nicht hinnehmbar!
Wenn Blondie Rat schlägt
Doch wie es sich für eine differenzierte und nuancenreiche Politik gehört – und wir wollen ja gerecht sein - gibt es aber auch Unterschiede in der intellektuellen Ideologie dieser rückwärts gewandten politischen Vereine. In Osteuropa wird mit Vorliebe nämlich gegen Roma und oft auch gegen Juden gehetzt, in Westeuropa hingegen kultivieren die braunen Brüder ihre Abneigung gegen Ausländer im Allgemeinen und den Islam. Muss ja alles seine Ordnung haben!
Und dann ging uns noch das Herz auf, als wir erfuhren, dass jüngst Geert Wilders, Vorsitzender der holländischen Freiheitsverteidiger, höchstpersönlich nach Deutschland reiste, um politische Sozialarbeit zu leisten. Wilders, der ehrlich gesagt ja weniger wie ein ernst zu nehmender Politiker als vielmehr wie zehn leere Packungen Blondiercreme aussieht, hatte nämlich folgenden Rat für unsere Angela Merkel im Gepäck: „Ein Deutschland voller Moscheen und voller verschleierter Frauen ist nicht mehr das Deutschland Schillers und Heines, Bachs und Mendelssohns!“ Und dann klopfte er direkt im Anschluss noch seinem Leib-und-Magen-Deutschen Thilo Sarrazin verbal voll auf die Schulter: Dem sei es nämlich zu verdanken, dass Deutschland - durch die angestoßene Debatte um die degenerierten Muslime - endlich mal „mit sich ins Reine“ kommt. Hossa, soviel uneigennütziges Engagement – da muss man erstmal nachmachen! Dagegen verkommt Mutter Theresa glatt zu Rumpelstilzchens faltiger Oma.
Voller Spannung warten wir nun also auf die nächsten braunen Würdenträger, die ähnlich Schlaues zur Lage unseres Landes zu berichten wissen und uns mit ihren Bauernweisheiten edelmütig und ehrenamtlich unter die Arme greifen wollen. Und weil wir ihrem Gutmenschentum in Nichts nachstehen wollen, werden wir ihnen höchstpersönlich das Rückflugticket ins Heimatland sponsern. Versprochen.
Dieser Text ist im Original bei Philibuster.de erschienen.
Kommentare 2
"... zehn leere Packungen Blondiercreme..." - danke, you made my day.
Insgesamt - guter Artikel über die wachsende Rechtsneigung in Europa.
Der zunehmende Rechtspopulismus ist verschieden und anders in West-Europa als in Central- bzw. Ost-Europa. Während in Holland und vor allem zunehmend in Frankreich ganz klar Populismus auf Grund verheimlichter Information über die Folgen der fast kriminellen Aktivitäten im Finanzsektor der Grund für diese Buhmann Kampagnen sind wird in manchen ost-europäischen Ländern ein über Jahrzehnte unterdrücktes Nationalempfinden benutzt um sich schamlos an Staatseigentum zu bereichern.
Was alles noch schlimmer macht ist das Religionen dafür herhalten müssen um sich als "Ethnie" zu definieren, anstatt Religionen einfach so zu belassen wie es sich gehört, privat und im nächsten Umfeld. Glauben kann wer will was auch immer aber das hat nichts mit Kultur zu tun. In China schießen momentan christliche Kirchen aus dem Boden wie Moscheen nach dem Krieg in Bosnien und Kosovo. Und die Regierung fördern dies auch noch. Es wird langsam Zeit das mal wieder etwas säkulare Ordnung den Zugang zu diesem religiös-politischen Geplärre findet, sonst hauen wir uns bald wieder die Köpfe wegen etwas ein von dem wir glauben, das wir daran glauben...