So schlecht wie nach dieser Europawahl stand die SPD noch nie da. Zwar mussten die Sozialdemokraten bei der EU-Wahl vor fünf Jahren ebenfalls einen herben Rückschlag erleben. Sie schafften es mit einem fulminanten Bundestagswahlkampf dann fast doch noch, mit der Union gleichzuziehen. Aber damals hatte die Partei mit Bundeskanzler Gerhard Schröder 16 Monate Zeit für die Aufholjagd. Dem Kandidaten Frank-Walter Steinmeier bleiben nur 16 Wochen.
Seit 2005 standen sich die politischen Lager CDU/CSU und FDP auf der einen und SPD, Grüne und Linkspartei auf der anderen Seite fast gleichstark gegenüber. Das ist nun zum ersten Mal anders. Union und Liberale sind an den links-bürgerlichen Parteien vorüber gezogen. Das hat nicht nur mit der EU-Müdigkeit vieler Wähler zu tun. Die Ursache liegt vor allem in der Schwäche der SPD.
Für die Sozialdemokraten mag es eine bittere Erkenntnis sein, dass sie die eigene Klientel immer schlechter zu mobilisieren vermögen. Die Partei hat ein großes strategisches Problem: Ihr Wahlziel ist defensiv. SPD-Chef Franz Müntefering hat es am Tag nach der EU-Wahl ausgesprochen: „Unser Ziel bleibt, schwarz-gelb zu verhindern.“ Man kann es auch anders sagen: Die SPD hat keine andere Machtoption, als erneut der Junior-Partner in einer großen Koalition zu werden. Betrachtet man die vergangenen vier Regierungsjahre, dann ist die Aussicht auf eine Neuauflage dieses Bündnisses nur von geringer Attraktivität.
Nicht satisfaktionsfähig
Spätestens jetzt rächt sich, dass die SPD die Linkspartei nicht ernst genommen hat. Für viele führende Sozialdemokraten ist diese Partei nach wie vor schlicht nicht satisfaktionsfähig. Das war so, als es noch die PDS gab, das blieb so, als sich die Linkspartei gründete und das hat sich mit dem Einzug von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine in den Bundestag nicht geändert. Im Gegenteil: Die zaghaften Versuche des einstigen Parteivorsitzenden Kurt Beck, die SPD für Koalitionen mit der Linkspartei zumindest auf Landesebene zu öffnen, waren mit ein Grund für seinen schnellen Sturz.
Doch ob es nun der SPD-Führungsriege passt oder nicht: Ohne die Linkspartei wird es auf absehbare Zeit keine SPD-geführte Bundesregierung mehr geben. Dass die SPD-Linke nicht energischer versucht, die Mauer des Schweigens zuüberwinden, ist eine zusätzliche Enttäuschung.
Allerdings ist auch die Linkspartei Teil des Problems. Denn unter dem Vorsitzenden Oskar Lafontaine agiert sie, als ob es vor allem darum ginge, sich als Anti-SPD zu profilieren. Die Ursachen dafür mögen in der Vergangenheit einiger handelnder Personen liegen, doch die Zukunft kann man mit dieser Haltung nicht gestalten.
Dass die Linke immer noch nicht über ein Parteiprogramm verfügt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Es mag anfangs ein kluger Schachzug gewesen sein, sich inhaltlich lediglich auf Eckpunkte zu verständigen. Der Zusammenschluss von PDS und WASG hatte oberste Priorität, niemand wollte die neue Partei damit belasten, inhaltliche Positionen zu klären. Alle fühlten sich irgendwie zuhause unter dem neuen Dach der Linkspartei. Doch jetzt bricht der Streit um den Kurs der Partei und der Unmut über den autoritären Führungsstil Lafontaines immer häufiger aus. Auch die Linkspartei ist längst noch nicht bereit für ein Bündnis mit der SPD.
Die Mauer des Schweigens zwischen beiden Parteien wird dazu führen, dass sowohl SPD als auch die Linke im angehenden Bundestagswahlkampf unter ihren eigentlichen Möglichkeiten bleiben werden. Denn Opposition ist, um den SPD-Parteichef zu zitieren, ebenso „Mist“ wie die Neuauflage einer großen Koalition.
Kommentare 20
Netter Artikel, fast genauso defensiv wie das darin genannte Wahlziel der SPD. Ja, ja, dann müssen nur noch die sog. Sektierer und Dogmatiker der Linkspartei zurück gedrängt bzw. kaltgestellt werden - und es könnte wieder richtig kuschelig sein. Börner seinerzeit, als quasi verkappter Dachlatten-Prügelperser hat ja schließlich wegweisend dann auch eine Koalition mit den Schmuddelkindern etabliert, der Genosse der Bosse sie schließlich domestiziert, für Höheres vorbereitet. Und heute werden sie nach Hamburg gar als staatstragender Koalitionspartner der Konservativen im Bund gehandelt.
Ein erstrebenswerter Ausblick auch für die Linke und der Spiegel fährt ja gerade eine Kampagne in dieser Richtung. Andre Brie ist da nur der vorläufig letzte Aufrechte. Und ob er, wie der Spiegel weiter schreibt, "bis 1989 aus eigenem Entschluss für die Staatssicherheit gearbeitet hatte" stellt spätestens nach dem Fall Kurras nicht mal ein Negativkriterium dar. Beide, Kurras und Brie waren bzw. sind staatstragend; zumindest in der jeweiligen Momentaufnahme, dem "nützlich sein" per se.
Also, was soll uns dieser Artikel hier sagen? Noch mehr Parteien in der Mitte sind wohl ebensowenig gefragt, wie noch mehr Konformismus der mittlerweile überwiegend investorgesteuerten Medien. Nein, die Linkspartei ist glücklicherweise "noch nicht bereit für ein Bündnis mit der SPD". Die "Vergangenheit handelnder Personen" ist ein Popanz, Lafontaine im Zweifelsfall ebenfalls der Retter der Besitzenden und Vermögenden, nicht so weit weg von den Stones etc. Der Blick nach Berlin zeigt die Zukunft der Linken: Mithampeln am Katzentisch, alternativlose Sachzwänge exekutieren!
Und wenn die Linke sich also anpasst, schneller als die Grünen?
Hat die Piratenpartei auch einen gesellschaftspolitischen Anspruch?
Na hoffentlich bleibt die Linke nicht angepasst wie sie teilweise schon ist. Es ist ehrwürdiger, nicht angepasst ohne Regierungsbeteiligung zu bleiben und dafür hemmeungslos Opposition zu machen.
Der Artikel ist ohnehin tendenziös und macht sich wie eine Umschrift eines Spiegeltextes. Wie von den Konservativen wird hier das kindische unreife linke Parteichen moniert. Die sind noch nicht erwachsen und halb diktatorisch wegen früher. Satifaktionsfähigkeit, wasn das für eine Sprache?
Überdies: wo steht denn, dass die SPD eine Klientel hat, die unmobil ist? Die SPD hat die Klientel verloren.
Exzellent wird dagegen beim unpolitischen Gerede über Politik mitgemacht. Kein Wort über die Art der Politik der SPD. Scheinursachen und Scheingefechte.
Die Linkspartei muss sich nicht als Anti-SPD profilieren, sie ist es.
Die ehemaligen sozialdemokratischen Inhalte sind zur Linkspartei rüber gewandert.
Der autoritäre Führungsstil Lafontaines, der angeblich für Unmut sorgt in der Linkspartei, den entnehme ich nur von einzelnen Personen, die, wenn man genauer hinsieht, sich nicht eindeutig vom Neoliberalismus abgrenzen. Wenn Brie den EU-Vertrag von Lissabon unterstützt, dann unterstützt er ein Regelwerk, welches Unternehmer-Rechte über Arbeitnehmer-Rechte stellt. In einer Besprechung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs in den Fällen Viking, Laval, Rüffert von Thomas Blanke kommt der Autor zu dem Schluss, dass '... der Rekurs auf soziale Werte angesichts der ökonomischen Grundierung des Europäischen Einigungsprojekts nicht hinreicht, um diesen Grundrechten eine verlässliche Gestalt und soziale
Durchsetzungsfähigkeit zu verleihen: Hierfür ist, so „archaisch“ dies anmuten mag, die demonstrative Mobilisierung von gewerkschaftlicher Gegenmacht nach wie vor unerlässlich.'(www.sozialstruktur.uni-oldenburg.de/dokumente/blanke_2008_viking_laval_rueffert.pdf).
Es gab auch im Freitag einige Artikel über die gefährliche neoliberale Ausrichtung des Vertrages v. Lissabon (Vontobel-Kein Europa der Oligarchen, Pfeiffer-Politik muss europäisches Recht in Schranken weisen). Der Linkspartei bleibt nichts anderes übrig, als diesen Vertrag abzulehnen.
Das sind die Schattenseiten einer Partei, die noch über kein eindeutiges Programm verfügt und sich breitgefächert anbieten will. Früher oder später kommt es zu Kollisionen unter ihren Mitgliedern.
Den Artikel halte ich für äusserst spekulativ. Solange die SPD nur aus Machtkalkül heraus Politik betreibt und sich wenigstens nicht ein bisschen sozial-demokratisches Herz bewahrt, was Beck oder Ypsilanti der Fall war, wird es nie zu einer Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer, mit der Linkspartei kommen.
"Na hoffentlich bleibt die Linke nicht angepasst wie sie teilweise schon ist."
Angepasst an was? An den Alt-Autoritären Demagogen Lafontaine?
"Es ist ehrwürdiger, nicht angepasst ohne Regierungsbeteiligung zu bleiben und dafür hemmeungslos Opposition zu machen."
Ehrwürdig? Interessante Kategorie... Bloß nicht die Hände "schmutzig" machen mit Politik - man könnte ja etwas bewirken und dann zu verantworten haben. Wäre da nicht eher statt der politischen Bühne die Kanzel in der Kirche der angemessenere Ort für eine derlei, nunja, hemmungslose Linke? Auf dass keiner vom Glauben abfalle. Und das Paradies kann ja dann später kommen, nach dem sündenfreien linken Leben, indem man hemmungslos seine eigene Reinheit bewahrt hat, egal, wie viele dabei draufgehen.
Hemmungslos Opposition? Wogegen? Und vor allem: wofür?
"Der Artikel ist ohnehin tendenziös"
ja, das haben Meinungsartikel so an sich...
Da habe ich in der Tat ein anderes Verständnis von Politik. Für mich bedeutet Politik, dass man den Willen hat, die Gesellschaft zu gestalten. Dass man in der Opposition ist, gehört mit dazu, aber sie als Dauerzustand anzustreben, halte ich für fatal. Die SPD hat diese Frage in den fünfziger Jahren diskutiert und mit dem Godesberger Programm entschieden. Die Linkspartei hat sich um diese Frage bisher herumgedrückt, mal ist Opposition Mist, mal ist es Regieren. über etwas mehr Klarheit in dieser Frage würde ich mich freuen. Ein Parteiprogramm wäre dabei sicher hilfreich, aber leider gibt es das ja aus taktischen Gründen erst nach der Bundestagswahl. Nun ja. Das ist weder kindisch, noch unreif. Es ist einfach nicht gut. Die Linkspartei könnte da ruhig etwas selbstbewusster auftreten. Schaden würde ihr das sicher nicht, denn eines stimmt ja nun ohne Zweifel: Viele Dinge, vor denen die Linke schon lange gewarnt hat und für die sie belächelt wurde, sind in den vergangenen zehn Monaten eingetreten. Aber man muss die Dinge ändern wollen - es nur besser zu wissen, reicht meiner Meinung nach nicht aus.
@klara:
alt-autoritärer demagoge lafontaine? woher entnimmst du das? aus dem brie-artikel auf spon? neben lafontaine sehe ich bei öffentl. auftritten gysi, bisky, bartsch, pau und einige andere. die werden doch so selbstständig sein, dass sie eigene meinungen vertreten können. bedenke, dass der vorwurf des autoritarismus oder der eigensinnigkeit (verantwortungslosigkeit) mit seinem weggang aus der spd grade von marktwirtschaft-freundlichen, bürgerlichen presse benutzt wird, um die linkspartei als in wirklichkeit kopflos darzustellen. der weggang lafontaines aus der spd war nicht verantwortungslos, es war ausdruck höchster verantwortung gegenüber seinen politischen grundsätzen.
wenn man in die politik geht, muss man macht anstreben, um dinge zu verändern. nur wie? die grünen sind ein abschreckendes beispiel. die linkspartei ist jung, sie wird sich orientieren, aber sie muss kapital aus dieser krise schlagen. wie sie das anstellt, keine ahnung. sie sollte sich nicht vorführen lassen von schwachsinnigen-bürgerlichen medien. sie wird ihren weg gehen müssen mit hoffentlichem baldigem partei-programm und hoffentlich mit einem um einiges höheren wähleranteil. mag sie dann immer noch in der opposition sein, sie wird dann nicht mehr belächelt werden.
@romano: "bedenke, dass der vorwurf des autoritarismus oder der eigensinnigkeit (verantwortungslosigkeit) mit seinem weggang aus der spd grade von marktwirtschaft-freundlichen, bürgerlichen presse benutzt wird, um die linkspartei als in wirklichkeit kopflos darzustellen." das bedenke ich gerne, denke dennoch auch gerne weiterhin meine eigenen gedanken.
"der weggang lafontaines aus der spd war nicht verantwortungslos, es war ausdruck höchster verantwortung gegenüber seinen politischen grundsätzen."
mag sein, aber es wundert mich, dass du dir dessen so sicher bist: vielleicht ist das ja nur propaganda - diesmal von links? ich habe große skepsis angesichts der selbstinszenierung "großer" männer, auch wenn ich keine zeile der bösen bürgelrichen presse lese. (von "verantwortungslos" habe ich im übrigen gar nicht gesprochen.)
"wenn man in die politik geht, muss man macht anstreben, um dinge zu verändern. nur wie? die grünen sind ein abschreckendes beispiel." mag sein, aber dennoch haben sie einiges bewirkt.
"die linkspartei ist jung, sie wird sich orientieren, (...) sie wird ihren weg gehen müssen"
fällt dir auf, dass du wie über einen pubertären jugendlichen sprichst?
"mag sie dann immer noch in der opposition sein, sie wird dann nicht mehr belächelt werden."
mir ist egal, wer wen belächelt, solange es noch etwas zu lachen gibt. viele orthodoxe linke gehen aber am liebsten zum lachen in den keller, damit nur ja kein wohlfühlverdacht aufkommt. lächeln wäre da oft eine alternative.
@Philip Grassmann
"Viele Dinge, vor denen die Linke schon lange gewarnt hat und für die sie belächelt wurde, sind in den vergangenen zehn Monaten eingetreten."
Es wäre ein Fortschritt diese Dinge in "der Freitag" beim Namen zu nennen und die Positionen der anderen Parteien in den letzten Jahren im direkten Vergleich deutlich zu machen.
Zu den Positionen gehört natürlich auch das entsprechende Angebot zur Lösungsfindung.
Wie wäre es mit einer Freitag-Matrix als Wahlhilfe und Diskussionsgrundlage?
„Liebe Mitglieder der SPD und der Partei Die Linke,
wir wissen um die Lasten der Vergangenheit, die noch zwischen Euch stehen, dennoch appellieren wir an Euch: räumt jetzt schon das Trennende und das Misstrauen so weit beiseite (...)
(...) Die Zweite Weltwirtschaftskrise könnte bei uns vielen Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz nehmen, hohe Staatsschulden hinterlassen und weltweit das Elend, den Raubbau an der Natur und die Kriegsgefahr erhöhen.
Die Beantwortung der Frage: „Wer zahlt für die Krise?“ wird für den sozialen Frieden und die Stabilität unsere Demokratie in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung sein. (...)
Wir brauchen linke Korrekturen und einen demokratischen Neuaufbruch. Um eine bessere Zukunft zu gewinnen, müssen daher die drei linken Parteien des Bundestages zu einer gemeinsamen Antwort finden.
(...) Stattdessen sehen wir die historische Notwendigkeit, gemeinsam eine sozial-ökologisch orientierte, umfassende und dauerhafte Zusammenarbeit zu beginnen.
Nicht aus der Opposition, nicht an Union oder FDP gefesselt, sondern nur gemeinsam regierend können wir:
• mit Bürgerversicherung und Börsenumsatzsteuer und weiteren Reformen die Steuer- und Sozialversicherungssysteme gerecht und weitblickend erneuern, von Menschen mit hohen Einkommen endlich einen angemessenen, also deutlich höheren Kostenanteil einfordern, Kinder- und Altersarmut beenden, prekär Beschäftigte und Erwerbslose aus Verarmung und unwürdigen Zwängen befreien (...).
• den marktradikalen Zugriff auf öffentliche Güter und persönliche Freiräume feste Grenzen setzen, den Finanzmarkt konsequent regulieren und die Daseinsvorsorge wieder in vollem Umfang öffentlich-rechtlich sichern.
• die Teilhabe an existenzsichernder Arbeit zu guten Arbeitsbedingungen durch gesetzliche Mindestlöhne und gestärkte Mitbestimmung auch in kleineren Betrieben herstellen.
(...)
• die Bildungs- und Weiterbildungschancen auch durch wesentlich mehr und gebührenfreie Studienplätze steigern.
(...)
• die Weltwirtschaftskrise ökologisch-sozial bewältigen und nutzen, um die Energie- und Materialeffizienz kräftig zu steigern, in den alten Industriezweigen Produkte und Produktionsprozesse sinnvoll zu konvertieren (...).
• durch Abrüstung und Rüstungskontrolle, zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Nachsorge, Atomausstieg, Energiewende und den Einsatz für faire Weltwirtschaftsbeziehungen ökologische Katastrophen und Kriege um Energie und Wasser abwenden (...).
Das Zeitfenster, insbesondere das zu einer Neuausrichtung unserer gesamten Finanzordnung, schließt sich - bis 2013 zu warten, könnte bedeuten, die gesamte politische Linke irreversibel zu beschädigen und in eine schwere Krise zu stürzen. (...)
Daher richten wir an Euch diesen Appell: Einigt Euch! Kommt rechtzeitig zusammen und überbrückt Eure Gegensätze!“
Bündnis 90/Die Grünen, KV Gelsenkirchen (Beschluss vom 06.05.2009)
„Liebe Mitglieder der SPD und der Partei Die Linke,
wir wissen um die Lasten der Vergangenheit, die noch zwischen Euch stehen, dennoch appellieren wir an Euch: räumt jetzt schon das Trennende und das Misstrauen so weit beiseite (...).
(...) Die Zweite Weltwirtschaftskrise könnte bei uns vielen Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz nehmen, hohe Staatsschulden hinterlassen und weltweit das Elend, den Raubbau an der Natur und die Kriegsgefahr erhöhen.
Die Beantwortung der Frage: „Wer zahlt für die Krise?“ wird für den sozialen Frieden und die Stabilität unsere Demokratie in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung sein. (...)
Wir brauchen linke Korrekturen und einen demokratischen Neuaufbruch. Um eine bessere Zukunft zu gewinnen, müssen daher die drei linken Parteien des Bundestages zu einer gemeinsamen Antwort finden.
(...) Stattdessen sehen wir die historische Notwendigkeit, gemeinsam eine sozial-ökologisch orientierte, umfassende und dauerhafte Zusammenarbeit zu beginnen.
Nicht aus der Opposition, nicht an Union oder FDP gefesselt, sondern nur gemeinsam regierend können wir:
• mit Bürgerversicherung und Börsenumsatzsteuer und weiteren Reformen die Steuer- und Sozialversicherungssysteme gerecht und weitblickend erneuern, von Menschen mit hohen Einkommen endlich einen angemessenen, also deutlich höheren Kostenanteil einfordern, Kinder- und Altersarmut beenden, prekär Beschäftigte und Erwerbslose aus Verarmung und unwürdigen Zwängen befreien (...).
• den marktradikalen Zugriff auf öffentliche Güter und persönliche Freiräume feste Grenzen setzen, den Finanzmarkt konsequent regulieren und die Daseinsvorsorge wieder in vollem Umfang öffentlich-rechtlich sichern.
• die Teilhabe an existenzsichernder Arbeit zu guten Arbeitsbedingungen durch gesetzliche Mindestlöhne und gestärkte Mitbestimmung auch in kleineren Betrieben herstellen.
(...)
• die Bildungs- und Weiterbildungschancen auch durch wesentlich mehr und gebührenfreie Studienplätze steigern.
(...)
• die Weltwirtschaftskrise ökologisch-sozial bewältigen und nutzen, um die Energie- und Materialeffizienz kräftig zu steigern, in den alten Industriezweigen Produkte und Produktionsprozesse sinnvoll zu konvertieren (...).
• durch Abrüstung und Rüstungskontrolle, zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Nachsorge, Atomausstieg, Energiewende und den Einsatz für faire Weltwirtschaftsbeziehungen ökologische Katastrophen und Kriege um Energie und Wasser abwenden (...).
Das Zeitfenster, insbesondere das zu einer Neuausrichtung unserer gesamten Finanzordnung, schließt sich - bis 2013 zu warten, könnte bedeuten, die gesamte politische Linke irreversibel zu beschädigen und in eine schwere Krise zu stürzen. (...)
Daher richten wir an Euch diesen Appell: Einigt Euch! Kommt rechtzeitig zusammen und überbrückt Eure Gegensätze!“
Bündnis 90/Die Grünen, KV Gelsenkirchen (Beschluss vom 06.05.2009)
Ich lese diese Sätze gerne doch mein Auge sucht die ausgelegte Schlinge.
Wer garantiert mir, dass die Grünen Angela Merkel nicht zu einer zweiten Amtszeit verhelfen.
„Spätestens jetzt rächt sich, dass die SPD die Linkspartei nicht ernst genommen hat. Für viele führende Sozialdemokraten ist diese Partei nach wie vor schlicht nicht satisfaktionsfähig“
Da rächt sich gar nichts, das ist so geplant. Und natürlich hat die SPD die Linkspartei unendlich Ernst genommen. Die haben – auch noch immer - eine Scheißangst vor der Linken. Und vor den Meinungsmächtigen in diesem Lande.
Diese Furcht allerdings verdient die LINKE nicht wirklich. Die sind – ist ja auch einleuchtend - noch immer mit der Selbstfindung beschäftigt. Und korrumpierbar natürlich auch. Posten und Einfluss, gesichertes Leben-alles rückt näher. Wie bei den GRÜNEN vor Jahr und Tag.
Der Dreh- und Angelpunkt in dieser ganzen Geschichte war das Theater um Ypsilanti. Da hätten sie was wagen müssen und nicht den Beck weghaun und dann die Ypsilanti schlachten lassen, diese feigen Kerle in Berlin. Die SPD will in der Mitte mitschlingern, sie will "etabliert" bleiben.
Mal abgesehen davon: Gestern gab es ein Interview mit diesem Wahlkampfmanager Kajo(schon ab da wird mir eigen) Wasserhövel. Der sagt nichts, - in Worten – NICHTS. Und solche Fuzzis gibt’s reihenweise in dieser Partei, im Netzwerk Berlin und in Hamburg, dieser absolute Superintrigant Johannes Kahrs mit seinen Vasallen. Unerträglich.
Und ein Steinmeier, der auch schon wieder Hartz IV preist, was soll das werden?
Vielleicht aber sieht es an der „Basis“ ganz anders aus.
@ klara – Du klagst:
„Angepasst an was? An den Alt-Autoritären Demagogen Lafontaine?“
Das kann ja sein, aber in seinen politischen Auffassungen ist er doch halbwegs – trotz mancher demagogischen Ausrutscher - authentisch. Ich habe mir sein Buch: „Das Herz schlägt links“ angesehen. Das leuchtete mir ein.
Autoritär ist er vielleicht, aber ich hier im Osten dachte manchmal: Das ist wenigstens einer, der die Tür in den Westen öffnen kann, der einen Machtinstinkt hat und schon aus dem Grunde die LINKE etabliert.
Außerdem, wenn ich Franz Müntefering erlebe, diesen Hintergrund-Partei-Funktiomaten mit dem eingebauten Strippenzieher-Modul, dann kann ich nur sagen: Menschlich sind die sich alle ähnlich. Politiker haben kein reines Herz. Ist so. Mir ist aber da der Lafontaine lieber. Der weiß wenigstens wovon er redet. Im Gegensatz zu Müntefering, der von Heuschrecken schwafelt und nicht mal wusste, was ein Hedgefonds ist. („Also, der Genosse Hedge soll mal nicht so übertreiben. Spekulation ist Mist“) fällt mir da nur als Kalauer ein.
Magda
Huh? Da wird doch nicht zur Wahl der Grünen aufgefordert. Sondern dazu, den Konflikt zwischen SPD und Linkspartei zu beenden, um eine Alternative überhaupt wieder möglich zu machen.
Und genau das ist auch tatsächlich unverzichtbar. Man mache sich doch nichts vor - eine eindeutig linke Programmatik ist in der BRD niemals mehrheitsfähig. Die Freunde der reinen Lehre arbeiten letztlich wie immer den falschen Kräften zu. Was allerdings noch lange nicht heißt, dass die Politik der Schröder-Nachgeburten für die SPD die richtige ist - auf deren Basis ist eine Mitte-Links-Mehrheit allerdings weder inhaltlich noch mathematisch denkbar.
An der LINKEN kann man/frau sehr viel kritisieren. Ich weiß allerdings nicht, ob es für die Gestaltung von Politik relevant ist, ob man zum Lachen in den Keller geht ;-)
Ich meine, dass sich die SPD und auch die Grünen bewegen müssen, damit es eine Regierung links von der Mitte in Deutschland geben kann.
Hartz kann nicht links sein, die Liberalisierung der Finanzmärkte kann nicht links sein, Kampfeinsätze der Bundeswehr können nicht links sein, ............
Die SPD behauptet, sie sei die echte Linke. Dann muss sie es beweisen. Ein radikaler Personal- und Politikwechsel scheint notwendig zu sein, um eine rot-rot(-grüne) Regierung möglich zu machen.
Das ist keine schöne Perspektive - aber realistisch, wie ich glaube.
Ach und hier auch noch der Link zur Kritik an Wasserhövel.
www.nachdenkseiten.de/?p=3997#h02
@Magda
"Politiker haben kein reines Herz", schreiben Sie. Sehr wahr! Aber, wer hat schon ein "reines Herz"? Es gibt da eine Passage bei Max Weber, die ich da gerne zitiere: “Nur wer sicher ist, dass er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, dass er all dem gegenüber: ‚dennoch!’ zu sagen vermag, nur der hat den ‚Beruf’ zur Politik“.
Auch das, was Sie hier über Andrea Ypsilanti andeuten, teile ich vollkommen. Ich konnte es seinerzeit kaum fassen, als sie öffentlich nahezu hingerichtet wurde und der Seeheimer Kreis darüber interne Partys feierte.
Robert Zion stimme ich zu. Und ich finde die einzigen die ein Zukunftsprogramm haben sind die Grünen. The green new deal würde 400.000 Arbeitsplätze schaffen, dass ist doch schon mal was. Für die SPD wäre Andrea Nahles die einzig richtige Kanzlerkandidatin. Sie würde der Linken einige ihrer Frust Wähler abjagen.
Anscheinend garantiert es keiner. Na, dann wähl ich doch besser eine andere Partei.
Och, die FDP hat auch ein tolles Programm, nur kann man die genauso wenig ernst nehmen wie die Grünen. Nein, eigentlich sind die Grünen noch viel schlimmer: Die Anti-Atomkraft- und Anti-Nato-Partei, die es geschafft hat, gegen konservative und sozialdemokratische Stimmen im Bundestag die Laufzeiten von AKWs sogar über die Forderungen der Betreiber hinaus zu verlängern und den ersten Angriffskrieg Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg vom Zaun zu brechen, naja, deren Programme lesen sollte man wohl nur noch aus misanthropischem Sadismus.
Nahles würde als Kanzlerkandidatin vermutlich Steinmeiers "Sympathie-Werte" noch locker unterschreiten.
Will man jetzt der Leserschaft des Freitag weismachen, dass die Position des kleinen Kreisverbandes Gelsenkirchen von Bündnis 90/Die Grünen exemplarisch für diese Partei steht? Man kann natürlich zu allem möglichen Themen irgendwo einen grünen Ortsverein ausfindig machen, der sich zum Thema X kritisch oder zustimmend geäußert hat. Aber was soll das?
Oder geht’s hier um den Lokalpolitiker Zion, der den Bundesparteien SPD und der Linken etwas ins Stammbuch schreibt:
„Wir brauchen linke Korrekturen und einen demokratischen Neuaufbruch. Um eine bessere Zukunft zu gewinnen, müssen daher die drei (?) linken Parteien des Bundestages zu einer gemeinsamen Antwort finden.“
In dem Beitrag von Max Weber, dem das oben in einem Kommentar wiedergegebene Zitat entnommen ist, heißt es übrigens einige Seiten vorher:
„Einen ganz trivialen, allzu menschlichen Feind hat der Politiker täglich und stündlich in sich zu überwinden: die ganz gemeine Eitelkeit, die Todfeindin aller sachlichen Hingabe und aller Distanz, in diesem Fall: der Distanz sich selbst gegenüber.“