DiEM 25 Muss sich selbst demokratisieren

_ oder wird verschwinden: Dies ist die deutschsprachige, und hier gekürtzte Version von „Is DiEM25 really a democratic movement?“

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Einleitung: Ein Monat ist seit der Gründungsveranstaltung von DiEM25 (Democracy in Europe Movement 2025) in der Volksbühne Berlin am 9. Februar 2016 vergangen. Nachdem ich zu Hause den Livestream der Veranstaltung gesehen habe, hatte ich den faden Geschmack einer Kaffeehaus-Revolution im Mund.

To the english version:

Einige sehr gut bezahlte linke Intellektuelle (vernetzt mit: the blogger as the intellectual of the network society) präsentierten dort ihre Version einer demokratischen Revolution der Europäischen Union und wurden dafür auch noch durch das Publikum bezahlt. Für mich hatte diese Form der Präsentation kaum etwas mit einer demokratischen Bewegung zu tun, die versucht die EU zu demokratisieren. Denn eine solche Bewegung muss für mich den politischen Wille der Multitude (vernetzt mit: michael hardt: demokratie) artikulieren und nicht der klassischen autoritären Logik von kleinen Elite folgen, die den Massen sagen, was falsch, was richtig und was zu tun ist (vernetzt mit: is karl marx concept of the class struggle still up to date). Wie auch immer, da jede Revolution mit einer kleinen Avantgarde beginnen muss, ist dieser fade Geschmack vielleicht auch nur die Wahrnehmung der notwendigen Diktatur des Anfangs.

Eingebetteter Medieninhalt

Um dieser notwendigen aber gleichwohl schlechten Diktatur des Anfangs zu entkommen, muss DiEM zunächst sich selbst demokratisieren, bevor es die EU demokratisieren kann. Dies ist für DiEM und seinem intellektuellen Führer Yanis Varoufakis keine neue Idee, weshalb er zwei Wochen nach der Eröffnungsveranstaltung den Artikel „Was macht DiEM25 zu einer erfolgreicheren Bewegung? Worin unterscheidet sie sich?“ auf der Webseite von DiEM25 veröffentlichte. In diesem Artikel spricht er über die Unterschiede von DiEM zu anderen Bewegungen, die fünf wichtigsten „Schlachtfelder“ - einen umfassenden Green New Deal, Europas Geld, TTiP - Weltbank - IMF, Migration und Flüchtlinge, dezentrale Europäisierung & verfassungsgebende Versammlung, und über den Prozess zu jedem dieser „Schlachtfelder“ ein Grundsatzpapier zu erstellen.

(Zur deutschsprachigen Version von Varoufakis‘ Artikel)

Die folgende Kritik an der aktuellen demokratischen Entwicklung von DiEM ist hauptsächlich auf Basis dieses Artikels entstanden.

Kritik: Ist DiEM wirklich eine demokratische Bewegung?

Mein erster Eindruck von DiEM einem Monat nach der Gründungsveranstaltung ist, dass DiEM tatsächlich ein paar Fortschritte gemacht hat sich selbst zu demokratisieren. So steht jeder Artikel auf DiEMs Webseite unter einer Creative Commons Lizenz (CC-BY-NC 4.0), die es jedem erlaubt Varoufakis‘ und die andere dort veröffentlichten Artikel irgendwo anders wiederzuveröffentlichen und zu verändern, solange dies nicht zu kommerziellen Zwecken geschieht. Dies ist meiner Ansicht nach auch so lange notwendig, wie auf der offiziellen Webseite die normalen Interaktionsmöglichkeiten des Internets, wie eine Kommentarfunktion, nicht zur Verfügung gestellt werden. Durch die Wiederveröffentlichung kann die Bewegung von ihren Mitgliedern oder anderen Außenstehenden ein wenig in Richtung öffentlichere und damit auch demokratischere Entscheidungsfindung gedrängt werden.

Aber auch in diesem Punkt muss man der Elite der Bewegung und Varoufakis zu Gute halten, dass sie sich dieses Demokratiedefizits bewusst sind. So soll „DiEM seine Tätigkeit [zunächst] aufnehmen [und] erst danach werden seine Mitglieder gemeinsam entscheiden, wie das “entfremdete Wesen” der menschlichen Arbeit (euer Geld, wie Marx es einst beschrieb) benutzt werden soll“.

Diese beiden Punkte sind durchaus ein guter Anfang, aber Varoufakis‘ Artikel geht in seinem Vorschlag zur Erstellung der fünf Grundsatzpapiere deutlich weiter. Aber ist sein Vorschlag wirklich demokratisch?

Die einfache Antwort auf diese Frage lautet Nein. Varoufakis‘ Vorschlag weist in allen Bereichen massive Demokratiedefizite auf.

Den vollständigen Artikel gibt es hier auf digital realism.

Rechte: Soweit nicht anders angegeben Philipp Adamik 2016 CC-BY-NC 4.0

Bild Varoufakis: CC-BY-NC 4.0 DiEM25

Karte des Internets: CC-BY-NC 4.0 The Opte Project

Litrature: Castells, Manuel. 2012. Networks of Outrage and Hope: Social Movements in the Internet Age. Cambridge, UK ; Malden, MA: Polity Press.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Philipp Adamik

Philipp Adamik war wissenschaftlicher Assistent am soziologischen Seminar der Universität Basel. Er ist Herausgeber des Blogs thedigitalisedworld.org.

Philipp Adamik

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