Der unendliche Krieg

Nahostkonflikt Seit Jahrzehnten entlädt sich der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern immer wieder in kriegerischen Auseinandersetzungen. Ein Ende ist nicht absehbar.

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Der Nahostkonflikt ist vergleichbar mit einem sehr aktiven Vulkan. Es brodelt und rumort unter der Oberfläche und alle paar Jahre gibt es eine Eruption. Offensichtlich ist es wieder mal an der Zeit. Zwei Jahre lang schwiegen mehr oder weniger die Waffen zwischen der israelischen Armee und den militanten Organisationen der Palästinenser. Das es nun wieder zu einem Ausbruch kommt, vermag kaum zu verwundern, tritt doch der Friedensprozess seit Jahren auf der Stelle. Israel läßt unablässig weitere Siedlungen im Westjordanland errichten und die palästinensische Bevölkerung vertreiben. Die radikalen palästinensischen Organisationen wollen sich im Gegenzug nicht mit der Existenz Israels abfinden und setzen auf Gewalt und Terror als Mittel des Widerstands.

Der Ausbruch verläuft in der Regel nach demselben Schema: Es gibt einen gewaltsamen Zwischenfall, dann folgen Kämpfe mit hunderten oder tausenden weit überwiegend palästinensischen Toten, gegenseitige Schuldzuweisungen, irgendwann erfolgreiche Waffenstillstandsverhandlungen und beide Seiten erklären sich zum Sieger. Der Vulkan hat sich ausgetobt und geht in die nächste Ruhephase über. Vorrausichtlich wird der gegenwärtige Ausbruch enden, wenn Israel seine Offensive einstellt, nachdem es seine strategischen Ziele im Gaza-Streifen als erreicht ansieht und dies als Erfolg feiern kann. Die Hamas wird sich für ihren Kampf gegen die überlegene isralische Armee selbst feiern.

In den vergangenen Jahren war das mediale Echo auf den Nahostkonflikt vergleichsweise verhalten. Nach dem Sieg der Hamas im Gaza-Streifen und dem Rechtsruck in Israel beherrschten die Hardliner allerorten das politische Feld. Positive Entwicklungen blieben aus. Die Welt blickte frustiert auf die Konfliktparteien, die offensichtlich weder willens noch in der Lage dazu sind, den Konflikt dauerhaft zu lösen. Im Osten nichts Neues, wenn man so will.

Der Nahostkonflikt: Eine Insel der Stagnation in einem Meer von Veränderungen

Die arabische Welt ist seit Jahren im Aufruhr, der arabische Frühling begann die postkolonialen Staats- und Gesellschaftsstrukturen zu erschüttern und wandelte sich in Syrien zu einem andauernden, extrem blutigen Bürgerkrieg. Inzwischen ist es der islamistischen Organisation „Islamischer Staat“ gelungen, den syrischen Bürgerkrieg mit dem innerirakischen Konflikten zu verbinden und auf den von ihr kontrollierten Gebieten in den beiden Staaten ein Kaliphat zu errichten. Bei einem langfristigen Erfolg der Gruppe Erfolg droht nichts weniger, als der Zusammenbruch der postkolonialen politischen Strukturen des nahen Ostens.

Wahrhaftig, dass sind dramatische Ereignisse, wie langweilig wirkt dagegen der ewige Kleinkrieg zwischen Israelis und den Palästinensern. Nichts spricht dafür, dass die jetzige Eskalation zu weitreichenden Veränderungen führen wird. Weder wird die Hamas dazu durchringen, auf den bewaffneten Kampf gegen Israel einzustellen, noch wird Israel zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen palästinensischen Staat akzeptieren oder gar seine Armee aus dem Westjordanland zurückziehen. Israel wird seine skandalöse Befestigungslinie auf palästinensischem Gebiet nicht abbauen, es wird auch nicht die mehreren hunderttausend radikalen jüdischen Siedler aus dem Westjordanland evakuieren, deren Zahl im Gegenteil immer weiter zunimmt.

Die Ultrarechten in der israelischen Regierung feiern die Brutalität der israelischen Armee als Zeichen der Stärke gegenüber dem Feind. Umgekehrt müssen sich die radikalen Palästinenser-Organsisationen, allen voran die Hamas wenig Sorgen um ihren Rückhalt in der Bevölkerung machen, solange Israel das Besatzungsregime aufrecht erhält. Jede Kritik an ihrer offensichtlichen Unfähigkeit, die Situation der Bevölkerung im Gaza-Streifen zu verbessern, verschwindet jetzt im Kriegsgeschrei nationalistischer Fanatiker und religiöser Fundamentalisten. Ähnlich ergeht es den Kritikern der militärischen Eskalation in Israel. Sie werden von den radikalen Nationalisten an den Rand gedrängt, diffamiert und bedroht.

Die einzigen Profiteure sind die Hardliner

So immens der Berg sozialer, ökonomischer und ökologischer Probleme in der Region ist, so wenig kann deren Bewältigung angegangen werden, solange der Konflikt zwischen Isralis und Palästinensern nicht endlich gelöst wird. Die einzigen Profiteure dieses unendlichen, von Waffenstillständen unterbrochenen Krieges sind die Hardliner und Reaktionäre auf beiden Seiten, die es sich an den Fleischtöpfen der Macht gemütlich machen können, solange die alten Feindbilderauf beiden Seiten funktionieren.

Nichts Neues also in Nahost? Mitnichten. Der arabische Frühling und seine Folgewirkung rollt durch die gesamte arabische Welt wie ein Tsunami. Nur im alten Nahostkonflikt scheint sich nichts zu bewegen. Noch nicht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Philipp Schaab

Studierte Religionswissenschaft, Geschichte und etwas Geographie in Heidelberg und Krakau. Schreibt über Religionen, Geschichte u. a. schöne Dinge.

Philipp Schaab

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