Schizophrenieist eine schwere psychische Erkrankung. Sie gehört zu den endogenen Psychosen und ist durch Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Affektivität gekennzeichnet. Nun will ich keinesfalls die Schwere oder die mit einer solchen Krankheit einhergehende Dramatik für Betroffene mangels Mitgefühl herunterspielen. Es sei lediglich der Begriff der gespaltenen Persönlichkeit herausgenommen, von dem umgangssprachlich in diesem Zusammenhang oft die Rede ist. Oder ich bezeichne es wie Goethe faustisch: “Ach zwei Herzen wohnen wohl in meiner Brust!“ Wie weit nun darf wohl das Schlagen dieser beider Herzen auseinanderliegen, um nicht in die Kategorie obigen Krankheitsbildes zu fallen? Denn eines ist klar, unser Tun und Handeln steht nicht immer im Einklang mit dem, was uns unser gesunder Menschenverstand eigentlich gebietet. Jenen Menschenverstand, von dem Sören Kierkegaard treffendformulierte, es würde sich dabei um die am besten verteilteSache der Welt handeln- ein jeder meint, dass er in ausreichendem Maße bei ihm vorhanden ist!
Ich denke, niemanden wird unbekannt sein, was er sich bei dem Wort Doppelmoral vorzustellen hat. Man handelt anders, ja oft geradezu entgegengesetzt zu dem, was man mit Worten zelebriert. Man verurteilt schnell etwas beim nächsten, ohne es selbst je besser gemacht zu haben. Man prangert öffentlich an, um dann im Verborgenen genau diesem zu nachzugehen. Die Liste ist lang und jeder hat seine eigenen Erfahrungen im Laufe seines Lebens damit gemacht. Zumindest fühlen wir uns dabei immer im Recht. Schließleich berufen wir uns auf unserer eigenes Urteilsvermögen oder verdrängen einfach. Ich glaube nicht, dass daraus resultierende Fehleinschätzungen mit Absicht gemacht werden. Vielmehr scheint mir die Natur, dem allzu sehr hochgelobten menschlichen Bewusstsein, in dieser Hinsicht gewisse Beschränkungen auferlegt zu haben. Dies lässt uns so manchen Weg nehmen, der sich im Nachhinein als absoluter Irrweg herausstellt. Wie aber potenziert sich ein Fehler der Wahrnehmeung in einem Zusammenschluss aus vielen Individuen?
Nun ist es in unserer wie in anderen Gesellschaften so, dass die Summe vieler kleiner Einzelteile und deren Wirkungen und Rückwirkungen das große Ganze schaffen. Nach Le Bon ist der Charakter einer Masse eben nicht bloß die Summe der einzelnen. Vielmehr richtet er sich nach bestimmten Charakteren aus, welche aus der Masse herausragen. Er formt sich in deren Richtung um und bestimmt dadurch gewissermaßen die gesellschaftlichen Merkmale. Traurigstes Beispiel war die Herrschaft des Nationalsozialismus nach 1933. Nun brauche ich nicht zu benennen, woranbei uns Erfolg ausgemacht wird, welche Menschen also letztlich als herausragend eingestuft werden. Hochglanzmagazine und flache Bildschirme mit eben solchen Inhalten sprechen eine deutliche Sprache. Es geht hierbei um Werte, die mehr Schein als Sein verkörpern. Platon würde vielleicht sagen, die Menschen wären den flüchtigen Sinneserscheinungen vollends verfallen. Ein Leben wie bei einer Lotterie, einige wenige gewinnen das, was die meisten begehren und doch nie erreichen werden. Und doch spielen alle munter weiter, sich höchstens in Stammtischmanier dagegen auflehnend. Ein Großteil der Menschen wüsste sicherlich Werte zu benennen, die dem Allgemeinwohl durchaus förderlich wären. Auf Kalenderblättern, in Büchern stehen sie oft geschrieben, in Märchen und manchen Filmen zwischen den Zeilen oder einfach tief verborgen im Herzen der Menschen. Intuitiv wissen wir darum. Was davon finden wir jedoch im wirklichen Leben wieder?
Es werden noble Preise an friedensersehnende Schriftsteller und solche Menschen, die sich selbst- und vorbehaltlos für eine gerechtere Welt einsetzen, vergeben. Andererseits trägt man das, was man für wichtige Werte und Errungenschaften der Zivilisation erachtet, mit Waffengewalt in Länder hinaus, die bei genauer Betrachtung dem Mittelalter leider noch nicht ganz entronnen sind. Besonders Amerika kennt in diesem Zusammenhang kein Obamen. Als ob uns die Geschichte nicht eines Besseren belehren könnte. Man verhindere da mit Gewalt noch mehr Gewalt, sagte ausgerechnet ein Vertreter der Kirche am Sonntag bei einer Predigt in Anlehnung der Bergpredigt Jesu.Ist es Wortspielerei oder verkennt man die wirklichen Interessen der Drahtzieher im Hintergrund?
Torhüter Enkes bedauernswerter Todestag jährte sich in der vergangenen Woche zum ersten Mal. Anlass genug für die Medien, um noch einmal über den Umgang mir der Depression in unserer Leistungsgesellschaft nachzudenken, dieses für eine kurze Zeit erneut ins Bewusstsein zu rufen.Es hat sich nicht viel getan, resümierte man. Verantwortliche eines anderen Fußballvereins hatten keine Schwierigkeiten, vom unmöglichen weiterspielen ihres Torhüters zu berichten, der sich ebenfalls der Depression bekannte. Es ging dabei nicht um eine vorübergehende Auszeit zur Genesung, die oft genug buchstäblich von Kategorisierungen der Pharmaindustrie und der Krankenkassen abhängig sind. Die Botschaft war klar. Man könne sich solch eine Schwäche nicht leisten. Ein eigentlich trauriges Thema, bei dem ich besonders stark das Auseinanderdriften der Realität vom angestrebten Ideal im gemeinschaftlichen Kontext, spüren kann. Beteuerungen auf der einen Seite und das Abweichen der Realität von diesen auf der anderen. Tausende namenlose Patienten in psychiatrischen Einrichtungen können ein Lied davon singen! Ohne den minimalsten Ansatz, diese an sich selbst heranzuführen, wird ihr jeweiliger Status Quo wieder hergestellt, um sie dann weiter unter denselben Bedingungen arbeiten zu lassen, die sie zuvor an den Rand des Zusammenbruchs geführt haben. Ein System von Schranken und Messlatten, gepflanzt in Köpfe.Diesen man sich von klein auf zu stellen hat. Unbewusst bestimmen sie maßgeblich über unser Befinden. Dabei ist es eigentlich so leicht, Glück ist die zu tiefste Übereinstimmung mit mir selbst, sagte Friedrich Marcuse einmal. Wer schafft es schon dahin? Und wie sieht es mit einer Gemeinschaft, mit einem ganzen Land aus, eineswelches noch dazu nur Steigerungsraten von Bruttosozialprodukten und ähnlichen kennt?
Staatliche Interessen werden, weil demokratisch legitimiert, mit enormem Aufwand, teils mit Gewalt gegen den friedlichen Protest der Gegner von sogenannten für das Allgemeinwohl notwendige Großprojekte wie Stuttgart 21 oder wahnwitzige Kastortransporte, demnächst wohl noch ins russische Majak durchgedrückt. Gleichzeitig missbilligt man ähnliches Vorgehen in Ländern, die es mit der Demokratie offensichtlich nicht so halten. Man plädiert öffentlich für Menschenrechte und verurteilt gnadenlose Ausbeutung, die der Sklaverei ähnelt. Gleichzeitig werden so hergestellte Produkte eingeführt. Wer weiß schon, dass ein schwarzer Junge in Afrika, verhökert an einen Kakao- Bauern, 240 Euro einbringt? Als Sklave verkauft! Wir genießen unwissend die Schokolade. In den 20Uhr - Nachrichten kann man auf solche Meldungen vergeblich warten. Sie kommen um Mitternacht auf den Nebenkanälen des ZDF. Warum, frage ich!
Die Liste, die Dinge zu benennen, bei denen ich die gespaltene Persönlichkeit der Gesellschaft sehen kann, ist lang. Wie so oft in der Geschichte der Menschheit steht etwas anderes auf der Fahne geschrieben, als ihr Träger letztlich verheißen kann. An dieser Stelle nur von Doppelmoral zu sprechen, erscheint mir zu mild. Denn Doppelmoral ist keine Krankheit und ich finde schon dass wir ernsthaft über ein noch nicht diagnostiziertes Krankheitsbild in diesem Zusammenhang nachdenken sollten. Oder wollen wir darauf warten, bis nach einem möglicherweise gelungenen Anschlag der „Achse des Bösen“ in unserem Land, die Sarrazinen noch mehr Zulauf bekommen? Irgendwohin wird sich das geschürte Gewaltpotential in der Gesellschaft entladen müssen, fürchte ich. Wo die wunden Punkte sind, müssten wir am besten wissen. Da nützen all die Integrationsdebatten herzlich wenig. Unsere Probleme liegen an anderer Stelle. Wenn Politiker jetzt weniger Egoismus fordern, so frage ich mich ernsthaft, ob sie überhaupt noch wissen, was darunter zu verstehen sei? Natürlich ohne die Absicht, eine Neiddebatte vom Zaune zu brechen.
Wie sieht es denn bei mir selbst aus, könnte man an der Stelle einhaken. Nun, auch ich fühle mich in der Tat der Schizophrenie ausgesetzt. Oft tue ich Dinge, bei denen ich Zweifel hege, sei es, weil ich für ein System arbeite, welches mir äußerst überarbeitungsbedürftig erscheint oder angesichts der Bilder von ölverschmierten Vögeln oder strahlenden Kastors wie auch solchen, die die ärmsten der armen zeigen und die noch alles verloren haben wegen einer Überschwemmung, die auf unseren Ausstoß zurück zu führen ist. Immer müder werde ich deshalb, mein bisheriges Leben in gewohnter Weise fortzuführen. Ich schwanke zwischen einem Sicherheitsdenken, das sich mehr und mehr aufzulösen scheint und einem neuen Bewusstsein, welches seinen Platz in dieser Gesellschafft erst suchen muss. Denn die nicht aufzuhaltende Maschinerie namens Zivilisation bietet kaum Platz für dieses neue Bewusstsein- jetzt noch nicht! Und dabei kommt mir dann die Frage, wann wir endlich zu philosophieren aufhören und damit beginnen, was in Träumen, längst erträumt- in Visionen, längst gesehen und in Traktaten, längst gedacht und niedergeschrieben ist. Und dies meine ich nicht in einer Welt aus bloßen Worten, wie bisher………
Kommentare 18
wenn ich sie beruhigen kann, solange sie ihr verhalten reflektieren oder reflektieren wollen liegt keine pathogenität vor. .-) ich denke es fängt oftmals mit verlogenheit an und kann dann in schizophrenem verhalten enden. schizophren heisst übersetzt gespaltener geist. wenn wer von aussen unser treiben betrachtet, gott, aliens, was weiss ich, würden vermutlich genau die begriffe fallen: absurd, paradox, schizophren, pathogen. lg
Danke, nun möchte ich mir selbst nicht irgendeine Fähigkeit anheften, als könne ich unser Treiben gewissermaßen von außen betrachten. Ich bin ja schließlich mitten drin, trage also auch die Verantwortung etwas gegen etwas zu tun, mit dem ich nicht einverstanden sein kann, auch wenn es vielleicht auch nur eine Illusion sein mag.
Auch hat mir keine Stimme jene Sichtweise eingeredet, als die meine. Sonst könnte man doch auch von einer Schizophrenie sprechen. In diesem Fallle hätte ich kein Problem damit.
Ich denke es gehört nur Unbefangenheit und Unvoreingenommenheit dazu, um die Schizophrenie in der Gesellschaft sehen zu können und natürlich muss man sich die rosa Brille abgenommen haben, die zu weilen den Blick vernebelt.
LG
oder die dunkle kapital- brille. lg
Die hatte ich als solches noch nicht sichten können, aber wenn ich so drüber nachdenke.....stimmt. Es gibt wohl für alles ein Brille, sogesehen oder wie Kant schon sagte: Wie auch immer uns die Ordnung der Natur erscheint, geordnet wird sie immer in unserem Kopf.
LG
Da fällt mir der "Faust" ein, den Du auch zitierst. Prolog im Himmel, da sagt der Engel Gabriel:" .... es wechselt Paradieseshelle mit tiefer schauervoller Nacht..." Oder Mephistopheles zu Gott:"... der kleine Gott der Welt bleibt stets vom gleichen Schlag,
und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
...Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben,
er nennt's Vernunft und braucht's allein,
um tierischer als jedes Tier zu sein." Und Gott antwortet ihm: ...." ein guter Mensch in seinem dunklen Drange,
ist sich des rechten Weges wohl bewußt." Zwei Seelen, schizophren, Himmel und Hölle gleichzeitig, so wie Du das beschreibst. Das ist der Mensch. Und das müssen wir leben. Das traurige an unserer westlich nun fast völlig durchmaterialisierten und durchökonomisierten Welt ist, dass damit auch der Lebenssinn verschwindet. Für das Individuum wie für die Gesellschaft ist das Finden eines neuen Sinns daher so wichtig, denn die Himmel sind leer geräumt. Novalis sagt: "Wenn die Götter verschwinden, walten die Gespenster." LG
Sie treffen den Nagel mehrfach und nachhaltig auf den Kopf: Doppelmoral ist keine Krankheit - systematisch aber angewandt und 'verordnet' in maßlosen Dosen wie z.Z. macht sie richtig krank... Es ist hohe Zeit, den Quacksalbern das Handwerk zu legen...
Es gibt da ein Buch, geschrieben von jemanden aus der russischen Regierung. Leider kenn ich weder dessen noch den Namen des Buches. Darin steht geschrieben, Moral wäre nur etwas für Arme. Das sagt viel aus.
Es wird irgendwann ein Erwachen aus dem ganzen Irrsinn geben.
Am besten wäre zum legen des Handwerks, man erschüfe die Welt neu, aus ganz anderen Werten, und sie wüchse parallel zu der bisherigen und irgendwann hat sie diese alte ausgetrocknet- wie die Würgefeige.......
Wie wahr....
Einen neuen Lebenssinn erschaffen, das ist ein guter Ansatz. Im Moment besteht nur ein Automatismus. Das was irgendwie schon immer da war, erhält sich auch irgendwie am Leben, mehr schlecht als recht. Weil die Menschen nicht mehr intrinsisch motiviert sind, können sie auch nicht mit dem Herzen dabei sein. Stattdessen Ablenken, Verdrängen und sich gegenseitig der Lebensenergien berauben.
LG
zu der brille fällt mir das thema tv usw. ein, es lässt sich ja nicht umdrehen in der zeit, aber so einen richtig guten enfluss hat der inhalt der flimmerkiste nicht, ach, themen über themen.
ich ergebe mich ja der hoffnung, dass bei den meisten der sinn nicht erschaffen werden muss, sondern unter dem ganzen haufen von prestige, konsum, junk food verborgen liegt, dieser sinn also etwas reduzierteres ist als das was wir jetzt praktizieren. das würde auch mehr ruhe in die welt schaffen. lg
Es kommt immer darauf an, was man sich ansieht und was man aus dem gesehenen herausnimmt. Aber irgendwie werden doch über die Medien die täglichen Kauknochen in die Menschen gestreut. Jedem gebührt dabei, was er für sich bevorzugt. Nichts ist gefährlicher für bestehende Verhlältnisse, als ein freier Geist, der sich wöhlmöglich noch vervielfältig.
Die wirklichen Lebensweisheiten lassen sich besser aus, vor allem, alten Büchern nehmen, wie ich finde. Auch hier muss man natürlich die Sprache finden, die man versteht. Ein Bsp. für mich wäre folgendes:
"Die Menschen werden nicht von den Dingen daselbst gemartert, sondern von dem Bild, welches sie in ihrem Kopf davon zusammenbrauen." Michel de Montaigne
Natürlich werden wir den Sinn irgendwo in uns vergraben vorfinden. Das ist doch die Philosophie des Lebens. Sonst würde es ja nicht funktionieren. Die Frage ist aber, wie viel von unserer Ursprünglichkeit übrig geblieben ist. Denn die Vereinnahmung der Geistes, wenn ich es mal so sagen darf, hat viele Gesichter. Es böte sich an hier den Brgriff einer naturbelassnen Seele zu prägen. Jedoch nicht als neue Schublade zum neuerlichen einkategorisieren. Sondern mehr als Ansporn für jedermann, um einmal darüber nachzudenken. Jedem steht dabei doch frei, was er darüber denkt oder empfindet.
LG
Einer der besten Texte hier beim Freitag.
Danke! Es liegt mir einfach nur am Herzen.....
LG
Soweit so gut. Mir scheinen ein paar Unterscheidungen hilfreich zu sein. Es gibt die, die aktiv für diese kritisierten Verhältnisse sorgen: die Reichen und Mächtigen, die sehr gut daran verdienen und herrlich und in Freuden leben, keine Probleme mit Verhungernden oder Sklaven haben, da sie die ja beschäftigen bzw deren Länder zu ihrem Vorteil ausnutzen. Dann gibt es die Ohnmächtigen, denen es etwa besser als den Sklaven geht. Das sind auch wir. Viele verdrängen die Not der anderen, manche, so wie Sie oder ich denken darüber nach. Wir können es materiell noch halbwegs aushalten, wenn wir den Preis zahlen, daß wir ungewollt und unvermeidlich diese Ungerechtigkeit stabilisieren. Die Alternative hieße: aktiv daran arbeiten, damit Gegenmacht aufgebaut wird. Nur Macht hilft, Beschreibung der Zustände nicht, den Mächtigen ist es egal. Es müssen genügend der fast Ohnmächtigen informiert sein und das bischen Macht anwenden, die sie hier haben: sie können alle Jahre mal wählen. Allerdings ist das bis jetzt noch keine Macht, erst wenn genügend viele wirkliche Veränderung wollen, damit Politiker, die dies als Ziel ausgeben, auch gewählt werden.
Beispiel aus der Geschichte: in den USA herrschte um 1900 ähnlich brutale Armut für die meisten nun industriell Werktätigen wie in Europa. Die üblichen Argumente: es ist der wirtschaftliche Zwang des freien Marktes, der aber die beste Lösung ist. Mehr könne wir leider nicht zahlen. Ich glaube, es war 1904, da bekam die sozialistische Partei einen deutlichen Stimmenanteil. Und sofort wurden die Löhne verbessert, soviel, daß bei der nächsten Wahl diese Partei wieder chancenlos war, keinen Cent mehr. Jack London war übrigens Sozialist, das wird üblicherweise totgeschwiegen. Lesenwert: People of tha Abyss / Menschen am Abgrund.
aus einemn anderen Blog:
Bismarcks Vorstellungen werden in seiner Erklärung der Sozialpolitik plastisch: „Wenn wir 700.000 kleine Rentner, die vom Reiche ihre Rente beziehen, haben, gerade in diesen Klassen, die sonst nicht viel zu verlieren haben und bei einer Veränderung irrtümlich glauben, dass sie viel gewinnen können, so halte ich das für einen außerordentlichen Vorteil; wenn sie auch nur 115 bis 200 Mark (im Jahr) zu verlieren haben, so erhält sie doch das Metall in ihrer Schwimmkraft; es mag noch so gering sein, es hält sie aufrecht…
Die Profite der Fabrikbesitzer waren damals im Hundertausender- bis Millionenbereich, so gesehen sind die Verhältnisse ziemlich ähnlich geblieben: zehn bis fünfzehntausen Rente im Jahr gegen Milliardengewinne der Konzerne.
Danke für die ergänzenden Gedanken.
Wie wäre ihr Ansatz, die vorherrschenden Verhältnisse, entgegen unserer gefühlten Ohnmacht, wenigstens geringfügung zu beeinflussen?
Oder sind wir uns voll darüber im Klaren, dass wir nichts dazu beitragen können und versuchen uns stattdessen lediglich unser eigenes Gewissen zu beruhigen, uns nicht in Untätigkeit zu wissen?
Vielleicht geht es auch nur darum, sich über die rückwirkenden Reaktionen auf unsere Gedanken in Annerkennung zu wiegen oder wie es hier im Forum oft zu beobachten ist, auf Konfrontation zu gehen.
Ich glaube nicht, dass wir uns immer hundertprozentig unserer tieferen Motive bewusst sind, auch nicht in Bezug auf genannte Möglichkeiten.Wenn ich also schreibe, versuche ich den Leser zum nachdenken anzuregen, auf etwas hinzuweisen, dieses eben bewusst machen. Zumindest der Versuch, darüber zu sprechen, weil es ein sehr bewegendes Thema ist.
Es erscheint mir notwendig, die Motive nicht außer Acht zu lassen.
Nach meinem Dafürhalten und auch den Schriften Max Webers, können wir uns nicht auf die Wahlen verlassen, da der Politiker nur für kurzfristige Ziele gewählt wird. Der zitierte Text über die Wirkung des Geldes als Schwimmkraft, lässt ebenfalls diese Vermutung aufkommen. Müssen wir deshalb darauf warten, bis die Umverteilung von unten nach oben so groß geworden ist, dass ein Funke eine dann sehr aufgebrachte Menge zu einem gewalsamen Umdenken und damit Handeln bewegt (Le Bon)?
Ich glaube, die Hoffnung nicht verlieren zu müssen, dass sich Menschen finden werden, die sich über neue Wege Gedanken machen und dabei aus Fehlern der Vergangenheit notwendige Schlüsse zu ziehen in der Lage sind. Macht entsteht aus der Ohnmacht der Ohnmächtigen. So sollten wir vielleicht bei dieser Ohnmacht ansetzen, auch wenn uns das bisweilen als abwegig erscheint.
Soviel zu meinem Motiv, wobei die genannten Motive auch ineinander verschwimmen können.....
Grüße und ein erfolgreiches neues Jahr!
Für sie ist die Motivation wichtig, und wie mir scheint, das Verhältnis von Motivation der Tat zur Auswirkung der Tat.
Sie erkennen und benennen Mißstände, gegen die wir als einzelne praktisch machtlos sind. Dafür werden sie gelobt, was ihnen gut tut, an den Tatsachen aber nichts ändert. Das kann man sich aber schon gönnen. Es bestärkt die ähnlich Denkenden, oder Empfindenden, schafft Gemeinsinn. Vielleicht reicht es irgendwann, es ist ein kleiner Schritt dazu. Die Sorge, oder das Mitleid ist nicht nötig, um den Impuls des Verbesserns aufrecht zu erhalten, man auch gut gelaunt gegen Mißstände agieren, ist sogar besser. Diese kleinen Schritte wegen vermutlicher Wirkungslosigkeit abzuurteilen ist Unsinn. Wenn es einen dazu drängt, tut man es, vielleicht bringt es eine Entwicklung bei einem selber in Gang, die zu weiteren Aktionen führt. Wenn nicht, war es für andere gut und besser, als gleich aufzugeben und sonst was zu machen: das ist meist auch nicht besser.
Leid und Ungerechtigkeit wird es immer geben, das ist aber kein Grund, es zu akzeptieren oder aufzugeben. Ein bischen altklug, aber so ist es halt.
schönen Gruss und ein gutes Neues