Deutschland und die Diktaturen

Rüstungsexporte Wikileaks veröffentlichte am Mittwoch Dokumente über Softwareexporte deutscher Firmen in Diktaturen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Deutschland und die Diktaturen

Foto: Sean Gallup/ AFP/ Getty Images

Die Einnahmen deutscher Rüstungsexporte betrugen 2012 1,2 Milliarden US-Dollar, das sind 11% des internationalen Waffenhandels. Diese Zahlen erscheinen gering, Russland und die USA exportierten im selben Jahr ca. das Achtfache. Dennoch wird das Thema Rüstungsexporte immer wieder kritisch und kontrovers diskutiert, beispielsweise als die aktuelle Regierung 200 Leopard-Panzer nach Saudi-Arabien verkaufen wollte, obwohl die Mullahs zu dieser Zeit einen Aufstand im Nachbarland Bahrein blutig niederschlugen. Der größte Abnehmer deutscher Rüstungsexporte ist Griechenland mit 15%, und das obwohl das Land immer wieder nahe am Staatsbankrott vorbeistrauchelt.

Was man bisher vergeblich unter dem Begriff Rüstungsexporte und bei deren Beschränkungen sucht ist allerdings Software. Diesen Donnerstag veröffentlichte Wikileaks 249 Dokumente über den möglichen Export von next-generation mass surveillance technology, also zukünftiger Massenüberwachungssoftware. Dass bei diesen Verkäufen weder das Kriegswaffenkontrollgesetz noch das internationale Waffenhandelsabkommen greift, verwundert kaum und ist gerade deshalb gefährlich. Egal ob Stuxnet oder der deutsche Staatstrojaner, Software wird längst auch als Kriegswaffe oder zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung verwendet. Und die Deutschen wollen am großen neuen Rüstungsmarkt, der noch keinen Beschränkungen unterliegt, gerne mitmischen und vor allem mitverdienen. Aus den Dokumenten von Wikileaks, genannt Spy Files 3, geht hervor, dass deutschen Rüstungsfirmen wie Cassidian (EADS), Rheinmetall Defence und Gamma (bekannt durch den Staatstrojaner FinFisher) in autoritär regierten Ländern wie Äthiopien, Equatorialguinea, Kasachstan, Uganda und Nigeria zwischen 2010 und 2013 vorstellig waren, um ihre Überwachungstechnologie anzupreisen.

Deutsche Rüstungsfirmen erschließen also neue Märkte für ihre Überwachungstechnologie. Dass die Bundesregierung um #Neuland-Kanzlerin Angela Merkel darin kein Problem erkennen kann, hat Methode. Wer im eigenen Land Vorratsdatenspeicherung fordert, obwohl das Verfassungsgericht in einem Urteil vom 2. März 2010 eben jene als verfassungswidrig eingestuft hat, kann an Überwachungstechnologie nichts Schlechtes finden. Mehr Rüstungsexporte bedeuten auch immer mehr Wohlstand. Dann kann Angela Merkel in vier Jahren erneut verkünden: „Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste seit der Wiedervereinigung.“ Auf wessen Kosten das geht, darf sie dann erneut verschweigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Philou Pfab

https://geschicktgendern.de/ Cultural Manager, Design Thinker

Philou Pfab

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden