Glück ist eine Cola mit einem Ananasverkäufer

Fotojournalismus Fotografin Christina Feldt hat bereits über 50 Länder auf der ganzen Welt bereist. Dabei ist die Kamera ihr ständiger Begleiter

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Glück ist eine Cola mit einem Ananasverkäufer

Bild: Christina Feld

Christina Feld, auf deiner Website erzählst du uns, dass dein Herzenswunsch zu deinem 10. Geburtstag ein beleuchteter Globus war. Wie viele der Länder darauf hast du inzwischen schon bereist?

Ja, das stimmt, und dieser Herzenswunsch wurde auch erfüllt. Ich liebe Landkarten. Mittlerweile habe ich um die 50 Länder bereist.

Du sagst, dass du auf deinen Reisen Armut, soziale Ungerechtigkeit und traurige Momente erlebt hast, aber auch unbeschreibliche Schönheit und ganz schlichtes Glück. Kannst du uns jeweils ein Beispiel geben?

Armut und soziale Ungerechtigkeit habe ich in sehr vielen Ländern gesehen, wobei die Armut mich besonders im Südsudan sehr getroffen hat, und soziale Ungerechtigkeit in Brasilien. Traurige Momente sind mir besonders in Afghanistan hängen geblieben, da ich dort in vielen Flüchtlingslagern für die Vereinten Nationen fotografiert habe und die Schicksale der Menschen besonders schwer waren. Ebenso in den palästinensischen Gebieten, wo ich den Alltag eines palästinensischen Bauern fotografisch begleitet habe, dessen Land von israelischen Bauherren zerstört werden sollte. Aber in all diesen Ländern habe ich auch immer unbeschreibliche Schönheit und schlichtes Glück erlebt, oft durch kleine Momente wie das Pflanzen eines Olivenbaums mit genau diesem Bauern, oder Drachensteigen mit einem Jungen in Kabul, oder mit einem Ananas-Verkäufer aus Uganda bei einer Cola über das Leben philosophieren. Manche Momente kann man nicht buchen oder kaufen, sie sind oft so simpel und dabei so besonders.

Photocircles neue Partnerorganisation, Visions for Children, war eine persönliche Empfehlung von dir. Erzählst du uns, woher du die Organisation kennst und was sie aus deiner Sicht besonders macht?

Visions for Children kenne ich über eine Freundin, die selber Mitglied dort ist und aus Afghanistan stammt. Sie wusste, dass ich mich sehr für das Land und generell soziale Projekte interessiere und hat mir die Organisation näher gebracht. Sie setzen sich primär für die Bildung von Kindern in Krisengebieten ein, damit sie ein selbstbestimmtes und perspektivreiches Leben führen können. Toll finde ich, dass sie als kleine Hilfsorganisation nicht über Dritte und ohne Zwischenstellen arbeiten und die Spenden zu 100% in die Projekte fliessen. Seit 2006 engagieren sich junge Menschen unterschiedlicher Herkunft und Fachbereiche ehrenamtlich in dem Team und es ist toll zu sehen, mit wieviel Leidenschaft und Energie sie bei Visions for Children helfen.

Bist du über deine Liebe zum Reisen zur Fotografie gekommen?

Ich reise, seitdem ich ein kleines Mädchen bin, aber die Liebe zur Fotografie hat sich unabhängig davon entwickelt. Meine Mutter hatte schon immer gute Kameras und hat viel fotografiert, und auch mein Opa war leidenschaftlicher Fotograf. Daher war das Thema Fotografie schon präsent in unserer Familie, und ich habe mit 15 bereits meinen ersten Fotokurs gemacht. Reisen und Fotografieren wurden zu meinen großen Leidenschaften, und mit der Zeit habe ich gelernt, beide sinnvoll durch eigene Fotoprojekte zu kombinieren.

Was macht dich neben deinem Fernweh noch zur geborenen Fotografin?

Hinter guten Fotos steckt eine ordentliche Portion Geduld - aber auch Mut, Feingefühl und viel Neugier. Ich würde sagen, dass ich diese Komponenten mitbringe, auch wenn man einige erst mit der Zeit entwickelt. Für gute Fotos braucht man viel Zeit und reist besser alleine, denn man muss Momente und Emotionen mit viel Feingefühl erkennen. Für einige Bilder saß ich Stunden lang am selben Ort und habe beobachtet. Mut und Neugier sollte man haben, denn man muss auf Leute zugehen können, sowie "Durst" nach neuen Themen – und man sollte nicht nur in seiner Comfort Zone bleiben wollen.

Was fotografierst du am liebsten und warum?

Ganz klar, Menschen und ihre Geschichten, Emotionen, Momente. Ich genieße es, erstmal Zeit mit ihnen zu verbringen, um eine gewisse Empathie und Vertrauen aufzubauen. Erst, wenn sie mich und meine Kamera vergessen haben, schieße ich die ersten Bilder. Es ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung, diese emotionalen Momente von Menschen einzufangen und sie auch noch visuell anspruchsvoll zu zeigen. Aber es ist genau diese Herausforderung die ich so mag. Daher sage ich immer: gute Fotos fühlt man, perfektes Equipment ist Nebensache.

In den letzten Jahren habe ich außerdem sehr große Freude an überraschenden, positiven Themen in Krisenländern gefunden. Themen, die man nicht mit diesen Ländern verbindet, wie beispielsweise Skifahren oder Drachensteigen in Afghanistan, oder eine Fashion Week im Südsudan. Denn diese Länder haben so viel mehr zu bieten als Krieg und traurige Nachrichten. Und natürlich liebe ich Auftragsarbeiten für Kunden wie die UNO, denn durch sie kommt man an Orte und zu Projekten, an die man sonst nie gelangen würde.

Hat sich dein Stil im Laufe der Zeit verändert?

Auf jeden Fall. Meine anfängliche Fotografie würde ich als reine Reisefotografie bezeichnen. Mittlerweile aber geht sie viel mehr in Richtung Reportage, Dokumentation und auch Street Photography.

Man selber verändert sich ja auch im Laufe der Zeit, und damit auch das kreative Auge sowie die Erfahrungen, die man als Fotografin sammelt. Vor ein paar Jahren habe ich noch spielende Kinder und Menschen (recht ziellos) auf Reisen fotografiert, im letzten Jahr dagegen musste ich gezielt Projekte für Kunden wie die Vereinten Nationen dokumentieren. Dazu wäre ich vor einigen Jahren noch gar nicht in der Lage gewesen. Besonders in Afghanistan war das Fotografieren nicht ungefährlich. Und da hätte es mit vor Jahren noch an Erfahrung und auch Mut gefehlt.

Die Geschichte hinter einem deiner Bilder. Gibt es ein Bild, dass dir besonders am Herzen liegt? Warum?

Ich hänge besonders an einem Bild, das ich in Afghanistan geschossen habe. Es ist das Portrait eines Flüchtlingsjungen, der mir durch seine wunderschönen grünen Augen aus vielen Metern Entfernung in einer Gruppe aufgefallen ist. Eine afghanische Freundin war mit mir dort und ich bat sie, ihn zu fragen, ob ich ihn fotografieren könne. Später kam noch sein Onkel hinzu und als ich ihnen sagte, dass ich seinen Blick und die Augen so besonders fände, mussten beide lachen. Viele in der Familie hätten diese Augen, sagte der Onkel. Ich weiss noch nicht einmal, ob der Junge zur Schule geht, ob er lesen und schreiben kann, ob er je einen Job finden und das Flüchtlingslager verlassen wird. Hier wäre er vielleicht schon ein Kindermodel. Die Welt ist manchmal wirklich ungerecht.

Mit dem Verkauf ihrer Bilder unterstützt Christina Feldt soziale Projekte auf der ganzen Welt. Weitere ihrer Arbeiten gibt es zudem auf Instagram und Photoshelter zu sehen.

Interview: Katrin Strohmaier

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Katrin Strohmaier | Photocircle

Sprachrohr von Photocircle mit Faible für Entwicklung, Kunst & Menschenrechte

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