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Sportplatz Fast genauso schön wie´s Tore schießen, das wird einem jeder Fußballer auf Nachfrage sicher gern bestätigen, ist es, dem Gegner hin und wieder einmal ...

Fast genauso schön wie´s Tore schießen, das wird einem jeder Fußballer auf Nachfrage sicher gern bestätigen, ist es, dem Gegner hin und wieder einmal herzhaft von hinten in die Knochen zu fahren. Auch der Zuschauer im Stadion oder am Fernseher kann seine Freude daran haben, sofern er sich eine gewisse Neutralität bewahrt hat - oder eben der Richtige umgehauen wird.

Freilich wünscht man keinem, dass er ernsthaft verletzt wird, und so wundert es nicht, dass eine gewisse Passage aus der in Kürze erscheinenden Autobiographie des Fußballers Roy Keane, vorab gedruckt in The Times und News of the World, nicht nur in England die Gemüter erhitzt.

Der Manchester United - Kapitän war zuletzt aufgefallen, als er als einziger Star der irischen WM-Mannschaft den Trainer McCarthy wüst beschimpfte und noch vor Tunierbeginn nach Hause geschickt wurde. Nun beschreibt er in seinem Buch, wie er einen Gegenspieler absichtlich verletzte. Vor mehr als drei Jahren hatte Manchester-City-Kapitän Haaland ihn nach einem Kreuzbandriss als Simulant geschmäht. Im April 2001 sprang Keane ihm zur Rache derart brutal in die Beine, dass Haaland seitdem - zusammengerechnet - noch eine knappe Halbzeit spielen konnte und mehrmals operiert werden musste. Nun brüstet sich der Ire mit dem Foul: "Ich habe ihn verdammt hart getroffen. Nimm das, du Scheißkerl!" (Spiegel) beziehungsweise "Nimm das, du Fotze!" (SZ). Selbst auf der Insel, Heimat des rustikalen Einsteigens, herrscht betretenes Kopfschütteln.

Zeit ist es also, das Augenmerk einmal auf das Foulspiel als solches zu richten. Viel Unerfreuliches ist hier in Mode gekommen, zuletzt insbesondere Schwalben bei jeder Gelegenheit und Ellenbogenchecks. Ersteres hat sicherlich zu tolerieren, wer auf brasilianische Ballkunst in der Bundesliga nicht verzichten möchte - letzteres wiederum ist nicht nur unschön anzusehen, sondern schlicht gefährlich. Diverse Zähne und Nasen haben schon Schaden genommen, und es steht zu befürchten, dass demnächst ein Spieler mit Kehlkopftreffer endgültig zu Boden geht.

Es besteht also Handlungsbedarf in Sachen Fußball-Etikette. Folgende kleine Auswahl soll aufzeigen, auf welch schmalem Grat wandelt, wer den festen Grund der Spielregeln verlässt.

1. Die Blutgrätsche

Eigentlich immer eine unfeine Sache. Als Mahnung schwebt das Bild Ewald Lienens über den Stadien, wie er mit von einem Stollen aufgerissener weit klaffender Oberschenkelwunde zu Otto Rehagel humpelt, um diesem zu demonstrieren, was er mit der Aufstachelung seiner Werder-Spieler angerichtet hat.

2. Schauspielerei

And the Oscar goes to ... Brasilia. Wie Rivaldo bei der diesjährigen WM, leicht angekickt vom türkischen Dauerpechvogel Alpay, zu Boden ging und einen Kopfschuss simulierte, ist sicher manchem Regisseur im Gedächtnis geblieben.

3. Umgang mit dem Publikum

Nicht machen sollte man es wie von Stefan Effenberg seit Jahren bis zum Überdruss praktiziert. Sein lächerlicher "Stinkefinger" gegen die zu Recht ungehaltenen Fans bei der WM 94 in den USA und das staunen machende Arbeitsloseninterview im Playboy mögen als Beispiele ausreichen. Durchaus vertretbar hingegen der Karatesprung von Eric Cantona, seinerzeit ManU, als er von einem Nazi-Hooligan endlos beschimpft wurde. Der Tritt brachte ihm nicht nur eine Menge Ärger, sondern auch den schönen Titel "Kung-Fu-Cantona" ein.

4. Unsportliches ohne Ball

Ist eindeutig. Ein klares Pfui für Frank Rejkard. Erst bespuckt er unsern Rudi - und der sieht hinterher auch noch rot! So geht das nicht. Sehr schön hingegen Vinnie Jones: der britische Abwehrspieler, zuletzt als hünenhafter Gewaltmime im Kinofilm Snatch zu sehen, griff fernab von Schiedsrichter und Spielgeschehen dem jungen Paul Gascoigne hinter seinem Rücken ins Gemächt und drückte kräftig zu. Das Foto davon hängt angeblich - in Öl gemalt - über seinem Kamin. Eins plus!

Der möglicherweise sportinvalide Haaland und sein Verein haben überdies inzwischen Schadensersatzklage gegen Keane erhoben. Einen Haken hat die Sache jedoch: operiert wurde Haaland am linken Knie. Roy Keane traf ihn rechts.

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