Last Exit: Desaster (Wolfgang Streeck - Gazette Nr. 50/ Sommer 2016)
daraus:
"Lange Zeit galt Bundeskanzlerin Angela Merkel als deutscher Stabilitäts-Anker in einer chaotischen EU. Ein Mythos - der sich jetzt selbst demontiert. Es ist notwendig, ihr Image der Stabilitäts-Kanzlerin in ein etwas anderes Licht zu setzen."
"In der Tat regiert Merkel schon seit längerer Zeit nicht mehr wie die Regierungschefin in einem parlamentarischen System, sondern wie eine Präsidentin mit persönlichen plebiszitären Vollmachten, bei der Anordnung der Energiewende wie bei der „Rettung“ Griechenlands, als Rettung der griechischen Gläubiger. Kritische Nachfragen zur Klugheit von Merkels Flüchtlingspolitik wurden lange Zeit von ihrer Gefolgschaft (die in diesem Fall aus allen Bundestagsparteien bestand) damit beantwortet, solche Fragen seien dazu geeignet, sich „Applaus von der falschen Seite“ zu holen und „den Rechten in die Hände zu spielen“."
"So gab es bei der Öffnung der deutschen Grenzen keinen Kabinettsbeschluss und keine Regierungserklärung im Bundestag. Merkel wusste genau, dass niemand aus der Opposition danach fragen würde, und so weiß bis heute niemand, wer wann der Polizei, ungesetzlich oder nicht, den Befehl gab, die Grenze aufzumachen. Niemand hat derzeit Zugang zu Dokumenten, nicht einmal ein früherer Bundesverfassungsrichter, bei dem die bayrische Landesregierung ein Rechtsgutachten in dieser Sache in Auftrag gegeben hat; niemand hat den Minister-Befehl gesehen, der nach Recht und Gesetz den Grenzbehörden hätte zugehen müssen."
Es gibt immer wieder lesenswerte Beiträge, wie sie einem selbst schwerlich gelingen würden. Und wenn doch, möchte (kann) man vielleicht nicht die erforderliche Zeit investieren.
Leider kann ich einen weiteren Beitrag von Erhard Eppler in der gleichen Ausgabe mit dem Titel "Die verkannte Demütigung der Russen" nicht verlinken. Es würde für den einen oder anderen ein wenig zurechtrücken, was doch scheinbar so klar ist.
Der Text ist zuerst erschienen in der London Review of Books, Band 38 (Nr. 7), 31. März 2016
Kommentare 60
Lieber Paul,
dieser Text beschreibt haargenau den Teil der Gründe für das Auseinanderbrechen der EU, für den Madame in ihrem selbstherrlichen Gebaren verantwortlich ist. Das ist ein Politikverständnis, das in der deutschen Nachkriegsgeschichte einmalig ist. Ich habe darüber auch hier meine Finger wund geschrieben. Nun ja, wir sind ja alle kleine Lichter.
Aber es ist gut, wenn darúber immer wieder aufmerksam gemacht wird, bis endlich auch ein grosser Teil der Zivilgesellschaft auf den Trichter kommt, wie er vorgeführt wird. Das mütterliche Lächeln ist eine Sache, die harte Wirklichkeit der Menschen, die eines schönen Tages nackend aufwachen, ist eine andere Sache.
Noch eine schöne Woche, CE
PS: Übrigens, der Text von Eppler, der ganz vorzüglich ist, ist in meinem Beitrag Kinder-Liebe verlinkt worden.
Wünsche ich Dir auch,
der Text von Eppler in deinem Beitrag ist aber ein anderer.
Tja, was soll man dazu noch sagen, rufen, schreien?
Ich sage mal so: es war mal eine "Ossi- und Frauenquote" in der Politik als Emanzipations-Demonstration en vogue, die der Form wegen für wichtiger angesehen wurde als der Inhalt, und in deren Windschatten das Merkel seinerzeit regelrecht gekürt worden ist, inkl. kollektiver Schonhaltungsauferlegung.
Die Bundeskanzlerin hat meiner Meinung nach bewußt kurzfristig die Grenzen geöffnet,um sie danach wieder dicht zu machen.Und trotzdem kommt sie oder ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger nicht umhin,ein Einwanderungsgesetz zur Gültigkeit zu bringen.Es sollte so der gute Wille gezeigt werden,daß auch Deutschland Flüchtlinge aufnimmt,um den anderen europäischen Ländern sozusagen vorzeigemäßig ein Beispiel zu geben.Ich denke schon,daß persönlich auch bei ihr der protestantische Glaube als Aspekt eine Geltung hat.Ihre Berater in Bezug auf Rußland sind so was von vorgestern,die haben so eine Art Dauerfilm vom kalten Krieg im Kopf.Und da will sie keine separaten Entscheidungen außerhalb der EU-Außenpolitik,obwohl sich auch nicht alle EU-Länder daran halten.Die EU so wie jetzt ist nicht die,die bleiben kann und so bleiben wird.Die EU demonstriert mit ihren Manövern Pseudostärke Rußland gegenüber,das ist so albern wie manchmal im Kindergarten,wenn mir die Truppe nicht mehr folgen will,dann haben wir wenigstens einen gemeinsamen uns angsteinflößenden Nachbarn.Warum haben alte Denkmuster Hochkonjunktur,wenn noch nicht mal geklärt ist,wer noch von dieser Entwicklung profitiert?
Ich sag´ auch nix. :-)
Danke auch für den Link.
Es gibt einige östliche Länder, deren Russen-Phobie ist offensichtlich und es ist schwierig damit umzugehen. Leider kommt dann auch noch eine Xenophobie dazu, da pluralistische Gesellschaften (offene, multikulturelle) nur in der Theorie bekannt sind. Vor allem Polen ist sowohl religiös als auch sozio-kulturell völlig homogen. Das wird viel Geduld (Sensibilität) von den westlichen Ländern erfordern. Aber wie man sieht, fällt man lieber in alte Zeiten zurück.
Der Ausverkauf läuft im Innerern wie im Äußeren.
Da kann auch ein Wolfgang Koschnick zitiert werden:
Was erstaunt, ist die von parteipolitischen Orientierungen völlig unabhängige Beharrlichkeit aller Bundesregierungen. Ob die nun eher links-grün (na ja, was die so links nennen) oder eher konservativ-liberal oder konservativ-sozialdemokratisch sind: Sie alle betreiben seit den 1970er Jahren und verstärkt wieder seit den 1990er Jahren den Ausverkauf des Staatseigentums mit nachgerade krimineller Energie.
Dahinter könnte man mit Mühe noch Spuren ökonomischer Vernunft entdecken, wenn die Investoren die gesamte Summe bezahlen würden, die auch die Steuerzahler im Verlauf vieler Jahre für die Objekte aufgebracht haben. Das ist aber nicht der Fall. Sie zahlen nur einen minimalen Bruchteil. Schon allein deshalb ist die Rede vom Ausverkauf der deutschen Infrastruktur gerechtfertigt."
Die Staatsverbrecher
Für diese Bande existiert nur eine Agenda.
Wie lautet diese "eine Agenda"? Wer hat sie wann und in wessen Auftrag wie beschlossen?
Schade! Wäre gewiß aber wissenswert von Bedeutung.
Im März hatte ich bei Campact eine Aktion dazu unterschrieben, siehe: Hintergrund zur Autobahn-AG.
Gibt es eigentlich noch einen Bereich, wo nicht gegen die Interessen der Bürger regiert wird? Was sind das für "Vertreter", die da im Parlament sitzen? Was geschieht mit denen beim politischen Aufstieg und warum ist das so? Oder zieht es nur Kandidaten an, die bereits die entsprechende Konformität besitzen?
W. Streeck hat ja eine gute Übersicht der Wendungen (Wandlungen) von Frau Merkel gegeben. Das Merkel sich in der damaligen CDU so durchsetzen konnte, ist vielleicht einfach den Ränkespielen der Männerriege geschuldet, die sich gegenseitig neutralisiert haben. Zudem hat man die Dame wohl unterschätzt.
Aber dazu ist in der FC schon unendlich viel geschrieben worden und fachlich inhaltlich werden andere mehr darüber wissen als ich. Schaut man sich in Europa aber zurzeit bei dem "Spitzenpersonal" so um, dann kann einen schon das Gruseln kommen. Und was man bereits nach dem Brexit so vernehmen konnte, stimmt alles andere als optimistisch. Es ist wie gehabt: der Patient der auf das Medikament nicht anspricht (oder gar negative Reaktionen zeigt) bekommt eine höhere Dosis verschrieben. Dabei gibt es noch einen wesentlichen Unterschied: der Patient kann zwar protestieren, muss aber einnehmen.
Diese "eine Agenda" ist das neoliberale Glaubensgebäude des "Marktes".
Diese kapitalistische Totgeburt wird bemüht wann immer es darum geht Menschenrechte zu verhindern und ersatzweise die Macht von Geldbergen anzubeten.
Das sind wirklich sehr wichtige Fragen: „Oder zieht es nur Kandidaten an, die bereits die entsprechende Konformität besitzen?“ Bei letzterem stellt sich die Folgefrage, haben die, wenn das zutreffen sollte, denn nirgends in ihrem privaten Umfeld – Familie, Freunde usw. – kein Korrektiv? Ich kann mir kaum vorstellen, daß denen nicht auch aus diesen Kreisen Wind entgegen weht, insbesondere auf der Beziehungsebene. Gesetzt den Fall, es weht solcher Wind, gut, dann kann man den Kreis verlassen, aber geht das denn so einfach, Freunde, Familie und Bekannte beziehungsmäßig abzuservieren und auszutauschen? Wenn das jemandem einfach möglich ist, so stellt sich die eigentliche Frage: was für ein Wesen ist so einer; mit Sicherheit gewiß kein mitmenschlich soziales. Und für den ersten Aspekt: „Was geschieht mit denen beim politischen Aufstieg und warum ist das so?“ gibt es hinlänglich Belege auf so genannte Hitmen, die den Akteuren ab einer gewissen Relevanz deren Stellung im Politgetriebe alternativlos aufzeigen, daß es Zufälle wie Krankheiten und Unfälle im Leben geben kann. (Und immer wieder halte ich in diesem Zusammenhang Łobaczewski’s Werk, „Politische Ponerologie“ für sehr aufschlußreich.)
Und diese "Agenda" hat die Rolle der Kirche mit ihren Priestern unbarmherzig ersetzt: Erlösung gibt es da keine mehr. Die Zukunft wird über Kredit verspielt.
Die Antwort befriedigt mich keineswegs. Sich kumulierende menschliche Gier kann wohl kaum als „Agenda“ bezeichnet werden.
Das konforme Pack der Repräsentanz ist unkontrollierbar, nennt die Gewissenlosigkeit "Gewissensfreiheit", und kann keinen Sessel unverpubst vorbeigehen lassen.
Ihre verlogene Ausführung von "Demokratie" ist grundsätzlich alternativlos. Wer nicht dazu bereit ist jedes Allgemeinwohl zu verraten, ist in parteilichen Kreisen "Outlaw".
Der "Souverän" ist für sie eine knetbare Masse die in Sonntagsreden vollgesülzt, möglichst dumm gehalten wird, .
Gibt es darüber keine Studien? Es wäre doch mal eine lohnenswerte Arbeit, sich mit den Lebensläufen der Abgeordneten zu beschäftigen. Gibt es Gemeinsamkeiten, die bereits in der Schule, Studium, Beruf aufgetreten sind? Ich glaube eher nicht, dass hier ein bürgerlich repräsentativer Durchschnitt vorliegt, wer den Weg über die Parteimühle erfolgreich bestehen will (kann).
Außerdem müsste es soziologische Auffälligkeiten geben, abhängig davon, wer zu welcher Partei sich bemüht (eine Chance hat). Wenn das so ist, dürfte die Affinität von Großbürgertum (Selbständige, Vermögende) zum ideologischen Gehalt vorhanden sein. Hier vertritt sich selbst, was der familiären Tradition entspricht. "Revoluzzer" dürften dann eher die Ausnahme sein.
Kann es sein, das du den Suchtfaktor des allgemeinen "f riß und oder werde gefressen unterschätzt?
Wer darf hier "sein", außer dem der frisst . Der Vielfresser gilt als König?
„Die konsumbasierte Selbstinszenierung
durch rituelle Inbesitzbringung von
Waren und Dienstleistungen wird einfach
als unumstößliches Axiom des
menschlichen Lebens beibehalten.“
"Filtert" der Parteiapperat vorzeitig diejenigen aus, die sich als zu "unbequem", als selbständige Denker erweisen? Meines Erachtens spricht viel dafür. Und es wird die Typen bevorzugen, die in diesem System mit den (Un-)Tugenden ausgestattet sind, die den Stärkeren, Skrupelloseren eigen ist. Das passt dann ein wenig zu der Ponerologie.
>>Die Bundeskanzlerin hat meiner Meinung nach bewußt kurzfristig die Grenzen geöffnet,um sie danach wieder dicht zu machen...<<
Das denke ich auch.
Vorangegangen war nämlich ein grosses Jammern der Kapitalisten, dass die Arbeutskräfte knapp würden und dies nur durch verstärkte Einwanderung ausgeglichen werden könne. Da ging es nicht um Asyl für Leute aus Kriegsgebieten, sondern wieder mal um den Profit, der durch nachlassende Lohnkonkurrenz gefährdet gesehen wurde. Damit ist auch eher verständlich, dass die C-Parteien plötzlich die „Willkommenskultur“ propagierten: Die Menschen sind ihnen immer noch scheissegal, aber die Bereicherung ihrer Klientel nicht.
Also eine Agenda ist ja immerhin ein strategisch angelegter Umsetzungsplan. Sie rechnet mit menschlicher Gier und setzt sie als Bestimmungs- resp. Handlungsgröße, erhebt sie also zur Methode. Und da zielte meine Frage hin: wo, von wem, wann und in wessen Auftrag ist diese Methodisierung explizit als „Agenda“ notifiziert? Planmäßig sich in Wirksamkeit setzende Gier – aus Einzel- und Gruppenegoismen - hat es ja schon zu allen Zeiten gegeben.
Was unterscheidet also eine, wie von Ihnen benannte „Agenda“ von dem, was Gier und Machtgelüste schon immer in der Welt getrieben haben? Mir ist die Erklärung zu einfach, ja, zu trivial, es sei das das „neoliberale Glaubensgebäude“. Was ist das denn konkret? Wer vor allem sind die Errichter, die Architekten und Statiker, die Maurer und die anderen Gewerke am Bau, wer die Bewohner dieses Gebäudes, um im Bild zu bleiben? Jeder Ismus, auch ein „Neoliberalismus“ ist ohne konkrete Menschen eine Worthülse.
Ich unterschätze das "f riß und oder werde gefressen“ keineswegs. Allerdings lehne ich es ab, es als einen zwangsläufigen Automatismus menschlichen Verhaltens ansehen zu sollen. Damit wäre nämlich der Mensch endgültig als nur determiniertes höheres Tier definiert. In der Konsequenz davon müßten dann auch schon Säuglinge als solche angesehen werden müssen. Und dagegen verweigere ich mich entschieden: heute und morgen Geborenen das als ihre Lebens-Bestimmung zu unterstellen, „Friß-oder-werde-gefressen-Automaten“ zu sein!
"Ich denke schon,daß persönlich auch bei ihr der protestantische Glaube als Aspekt eine Geltung hat."
Den Glauben möchte ich gerne "außen vor" lassen, denn der ließ sich noch zu jeglicher Legitimierung "verbiegen". Und aktuell kann ich nicht erkennen, dass Merkel noch als "Bremser" hinsichtlich der NATO-Russland-Verschlechterung auftritt. Ich betrachte sie weiterhin als Anhängsel von US-Interessen.
Wenn es ihr ernsthaft darum ginge, müsste sie zumindest mit Frankreich den begonnen Friedensprozess in der Ukraine forcieren, denn hier sind es die nationalistischen (faschistischen) Kräfte, die kein Interesse haben, mit der Ostukraine und schon gar nicht mit der Krim (also Russland) zu einer Einigung zu gelangen.
Hier wird man Russland weiter vorwerfen, internationales Recht (Völkerrecht) gebrochen zu haben, dabei ist das nichts gegen die Verfehlungen, die die USA (+ GB) mit dem illegalen Irakkrieg entfesselt haben. Höre ich da etwa irgend etwas vergleichbares?
Somit wird weiter dieses Szenario als Begründung von neuer Remilitarisierung gespielt und das auf aller Kosten und der Unkalkulierbarkeit zukünftiger Eskalation.
Wegen der "Studien" verwies ich oben auf Łobaczewski.
Nun sind Studien ja auch stets etwas, was induktive Empirie ist. Auch in diesem Zusammenhang halte ich es für sehr geboten, die deduktive Methode nicht zu vernachlässigen; d.h.: zu fragen, was ist jemand von seinem Wesen her nicht, was kann sein Bestreben nicht sein, wenn er dieses tut und jenes läßt. Und ich bin mir sicher, daß ohne viele Umschweife sich an den Früchten ablesen läß, welcher Gesinnung Handlungen jeweils entsprechen. Dein Blog zeigt es ja explizit auf, wie das Merkel handelt und wie auch das Parlament sich dazu in Majorität verhält. Eine Versammlung von Charakteropathen! - narzißtisch, verschlagen, lügenhaft und bösartig.
Wenn ich mal ganz kurz einwerfen darf: mit "Agenda" ist kein Plan einer oder mehrerer Personen gemeint. Wollen wir tiefer einsteigen, dann müssten wir schon im Mittelalter ansetzen, bei den Handelsstädten Amalfi, Pisa, Genua und Venedig. Und natürlich dürfen dann auch nicht die Familien unberücksichtigt bleiben, die das Banksystem (Kredit) begründet haben, also die Medici, die Bardi, die Perruzi und natürlich auch die Fugger.
Schritt für Schritt hat sich ein System entwickelt, dem später einige Philosophen, Aufklärer und Ökonomen den "ideologischen" aber auch rationalen Unterbau verpasst haben. Die Aufklärung war dabei durchaus hilfreich. Jedenfalls eine sehr interessante Vorgeschichte, die mit der Industrialisierung (Manchesterkapitalismus) erst so richtig Dynamik bekommen hat. Der Finanzkapitalismus ist vom Grundsatz her nicht so neu, aber was die Größenordnung und die Durchdringung der Gesellschaft betrifft schon.
Natürlich verweigere auch ich dieses unzutreffende Menschenbild.
Determiniert (indoktriniert, abgerichtet) wird Mensch jedoch bereits in jüngsten Jahren ganz systematisch auf den Empfang materialistischer "Segnungen".
„Wie die Menschen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts oft lieber verhungerten, als sich unter das Diktat der Geldmaschine zu beugen, so verhungert anscheinend heute das
domestizierte Menschenmaterial dieser Maschine lieber, als daß es seine eingedrillte fetischhafte Geldsubjektivität abschüttelt.“
Robert Kurz Schwarzbuch Kapitalismus (Epilog)
Danke wegen Oxi, kannte ich noch nicht.
Du führst das treffen weiter aus.
Allerdings ist eine 'Agenda' definitionsgemäß eine strategisch planmäßige, programmatische Handlungsstrukturierung im Sinne einer Liste abzuarbeitender Dinge.
"... mit "Agenda" ist kein Plan einer oder mehrerer Personen gemeint." Wie das jetzt? Hat man irgendwo (womöglich per Agenda^^) entschieden, daß eine 'Agenda" keine 'Agenda' mehr ist, und ich Trottel habe das nicht mitbekommen und nehme den Begriff noch bei seinem eigentlichen Sinn^^?
Du bist schon im Bilde was im übertragenenen Sinn von @ Calamity gemeint ist: das gesamte Denkgebäude einer Weltanschauung, die das Menschsein unter die Ideologie einer Ökonomie stellt, die nach reinem Nutzenkalkül operiert mit den Begriffen: Effektivität, Effizienz und Rentabilität, um die für mich auffälligsten zu nennen.
Aber das ist Dir alles bekannt und mehr davon. :-)
Verzeihung, diese Verallgemeinerung ist ideologischer Unfug: "Determiniert (indoktriniert, abgerichtet) wird Mensch jedoch bereits in jüngsten Jahren ganz systematisch auf den Empfang materialistischer "Segnungen"." Es ist auch Unfug deshalb schon, weil man nicht determiniert werden kann - was ja ein Widerspruch in sich ist - sondern allenfalls konditioniert.
Und daß allerlei Bestrebungen dazu gegeben und in Wirksamkeit sind und werden, und immer heftigere Formen annehmen, bestreite ich ja keineswegs - im Gegenteil, sie sind mir sehr vertraut.
"Wie die Menschen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts oft lieber verhungerten (...) so verhungert anscheinend heute das domestizierte Menschenmaterial (...) lieber ..."
Das ist schieres dummes Zeug! Daß Menschen verhungert sind und heute auch verhungern, das ist eine Tatsache. Sie taten und tun das aber nicht, weil sie das lieber tun oder weil sie das lieber haben als das Leben, sondern weil sie schlicht und einfach der Nahrungsmitteln beraubt und/oder von ausgeschlossen sind!
Zu deiner "Agenda" passt sehr gut das kurze Gespräch mit Heiner Keupp Winner-Kultur (jw 11.06.2016), insbesondere die Bezeichnung "neoliberales Gehirndoping" von ihm.
Ja nun, was meinst Du, weshalb ich oben wg. 'Agenda' nachgefragt hatte? Wenn man eine 'Agenda' ins Spiel bringt, muß man sie auch benennen. Ansonsten halte ich das in diesem Zusammenhang für ein recht sorglose, wenn nicht sogar fahrlässig in Richtung "Verschwörungstheorie" wabernd, angewande Begrifflichkeit. Und ja, ach!, was ich mir so alles doch reimen soll, was gemeint gewesen sein soll, was aber nicht klar richtungsdeutend ausgeführt geschrieben steht. Heiße ich etwa "Enigma"?^^
"Wie die Menschen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts...."
bezieht sich, recht eindeutig, auf Fakten der industriellen europäischen "Entwicklung".
Eine - mögliche - Modifikation auf das gegenwärtige Geschehen war nicht beabsichtigter Inhalt dieses schmalen Auszuges.
Das lässt sich aber hier jederzeit erweitern:
Robert Kurz Schwarzbuch Kapitalismus
(Tssh, nur die Hälfte verstehen, aber vom Leder ziehen....)
Ja, Teil der "Agenda" ist es eben auch, die "Eigenverantwortlichkeit" in die Träume von Tellerwäschern zu pflanzen.
Ich gestalte die Erde so, dass du chancenlos bist, aber nutze deine Chance....
die gesellschaft der polen strotzt vor homogenität?
ist nicht das (vielleicht)einzige, was sie eint, die furcht vor staats-nachbarn?
danke für den link. wer noch kann, der lese!
so wie-nach schiller- die schönsten träume von freiheit im gefängnis geboren werden,
ist repetitive teil-arbeit(nicht nur fließ-arbeit, auch häusliche),
eine un-erschöpfliche quelle des traum-ichs.
auch cinderella imaginierte beim erbsen-sortieren die schöne prinzen-story. oder?
stichwort: hitmen,pistoleros:
allein die vorstellung, nicht mehr zum kreis der happy few, auf die es ankommt (von denen man in der ministerial-büro-kratie spricht, in der vorstands-etage, medien-präsenz gilt manchen als zu vulgär) zu gehören, ins gesellschaftliche "aus" zu geraten, den kollegen als bemitleidenswert zu erscheinen: also kurz das,was man als gesellschaftlichen tod bezeichnen könnte, ist verdrängte quelle von konformität der kreativen art.
Ich befürchte ja: scheint ein menschliches Erbe der Vorzeit zu sein.
Ich bin mar da nicht sicher, ob banale Eitelkeit alleine eine solche Triebquelle sein kann.
Hallo Axel, schön Dich mal wieder als Kommentator zu lesen.
zu 1:
Verallgemeinerungen sind besonders kritisch zu hinterfragen und doch würde ich, wenn man sich unsere Geschichte betrachtet, von einer obrigkeitsbezogenen Mentalität sprechen. Ein Blick nach Frankreich zeigt den Unterschied! Irgendwie steckt da was in unseren "Knochen" und verhindert Widerstand (Auflehnung) gegen offensichtliche politische Fehlentwicklungen. Der Beamtenapparat funktioniert weiterhin trefflich und führt aus. Von da aus würde ich kein "Rückgrat" erwarten, obwohl, wenn da der Kern der Demokratie verortet wäre (Verteidiger des GG, Gerechtigkeitsempfinden) müsste es eigentlich Widerstand geben. Eher ist mir in Erinnerung, das "fortschrittlichere" Regierungen nicht gegen den Apparat regieren können, solange der nicht "eingenordet" ist.
zu 2:
Das ist mithin das komplexeste Gebiet, nicht umsonst fehlt immer noch ein überzeugendes Modell einer tatsächlich demokratischen EU. Ich würde hier aber verschiedene Ebenen unterscheiden wollen, die politische, die wirtschaftliche und die soziokulturelle der Bürger. Wobei sich das wirtschaftliche heute oft von der Politik kaum unterscheiden lässt und die Politik als Interessenvertretung (be-)nutzt.
Freizügigkeit halten wir innerhalb Europas mittlerweile für eine Selbstverständlichkeit und eine einheitliche Währung hat so manchen Vorteil (obwohl wir nun auch die negativen Seiten kennen, Austerität usw.). Und Europäer dürfen in die meisten Länder der Welt sogar ohne Visum einreisen. Das ist umgekehrt meistens nicht so, denkt man z.B. an Menschen aus afrikanischen Ländern.
Das freie Reisen (und „freier“ Kapitalverkehr) ist das Ergebnis einseitiger internationaler Verträge aufgrund unterschiedlicher politischer und ökonomischer Macht. Offene Grenzen sind also nicht (immer) das Ergebnis von Kooperation und friedlichen Kontakten, sondern das Ergebnis einseitiger Machtpolitik.
Das Kapital beruft sich auf „Freizügigkeit“, schrankenlose Beweglichkeit, verlangt aber gleichzeitig Schutz, wenn es in Schwierigkeiten gerät, was bis zur Forderung nach den Steuergeldern der Bürger durchreicht, wenn es hart auf hart kommt. Hier liegt eine gewisse Schizophrenie vor, die mit dem Dogma des privaten Eigentums zusammenhängt. Ich führe das jetzt nicht weiter aus.
Es gibt ideelle Staatsgrenzen, die keine Mauern, Grenzkontrollen oder Stacheldraht bedürfen (obwohl Europa sich wieder nach außen so abgrenzt). Eine einfache Befragung darüber, wo die Menschen leben möchten (also real mit Umzug und allen Konsequenzen), dürfte schnell ergeben, dass es einen großen Unterschied ausmacht zwischen gewohnter Freizügigkeit und Auswanderung. Denn wer die deutschen Lebensqualitäten zu schätzen gelernt hat, wird schnell die Unterschiede sehen. Abgesehen davon zählen „Kleinigkeiten“ wie Sprache, Traditionen, aber auch Landschaft und die Jahreszeiten. All das und mehr zieht den Rahmen, der sich als Lebensraum erkennen lässt und der wird natürlich rechtlich zusammengehalten als Staatsgebilde.
Und dieses rechtliche Staatsgebilde allein wiederum unterscheidet sich beträchtlich von anderen, insoweit es deutliche Abweichungen der Vorstellungen über die Art der Ausgestaltung gibt. Je größer die Gebilde, umso schwieriger ist eine demokratische Partizipation mittels direkter Bürgerbeteiligung möglich, das liegt wohl in der Sache begründet. Was bereits auf Bundesebene im Föderalismus mehr schlecht als recht gelingt, dürfte auf europäischer ebene noch schlechter gelingen. Vielleicht gibt es auch nur eine Zukunft, wo alle mit Kompromissen leben müssen, die keinen so recht zufrieden stellen. Aber Identitätsräume, Rückzugsgebiete wird es weiterhin geben, solange wir danach Verlangen haben.
ich hob nicht auf (individuelle) eitelkeit ab,
eher auf einen (herden)trieb,
der das beschwerliche ich in wohlige kollektiv-obhut nimmt.
kurz:
das banden-wesen der männer-bünde.
daher das befremden bei weiblicher penetration
in leitungs-gremien.
Klaro: die Geschichte vom "besten System, der herzallerliebsten Demokratie aller Zeiten" ist ein Märchen - geschrieben von allzeit mordbereiten Siegern.
Fragen wir doch besser die Opfer - und holen die Tellerwäscher aus ihren unerfüllbaren Träumen.
Die Überlegungen von W. Streeck müssen selbstverständlich als Alternative zum vom deutschen Establishment propagierten supranationalen Europa diskutiert werden. Die Tatsache, daß Streeck maßgeblich am dritten Weg von Blair-Schröder beteiligt war, ist allerdings keine Empfehlung. Ich glaube aber gerne, daß die gewaltige (Finanz-)Wirtschaftskrise, die das Vertrauen in die Selbstläufigkeit des Kapitalismus dauerhaft beschädigt hat, bei Streeck zum Umdenken geführt hat.
Der Vorschlag, zu den nationalen Vaterländern und Völkern als den Souveränitätsinseln zurückzukehren, ist insofern begründet, als die Nationen und Völker Europas für eine substantiellere Einheit ganz offensichtlich noch nicht reif sind. Die Idee, sie durch Verfahren zu integrieren, so daß sie sich allmählich an das größere Haus gewöhnen, ist sicher teilweise gescheitert. Die Ursache dafür sehe ich in dem aus rein wirtschaftlichen Gründen forcierten institutionellen Wachstum der ursprünglichen Sechs und überhaupt der Verlagerung von der sozial-kulturellen zur kapitalistisch-ökonomischen Entwicklung. Vielleicht habe ich ja Streeck falsch verstanden und er setzt sich nur für die Verlangsamung des europäischen Zusammenwachsens, ein organischeres Wachstum ein. Mir scheint sein Argument aber prinzipiellerer Natur zu sein, der demokratische Souverän sei der Nationalbürger, eine höhere institutionalisierte Form der Verantwortung und Solidarität sei nicht möglich. Dann brauchen wir freilich frei floatende Wechselkurse, die jede Nation zwingen, das eigene Haus in Ordnung zu halten, und das zu einer rein inneren Angelegenheit zu erklären. Langfristig können so keine Ungleichgewichte zwischen den Nationen entstehen, aber der Preis ist die Unvergleichbarkeit der nationalen Lebensbedingungen. Größere Wirtschaftseinheiten begünstigen die industrielle Groß- gegenüber der regionalen Kleinproduktion, das kann man durchaus kritisch sehen, die Produktionsmasse wird zwar gesteigert, die Qualität bleibt aber oft, besonders in der Landwirtschaft, auf der Strecke. Die Alternative ist nicht groß gegen klein, sondern der reflektierte, regulierte Einsatz von groß und klein, von high und low tech.
Hier komme ich zu einem von mir schon mehrmals ins Spiel gebrachten Argument, das von den im Dualismus befangenen Kommentatoren glatt ignoriert wurde, worüber ich mich nicht beschwere, was ich aber sehr bedauerlich finde. Es werden nämlich falsche Alternativen aufgestellt, Vereintes oder föderales Europa, Sparen oder Gelddrucken, Toleranz oder Identität (in der Flüchtlingsfrage stimme ich Streeck weitgehend zu), leave or remain, global oder lokal, repräsentativ oder fundamental demokratisch. Stattdessen müssen wir komplexer und variabler denken.
Zur Kritik Streecks an Merkel. Er weist zurecht auf Ungereimtheiten und ein merkwürdiges Demokratieverständnis von Merkel hin, die Stilkritik an der Kanzlerin nach dem Motto: Erst hat Merkel A gesagt, schlimm, schlimm, und dann, um 180° gedreht, nonA, noch schlimmer ist allerdings zu billig. Und die Kritik am für die bürgerliche Demokratie typischen Opportunismus? Der lautet: In der Demokratie wird alle vier Jahre gewählt, dann muß man Übereinstimmung mit der Mehrheit oder Führungsqualitäten suggerieren und gewinnen. Das hat Merkel gekonnt durchgezogen. Sie hat die CDU, als die Empörung über den Neoliberalismus am größten war, sozialdemokratisiert. Muß man das als (ehemaliger) SPDler kritisieren? Wenn man damals gleichzeitig die SPD christdemokratisiert hat, weil „Wahlen in der Mitte gewonnen werden“?
Nein, der Opportunismus ist noch eine der harmloseren Schwächen der Kanzlerin. Das ist ihr experimenteller Politikstil, das kennt sie aus der Wissenschaft. Und experimentell ist auch die Demokratieidee, daß alles auf den Tisch muß, und das debattierende Volk arbeitet sich über Fehler zum richtigen durch. Da, wo bei der Kanzlerin Substanz ist, wird es richtig problematisch. Das ist etwa ihre unreflektierte Westbindung aus der DDR- und Pfarrhaussozialisation. Die hat sie dem amerikanischen militärischen Irrsinn zustimmen lassen – ein Glück, daß sie noch keine Kanzlerin war. Die führt dazu, daß sie sich mit dem polnischen, ukrainischen, osteuropäischen Konservatismus identifiziert, der um keinen Deut besser ist als der russische und der die historischen Konflikte mit dem vergangenen Sowjetstaat als legitimatorisches Scheinargument mißbraucht, der sich interessenpolitisch clever und in schönstem schwarz-weiß-Denken auf die Seite des Westens geschlagen hat (und messianische Hoffnungen in den Kapitalismus setzt).
Dazu liefert der verlinkte Text von Erhard Eppler eine klarsichtige, unaufgeregte, nach allen Seiten freundliche Analyse, die im Unterschied zu Steinmeiers folgenlosem Geschwätz doch noch die SPD auf einen Gegenkurs bringen könnte, wenn sie eine Chance hätte, die Betonköpfe der Parteifunktionäre aufzuweichen. Hat sie natürlich nicht. Aber das Volk ist zu großen Teilen nicht so verbohrt, immer noch Harmonie wünschend, auf Frieden und Verständigung aus, wie Umfragen nahelegen. Hier ist ein realistischer Anknüpfungspunkt für die Notwendigkeit und Möglichkeit der „Linken“ zu einer wirklichen Opposition.
" (..) und holen die Tellerwäscher aus ihren unerfüllbaren Träumen."
Und dann werden die "Opfer" wiederum zu Tätern und die Tragödie geht weiter.
Zum stoppen der Tragödie ist es unabdingbar, dass Opfer begreift wer Täter ist und wofür.
Solange es den Tätern gelingt ihre Opfer zu indoktrinieren - siehe die pegidanischen Kurpfuscher und ihre Partner von der neoliberalen Einheizfront - bleibt die Tragödie ein Lustspiel für Kriegsgewinnler.
Zitate aus dem Text:
"Die Deutschen halten es sogar für hochmoralisch, wenn sie ihre Steuerung Europas mit Internationalismus gleichsetzen, der sich wiederum als Anti-Nationalismus versteht, das heißt als die wesentliche aus der deutschen Geschichte zu ziehende Lehre."
"Was wir sehen, ist das Ergebnis einer deutschen Innenpolitik, die hoch volatil und unberechenbar geworden ist und die europäischen Institutionen als Transmissionsriemen benützt, um anderen Staaten Europas deutsche Politik zu diktieren, die als europäische ausgegeben wird. Und zu der es, angeblich, keine Alternative gibt!"
"Die deutsche Version „europäischer Solidarität“ bedeutet dabei, dass die EU-Mitgliedsstaaten ihre Souveränität an Brüssel abgeben müssen, und das heißt letztlich: an Deutschland."
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"Der Vorschlag, zu den nationalen Vaterländern und Völkern als den Souveränitätsinseln zurückzukehren, ist insofern begründet, (..)
Streeck beschreibt nur einen Prozess, kann es also nicht als einen "Vorschlag" bei ihm lesen: "Nicht nur in der Frage der Immigration, sondern auch in der Wirtschaftspolitik, die Währungspolitik eingeschlossen, wächst deshalb in europäischen Ländern der politische Druck zugunsten höherer nationaler Autonomie."
Du lieferst meines Erachtens die Gründe für die Auflösungserscheinungen und teilweise Radikalisierung nationalistischer Tendenzen, da das Haus-EU ein bisher sehr wackeliges Fundament hat, dass auf bloßen ökonomischen Steinen gebaut ist. Ich würde sagen, die Pyramide steht auf dem Kopf und kann deshalb keine stabile Position einnehmen.
„Stattdessen müssen wir komplexer und variabler denken.“ Sehe ich auch so, aber der Patient EU soll mit stärkerer Dosierung der gleichen Medizin behandelt werden, die den Patienten bereits krank gemacht hat. Ich setze zwar auch auf die Vernunft, aber die ohne das Gerüst von Ethik ist eine instrumentelle, die uns nicht aus dem Dilemma herausführt. Nur, wer oder was gibt den Anstoß und wer oder was gilt als integer, um nicht erneut zur großen Enttäuschung zu führen (Verrat vorheriger Grundsätze), wie es immer wieder zu erfahren war?
Die Vielzahl der Stimmen, aber auch die wenigen Stimmen der Vereinfacherer, beides zeigt keinen Ausweg, wenn sich nicht Zeit genommen wird, um grundsätzlicheres zu besprechen (zu durchdenken). Es ist überfällig Abstand zu gewinnen von dem alten Denken, das Menschen faul sind, nicht freiwillig arbeiten wollen, nicht fähig seien, über Egoismen hinweg zu handeln und bei größere Aufgaben mitzuarbeiten. Dann ist Bilanz zu ziehen (eine Konsolidierung vorzunehmen), was das Eigentum betrifft. Hier ist geschichtlich entstandenes, aus Willkür und Macht, aus Zufall und Krieg bedingtes zu analysieren und überzeugend für die Zukunft zu entflechten. Kein Erbe rechtfertigt persönlichen Reichtum! Das ist ausgerechnet den amerikanischen Milliardären klar, die selbst für höhere Steuern plädieren und ihren Kindern nicht alles vermachen.
Zu Merkel selbst hat Streeck ausführlich geschrieben; ich halte sie für ein Placebo der Politik; sie vermittelt scheinbare Qualität, ist aber der Tod demokratischen Pluralismus, denn sie vereinnahmt alle Positionen, sobald es ihr nützlich erscheint. Pragmatismus in der Politik ist nicht das schlechteste, aber eine nicht erkennbare Linie, (außer der der Widersprüche), die die Folgen von Entscheidungen, was die sozialen Gesichtspunkte betrifft (aber auch den Demokratiegedanken selbst) dem Kalkül des Machterhalts und gewissen theoretischer Doktrinen (z.B. Austerität, schwarze Null usw.) unterwirft, ist persönlich verantwortlich, wie es sich aus dem Amt des Bundeskanzlers bestimmt: nämlich die Richtlinien der Politik. Daher sieht Streeck es völlig richtig, dass Deutschland mit dieser Kanzlerin und ihrem treuen Vasallen Schäuble an der weiteren Polarisierung in der EU als Hauptverantwortliche zu betrachten sind.
Neuer Versuch, die Formatierung ist irgendwie abhanden gekommen.
Zitate aus dem Text:
"Die Deutschen halten es sogar für hochmoralisch, wenn sie ihre Steuerung Europas mit Internationalismus gleichsetzen, der sich wiederum als Anti-Nationalismus versteht, das heißt als die wesentliche aus der deutschen Geschichte zu ziehende Lehre."
"Was wir sehen, ist das Ergebnis einer deutschen Innenpolitik, die hoch volatil und unberechenbar geworden ist und die europäischen Institutionen als Transmissionsriemen benützt, um anderen Staaten Europas deutsche Politik zu diktieren, die als europäische ausgegeben wird. Und zu der es, angeblich, keine Alternative gibt!"
"Die deutsche Version „europäischer Solidarität“ bedeutet dabei, dass die EU-Mitgliedsstaaten ihre Souveränität an Brüssel abgeben müssen, und das heißt letztlich: an Deutschland."
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"Der Vorschlag, zu den nationalen Vaterländern und Völkern als den Souveränitätsinseln zurückzukehren, ist insofern begründet, (..)
Streeck beschreibt nur einen Prozess, kann es also nicht als einen "Vorschlag" bei ihm lesen: "Nicht nur in der Frage der Immigration, sondern auch in der Wirtschaftspolitik, die Währungspolitik eingeschlossen, wächst deshalb in europäischen Ländern der politische Druck zugunsten höherer nationaler Autonomie."
Du lieferst meines Erachtens die Gründe für die Auflösungserscheinungen und teilweise Radikalisierung nationalistischer Tendenzen, da das Haus-EU ein bisher sehr wackeliges Fundament hat, dass auf bloßen ökonomischen Steinen gebaut ist. Ich würde sagen, die Pyramide steht auf dem Kopf und kann deshalb keine stabile Position einnehmen.
„Stattdessen müssen wir komplexer und variabler denken.“ Sehe ich auch so, aber der Patient EU soll mit stärkerer Dosierung der gleichen Medizin behandelt werden, die den Patienten bereits krank gemacht hat. Ich setze zwar auch auf die Vernunft, aber die ohne das Gerüst von Ethik ist eine instrumentelle, die uns nicht aus dem Dilemma herausführt. Nur, wer oder was gibt den Anstoß und wer oder was gilt als integer, um nicht erneut zur großen Enttäuschung zu führen (Verrat vorheriger Grundsätze), wie es immer wieder zu erfahren war?
Die Vielzahl der Stimmen, aber auch die wenigen Stimmen der Vereinfacherer, beides zeigt keinen Ausweg, wenn sich nicht Zeit genommen wird, um grundsätzlicheres zu besprechen (zu durchdenken). Es ist überfällig Abstand zu gewinnen von dem alten Denken, das Menschen faul sind, nicht freiwillig arbeiten wollen, nicht fähig seien, über Egoismen hinweg zu handeln und bei größere Aufgaben mitzuarbeiten. Dann ist Bilanz zu ziehen (eine Konsolidierung vorzunehmen), was das Eigentum betrifft. Hier ist geschichtlich entstandenes, aus Willkür und Macht, aus Zufall und Krieg bedingtes zu analysieren und überzeugend für die Zukunft zu entflechten. Kein Erbe rechtfertigt persönlichen Reichtum! Das ist ausgerechnet den amerikanischen Milliardären klar, die selbst für höhere Steuern plädieren und ihren Kindern nicht alles vermachen.
Zu Merkel selbst hat Streeck ausführlich geschrieben; ich halte sie für ein Placebo der Politik; sie vermittelt scheinbare Qualität, ist aber der Tod demokratischen Pluralismus, denn sie vereinnahmt alle Positionen, sobald es ihr nützlich erscheint. Pragmatismus in der Politik ist nicht das schlechteste, aber eine nicht erkennbare Linie, (außer der der Widersprüche), die die Folgen von Entscheidungen, was die sozialen Gesichtspunkte betrifft (aber auch den Demokratiegedanken) dem Kalkül des Machterhalts und gewissen theoretischer Doktrinen (z.B. Austerität, schwarze Null usw.) unterwirft, ist persönlich verantwortlich, wie es sich aus dem Amt des Bundeskanzlers bestimmt: nämlich die Richtlinien der Politik. Daher sieht Streeck es völlig richtig, dass Deutschland mit dieser Kanzlerin und ihrem treuen Vasallen Schäuble an der weiteren Polarisierung in der EU als Hauptverantwortliche zu betrachten sind.
Das muss an mir liegen. ;-)
Abgesehen davon kann man der Ansicht sein, zu Merkel sei bereits alles gesagt. Leider nicht, was die Folgen deutscher Politik betrifft.
"Die Indizien dafür, dass Angela Merkel eine geführte Führungsperson ist, häufen sich"
http://www.nachdenkseiten.de/?p=34006
Wobei mir ihre Rede vom 16. Juni 2005 in Berlin, anlässlich der Festveranstaltung „60 Jahre CDU“ schon vollends ausgereicht hat als Positionierung und Ankündigung ihrer durch und durch verfassungsfeindlichen Absichten. Seitdem sind 16(!) Jahre vergangen und man läßt dieses kriminelle Subjekt immer noch mit ihren antidemokratischen Umtrieben gewähren.
16 11(!)
War ein Aufmerksamkeitstest. ;-)
oh, bitte nicht diese weinerliche weich-ei-tour!
nach 2000 jahren päpsten muß mann mit 200o jahren päpstinnen klar-kommen-können! oder?
Korrekt, damit war die Streikbereitschaft gemeint. Dahinter verbirgt sich aber mehr, denn offensichtlich ist in Frankreich bei größeren Teilen der Bevölkerung noch der Blick auf das Ganze (über das betriebliche hinaus) vorhanden. Es wird erkannt, dass die nicht unmittelbar (bei der neuen Gesetzgebung schon) von den negativen Entwicklungen betroffenen sich in der Verantwortung (Pflicht) sehen und auf die Straße gehen. Sie nehmen dadurch auch mögliche Benachteiligungen auf sich.
Was in Deutschland mit Stillhalten der Gewerkschaften mehr oder weniger problemlos über die Bühne ging (der ganze Hartzkomplex), wird in Frankreich frühzeitig bekämpft (die Folgen aus Deutschland sind bekannt).
Wenn bei uns die Gewerkschaften nicht zum Streik aufrufen (alles immer im Rahmen unterhalb des politischen Streiks/ Generalstreik), dann fehlt der Impuls für landesweite, übergreifende Solidarisierungen. Das ist mehr als bedauerlich und was einst als deutsche Tugend vom Ausland bewundert wurde (Kompromisse, Runde Tische), ist nun in einer Sackgasse gelandet.
"Wir können einen Kulturstandard nicht durch Grenzen einsperren oder bewahren."
Wir können unseren "Standard" aber auch nicht zum Maßstab für die Welt machen, bzw. so "offen" sein, dass unser Standard selbst sich nicht mehr erhalten lässt (gefährdet ist). Wobei jetzt nicht das unhaltbare Modell von Wachstum, Klimaschädigung und Umweltzerstörung (vor allem dadurch in den Entwicklungsländern gemeint ist).
In meiner Aufzählung zu den "ideelen Staatsgrenzen" habe ich noch etwas sehr wichtiges ausgelassen, was Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof so beschreibt: "Wenn der Begriff ´Wertegemeinschaft´ als eine Form von Rechtsgemeinschaft verstanden wird, kann ich mehr damit anfangen: eine Struktur von legitimerenden Regeln, welche die Positionen, Möglichkeiten und ggf. Bedrückungen der Menschen in einer Gesellschaft formulieren und mittels (staatlicher) Gewaltandrohung absichern."
Deine Einführung von Permeabilität gefällt mir dahingehend, wobei mir die Zelle ins Auge sticht. Es wird das aufgenommen (absorbiert), was der Zelle dient, zumindest aber nicht schadet.
Hier eine Stellungnahme von Ex-Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio zur Entscheidung Merkels zur Grenzöffnungen 2015 ohne gesetzliche Grundlage.
"Dennoch ist die In-eins-Setzung falsch."
Ich lese Fischer in dem Interview etwas anders (ergibt sich aus dem Gesamttext zur Wertefrage), in dem er von einer Vielzahl von Wertesystemen ausgeht, die ihre Legitimation aus sich hervorbringen und im Bezug zur gesellschaftlichen Macht und der Gewalt normiert.
"Aber ich glaube, dass eine Wertediskussion letzen Endes politisch oder machtpolitisch nur eine sekundäre Rolle spielt und in der Regel eigentlich nur - wie es Karl Marx ausgedrückt hat - ein gedanklicher, philosophischer, politischer Überbau über andere Interessen ist."
Und genau so stellt sich die westliche Politik dar, die ihre Interessen jederzeit bei Bedarf über die Einhaltung von Menschenrechten stellt.
und weiter:
"Eine Gesellschaft ist keine Wertegemeinschaft. Wir haben ja schon innerhalb Deutschlands (wie wahr!) oder innerhalb Europas eine Vielzahl von Kulturen und von sich widersprechenden Werten. Menschen finden sich ja auch nur in einem geringen Maße um bestimmter Werte willen zu Gemeinschaften zusammen. (..) Welche Wertegemeinschaft sollte z.B. zwischen der amerikanischen Tea Party und einem deutschen Gewerkschafter bestehen? Das ist nur eine Formel, eine politische Wunschformel oder auch eine Propagandaformel, die sagt, wir gehören irgendwie zusammen."
Und dann wird dann noch von einer deutschen "Leitkultur" schwadroniert. Vor der Zeit der Verschriftung waren es Älteste, Weise, Räte, Orakel, Schamanen, was auch immer, die die kleinen Gemeinschaften mit ihren Sprüchen (Ratschlägen, Entscheidungen) geordnet haben. Hier war noch alles am unmittelbaren Leben (Überleben) ausgerichtet und die Verbindung unmittelbar gegeben, also „Werte“ und die „Rechtsprechung“.
Diese unmittelbar einsichtigen Zusammenhänge sind nicht mehr gegeben, was aber nicht bedeutet, dass das Recht nicht ständig nach diesen „Gründen“ fragen sollte. Wenn allerdings vergessen (aufgegeben) wird, dass das Recht nur diesen Anspruch verkörpert sollte (selbst in der Abstrahierung künstlicher Geschäftswelten) und sich verselbständigt, dann wird Recht instrumentell und entfernt sich von den Basiswerten. Schlimmer noch, damit sollen neue Werte geschaffen werden, die die Menschen von ihren wahren Bedürfnissen (Werten) entfernt. Was diese wahren Bedürfnisse betrifft, bedarf einer anderen Diskussion.
"Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein Grundwert."
Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein "Grundrecht": manches kommt mir in der Diskussion wie die Henne-Ei-Frage vor. Je nachdem wie man den Schwerpunkt setzt (oder seine Vorlieben hat), sind es die Werte, die die Norm bestimmen und umgekehrt.
Letztlich steht eines nicht ohne das andere. Dein Wasserbeispiel geht auf das zurück, was ich mit dem Anfang vor der Verschriftung klar machen wollte, nämlich die existenziellen Absicherungen, die über die lebensnotwendigen Bedürfnisse das Recht bestimmen (müssen). Der Wert ergibt sich einfach aus der Sache. Und mit Vergrößerung der Bevölkerung und Erweiterung der Kulturtechniken müssen die Werte analog angepasst erweitert) werden, was wiederum im Recht folgen müsste.
Eine abstrakte Wertediskussion kann sich dem gerne anschließen, sollte aber dabei nicht aus dem Auge verlieren, wenn das Militär weiterhin als Mittel der Politik vorgehalten wird, dass das im Widerspruch zu den Bedürfnissen des vorgenannten steht. Ich nehme das gerade als Beispiel heraus, weil hier nämlich unsere gesamte Existenz auf dem Spiel steht. Solange wir das nicht endlich unter Kontrolle bekommen, leisten wir uns eine Luxusdiskussion. Ich könnte auch sagen, man sieht den Untergang vor Augen und lässt nochmal "die Sau raus".
Ich könnte mir gut vorstellen, dass er Dir antwortet, wenn Du ihn aufgrund der Texte direkt anschreibst. Ein Versuch wäre es doch wert oder?
Mit dem was er über die "Ausschlachtung" der Silvesternacht schreibt bin ich völlig d’accord.