Wachstum und Marktwirtschaft soll es bringen: die Energiewende

Grüne Politik unter Druck: Aus dem verlinkten Beitrag "Energiewende" sind Informationen zu entnehmen, die sich ansonsten in der Presse wohl nicht so kompakt finden lassen. Es erfordert ein wenig Lesezeit, aber es lohnt sich!

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Was man nicht alles so in Kauf nehmen soll, hauptsache zu Hause nicht sichtbar.

Und ein Dankeschön an die Redaktion von Wildcat, die sich auf meine Anfrage nach dem Chinabeitrag wieder die Mühe gemacht hat, den langen Beitrag online zu stellen. Die Hefte kosten kein Vermögen und sind durchweg Berichte, möglichst von den Betroffenen selbst, bzw. nahe der Basis. Und zu dem genannten Beitrag geht es hier, woraus ich anschließend Stellen zitiere.

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Was den Marktpreis von Strom bestimmt und wem das vor allem nützt:
"Während der Gaspreis stieg, explodierte der Strompreis geradezu, allein von Januar bis Ende August 2022 von knapp 114 Euro auf fast 900 Euro für die Megawattstunde. Das erklärt sich mit den Börsenmechanismen am Spotmarkt: Der Strompreis wird an der EEX (European Energy Exchange AG) festgelegt; zwar wird nur etwa ein Drittel des Strombedarfs in Deutschland über Käufe an der Börse gedeckt, aber der große Rest der Verträge, die direkt zwischen Produzenten und Abnehmern oder über Zwischenhändler geschlossen werden, orientiert sich an den Börsenpreisen dort. An der EEX kann man Terminkontrakte kaufen für Stromlieferungen in Monaten oder Jahren. Am sogenannten Spot-Markt kauft man Strom für den nächsten Tag (day ahead) oder für sofort (intraday). Die Netzbetreiber halten mit dem Spotmarkt ihre Stromnetze stabil. Sie decken ihren Bedarf erst über die günstigsten Anbieter (Wind- und Solarenergie), dann über die teureren. Wenn sie noch mehr Strom brauchen, kaufen sie am Ende das teuerste Angebot. Das waren bis dato die Kohlekraftwerke gewesen. Aber ab Juli 2021 waren es die Gaskraftwerke, weil sich der Gaspreis verteuert hatte. Die Käufer erhalten ein anonymes Angebot. Der höchste Preis, den einer zu zahlen bereit ist, wird dann zum einheitlichen Preis für alle. Das ist der sogenannte Merit-Order-Mechanismus. Die dahinter liegende ökonomische Theorie – bzw. Ideologie – definiert den Marktpreis »einheitlicher Güter« nach den »Grenzkosten« des teuersten Produzenten. Das war zur Finanzierung der »Energiewende« auch so gewollt. Die Energiekonzerne verdienen nicht nur an dieser weitgehenden Entkopplung des Preises von den Produktionsfaktoren, sondern können zusätzliche Spekulationsgewinne einfahren. Ein Konzern, der sowohl Gaskraftwerke als auch Windkraftanlagen hat, braucht nur im richtigen Moment eine Windkraftanlage abschalten – und schon muss ein Gaswerk zugeschaltet werden, Merit Order sorgt für den Rest. Zudem hat Eon in jüngster Zeit mit direkten Spekulationen an den Strombörsen mehr verdient als mit der Energieproduktion."

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Die Rationalität fällt unter den Tisch, nicht aber die Quelle für Gewinne:
"Während die steigenden Energiepreise die sowieso schon starke soziale Ungleichheit immens verschärft haben. Man kann es drehen wie man will: Preise über Börsen festzulegen, ist eine schlechte Idee, bei Gütern des Grundbedarfs wird die Idee kriminell. Zu erzählen, über solche »Marktmechanismen« ließe sich »das Klima retten«, ist eine Beleidigung der Vernunft und soll nur davon ablenken, dass politische Entscheidungen dahinter stecken."

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Von welchem Staat man sich wohl abhängig gemacht hat, weil es (vermeintlich!) billiger war:
"Einen Teil der Energiewende in Deutschland hat China in den letzten Jahren mit billigen Solarpanels finanziert. 97 Prozent der weltweit produzierten Solar-Wafer und Ingots (Blöcke aus Halbleitermaterial, aus denen die Wafer gesägt werden) stammen aus China. Alle zehn führenden Maschinenbauer in der Solarindustrie kommen von dort. Weltweit soll die Solarenergiekapazität in den nächsten fünf Jahren verdreifacht werden. Das sei ohne Rückgriff auf chinesisches Equipment »fast unmöglich«, schrieb der Thinktank Bloomberg NEF. Aktuell hat Indien eine Modul-Produktionskapazität von etwa 25 Gigawatt, die USA 11, Europa 13; allein der chinesische Marktführer Longi kommt auf 85 Gigawatt! Solar- und Windenergie liefern Gleichstrom. Um diesen ins Stromnetz einspeisen zu können, muss er mit Wechselrichtern umgewandelt werden. 50 Prozent der Wechselrichter in Deutschland kommen aus China. Huawei allein produziert jeden fünften Wechselrichter auf der Welt. Auch die Generatoren von Windkraftanlagen sind ohne Seltene Erden aus China kaum denkbar.
Die erneuerbaren Energien auszubauen und sich von China unabhängiger zu machen, wie es Habeck und andere Grüne immer wieder fordern, wäre eine Quadratur des Kreises. (jedenfalls keine schnelle Lösung, die mit den Planungen der Energiewende irgendwie verträglich wären)

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Und im Ergebnis wählt man eine neue Abhängigkeit, als ob eine nicht bereits reichen würde, die USA:
"Der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren führt in die Abhängigkeit von China; der Abschied von russischem Pipeline-Gas in die Abhängigkeit von den USA. Nach dem Ende von Nord Stream 2 sind die europäischen Absatzmärkte für teures US-Flüssiggas auf Jahrzehnte gesichert. Schätzungen gehen davon aus, dass Europa bis 2030 40 Prozent seines Gasbedarfs als LNG aus den USA importieren wird – weit mehr, als bislang über Pipelines aus Russland bezogen wurde.
Auf dem Weg dorthin fördert die Bundesregierung die Investitionen in die LNG-Infrastruktur viel zu stark. Das zeigt eine einfache Rechnung: In der Spitze hatte die BRD 2020 56 Milliarden Kubikmeter Pipeline-Gas aus Russland importiert. 2022 wurde der Verbrauch laut Bundesnetzagentur um 14 Prozent reduziert. Bleiben etwa 48 Milliarden Kubikmeter. 40 Milliarden davon können über die Terminals in den Nachbarländern gedeckt werden. Potenzielle Versorgungslücke: acht Milliarden. Das entspricht der jährlichen Kapazität von einem LNG-Terminalschiff. Die Bundesregierung will aber neun LNG-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von bis zu 120 Milliarden Kubikmeter bauen – »eine krasse Fehlplanung, die rein gar nichts mit einer Reaktion auf eine Gaskrise zu tun hat«. "Schiffe voller Gift" [4]

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Die alte Variante in neuer Verpackung: der grüne Kaputalismus, der bereits eingeleitet wurde:
"Der grüne Kapitalismus ist im wesentlichen die Idee, dass alles so bleibt wie bisher, aber mit viel mehr Strom. Dafür werden Manganknollen aus der Tiefsee gekratzt, neue Bergwerke für Lithium erschlossen, riesige Batteriefabriken gebaut, E-Autos mit 850PS auf die Straße gebracht undundund. Dass Kapitalismus »grün«, also ökologisch sein kann, ist eine Lüge. In der Realität verschärft der Grüne Kapitalismus das Artensterben und koloniale Abhängigkeiten. Er ist in den nächsten Jahren die Hauptbedrohung des Planeten."

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Zündstoff für eine Revolution?
"In Großbritannien ist Fuel Poverty, Energiearmut, bereits ein geflügeltes Wort. Im Herbst 2022 sagten 45 Prozent der Briten in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Opinium, sie könnten sich die hohen Tarife für Strom und Gas nicht mehr leisten. Fast ein Fünftel der Leute lässt aus Geldmangel Mahlzeiten aus.

Selbst der Club of Rome beschreibt in seinem neuen Report 2022, ein halbes Jahrhundert nach dem ersten, die Krise nicht mehr vor allem als eine der »Natur«, sondern der Gesellschaft. »Wir haben keine ökologischen Probleme – wir haben soziale Probleme, die die ökologischen Probleme verstärken«, sagt Johan Rockström, Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und einer der Autoren der Studie. Wenn die Menschheit ihre sozialen Probleme löse, sei Naturschutz fast eine automatische Folge." (...)
Jedenfalls: "In den aktuellen weltweiten Kämpfen sieht es tatsächlich danach aus, dass »Energie-Armut« zu einer noch nie dagewesenen Dichte von Protesten führt."

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