Staatliche Sorgfalt oder Verharmlosung

Ermittlungsarbeit: Welche Formulierung immer wieder dem Rechtsempfinden Hohn spricht, lässt sich zurzeit inflationär in den Verlautbarungen der Polizeipressestellen lesen.

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Mit welchem Maßstab wird wohl bewertet, wenn das Offensichtliche ignoriert und unter dem Vorwand der sorgfältigen Ermittlungsarbeit die Delikte rechter Gesinnungstäter an Flüchtlingen (Ausländer) offen gelassen werden. Denn es könnte ja sein, das nur zuviel Alkohol im Spiel war, dem zufolge in unserer Gesellschaft ja immer noch mildernde Umstände zugesprochen wird. Oder möglicherweise waren es geistesgestörte oder unter Drogen stehende Täter, die wohl in größerer Zahl in unserer Gesellschaft umherlaufen müssen und rein zufällig gegen Flüchtlinge vorgehen. Ob Flüchtlinge bedroht, verprügelt, sexuell misshandelt oder Unterkünfte angezündet werden, alles fällt zuerst einmal nicht unter "fremdenfeindlichen Hintergrund".

Es ist einfach nur absurd zu nennen und erinnert mich ein wenig an den NSU-Prozess, wo auf unsere Kosten ein Bühnenstück abgeliefert wird, dass sich kaum noch steigern lässt.

Und zwar sind es folgende Formulierungen, die mir bei eindeutigen fremdenfeindlichen Handlungen ins Auge stechen: "Nach derzeitigem Erkenntnisstand können wir einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht ausschließen. Jedoch werde in alle Richtungen ermittelt." Allein die "sinnfreie" letzte Formulierung gäbe Anlass zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre.

Ich schlage den Pressestellen der Polizei eine kleine, aber wesentliche Änderung der Formulierung vor: "Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand können wir davon ausgehen, dass ein fremdenfeindlicher Hintergrund vorliegt. Jedoch werde auch ermittelt, ob das nicht der Fall ist".

Man könnte es auch die ökonomische Ermittlungsarbeit der Polizei nennen, die von dem Offensichtlichen ausgeht und daraufhin die weniger wahrscheinlichen Alternativen betrachtet. Es ist die Aufgabe der Polizei, sorgfältige Ermittlungsarbeit zu leisten, dazu gehört dann wohl auch eine korrekte Öffentlichkeitsarbeit.

Oder gilt hier in besonderer Weise: im Zweifel für den Angeklagten (hier Beschuldigten), obwohl unbezweifelbar eine Schuld feststeht und nur die "(r)echte" Gesinnung das Problem ist?

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