Was in der Schule übergangen wurde

Stilmittel: Es ist nützlich, die Formen der Sprache zu kennen, zumal wenn man sie unreflektiert einsetzt, um dem Text größere Ausdrucksfähigkeit zu verleihen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

http://images.slideplayer.de/2/883425/slides/slide_20.jpg

Bereits die antiken Rhetoriker kannten die Sprachfiguren und sind uns aus alten Texten überliefert. Ein paar Kleinigkeiten in den Texten geändert und auch für eigene Verwendung gedacht.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit bin ich bei der Großkleinschreibung geblieben. :-)

Bin nicht abgeneigt, weitere Stichworte einzufügen.

Akkumulation
Die Aufzählung von Unterbegriffen anstelle des zusammenfassenden Oberbegriffs; statt Natur etwa: Wälder, Flüsse, Seen, Tiere und Pflanzen ...

Alliteration
Hervorhebung mehrerer Wörter durch den gleichen Anlaut: Götter, Gräber und Gelehrte. Oder: Meine Mutter macht Musik.

Anapher
Die Wiederholung eines Wortes oder Satzteils am Beginn aufeinanderfolgender Sätze, verstärkt die Eindringlichkeit der Aussage: Wir haben den Vorfall gründlich untersucht. Wir haben unverzüglich die Systemsicherheit verbessert. Wir haben heute die Gewissheit, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.

Anrede
Im Schreiben das Persönliche verstärken durch: Ich verspreche Ihnen, liebe Frau Angela Merkel, auch zukünftig alles zu kritisieren, was von Ihnen aus wahltaktischen Gründen nicht gesagt wurde.

Antithese
Die Entgegensetzung von Begriffen, Bildern und Aussagen lenkt die Aufmerksamkeit auf den Kontrast: Woran Generationen gebaut hatten, das sank in einer Nacht in Trümmer. Oder: Alle reden vom Jackpot. Wir haben ihn.

Aposiopese
Abbrechen des Satzes vor dem Höhepunkt: Wenn man uns so machen ließe, wie wir wollen, dann ...

Chiasmus
Durch Überkreuzstellung wird der Sinn einer Aussage besonders unterstrichen: Musste man früher nachdenken, bevor man schrieb, so schreibt man heute oft, ohne viel nachzudenken. (Oder fischt im Netz :-)

Correctio
Verbesserung einer scheinbar unzureichenden Formulierung durch eine zutreffendere, die mit Steigerung verbunden ist: Vielen Dank für ihren freundlichen, ja bezaubernden Brief ... Oder: Ich bin auf den Hund gekommen. Genauer: Ich bin darauf gekommen, mir einen Hund anzuschaffen.

Ellipse
Das Weglassen einzelner Worte und Satzglieder, die für das Verständnis entbehrlich sind (quasi Piet Klocke); das strafft die Aussage durch Rhythmuswechsel: In der vergangenen Woche ging keine Zahlung ein. In dieser Woche wieder keine.

Epipher
Durch Wiederholung eines Wortes oder Satzteils am Ende aufeinanderfolgender Sätze wird besonders Gewicht auf dieses Wort oder diesen Satzteil gelegt: In der vergangenen Woche haben wir auf den Kontoauszug geschaut: keine Zahlung. Heute haben wir auf den Kontoauszug geschaut: keine Zahlung. Wahrscheinlich werden wir nächste Woche auf den Kontoauszug schauen und wieder feststellen: keine Zahlung.

Epizeuxis
Ein- bis mehrfache, nebengeordnete wörtliche Wiederholung: Er kramt und kramt ... oder: Reiten, reiten, reiten ...

Euphemismus
Beschönigende Umschreibung, die den wahren Sachverhalt sprachlich verhüllt: Nullwachstum für Stagnation, ethnische Säuberung für Völkermord, Kollateralschäden für unschuldige zivile Opfer.

Figura etymologica
Die Verbindung stammverwandter Wörter; durch die Klangähnlichkeit entsteht eine starke Betonung: einen Kampf kämpfen, eine Schlacht schlagen, etwas in die richtige Richtung richten.

Geminatio
Verdopplung, die dazu dient, die Eindringlichkeit einer Aussage zu verstärken oder die Bedeutung eines Details hervorzuheben: Niemals, niemals würde ich ... Oder: Der König rief und alle, alle kamen.

Hyperbel
Starke Übertreibung: Da war die Hölle los. Die ganze Nacht kein Auge zugemacht.

Inversion
Durch bewusste Wortumstellung wird das Gewicht auf den Anfang oder das Ende des Satzes verlagert: Auf ihm lag die gesamte Last der Verantwortung. Oder: Die einzige Leidtragende bei der ganzen Affäre war sie.

Klimax (Antiklimax)
Steigerung der Begriffe, die zum Vergleich oder zur Erläuterung herangezogen werden: Sie kamen einzeln, in Gruppen und mit Sonderzügen.

Litotes
Bewusste Untertreibung, die eine verneinende Aussage mit verstärkter positiver Aussageabsicht ausstattet: Das ist nicht übel. (für: sehr gut). Das ist für uns nicht neu. (für: Das wissen wir schon.)

Metapher
Mit einer bildhaften Aussage werden Sachverhalte oftmals am besten erklärt: Wir wollen nicht die ersten sein, die einen Zankapfel von Nachbars überhängendem Ast pflücken.

Oxymoron
Kombination von Begriffen, die sich widersprechen, weil sie entweder semantisch einander entgegengesetzt sind oder aus ganz verschiedenen Lebensbereichen stammen: Geliebtes Miststück, Softwareschmiede, Nobelherberge, stolze Demut, elender Glanz.

Paradoxon
Durch einen (scheinbaren) Widerspruch wird die Bedeutung der Aussage unterstrichen: Leider ist es ein langer Beitrag geworden, ich hatte keine Zeit, einen kurzen zu schreiben.

Parallelismus
Durch Wortwiederholung oder parallelen Satz- oder Phrasenbau wird eine suggestive Wirkung erzielt: Dieser Mensch, der mir mehr als jeder andere bedeutet hat, dieser Mensch dem ich Jahre meines Lebens gewidmet habe, dieser Mensch, dem ich vertraut habe, dem ich geglaubt habe, dem ich mein letztes Hemd geopfert hätte, dieser Mensch hat mich schamlos betrogen und hintergangen.

Paranomasie
Das Spiel mit ganz ähnlich klingenden Worten: Delegierung des Nichtigen und Dirigierung des Wichtigen. Manchmal auch im Schüttelrein: Statt der Politik der rauchenden Schlote eine Politik für schlauchende Rote. (Graf Lambsdorff)

Paranthese
Mit einem Einschub kann man problemlos eine zusätzliche Information unterbringen, ohne die Satzkonstruktion zu verändern; der Rhythmuswechsel schafft Aufmerksamkeit. Ich bin - bitte entschuldigen Sie das harte Wort - Kölner (Hans Mayer).

Personifikation
Vermenschlichung lebloser Dinge und abstrakter Begriffe: Da lacht die Sonne. Oder: Der Regen sagt mir, dass der Himmel weint.

Prolepse
Durch Voranstellung eines Wortes oder einer Wortgruppe wird die Aufmerksamkeit des Lesers auf eben diese Worte gelenkt: Dieser Duft, diese Ausstrahlung, diese Frau - wie werde ich sie je vergessen können ...

Redditio
Wiederholung des zentralen, inhaltlich bedeutsamen Wortes am Ende einer Phrase: Geh mit Gott, aber geh!

Rhetorische Frage
Auch im Brief wird damit eine Dialogstruktur geschaffen, die den Empfänger enthält (anspricht), sich zu äußern: War es nicht schon immer so? Haben wir nicht festgestellt, dass sich nur der Name, aber an der Sache nichts geändert hat?

Synekdoche
Wahl eines von der Bedeutung her engeren Begriffes statt des umfassenden, sodass der Teil für das Ganze stehen kann (pars pro toto), seltener umgekehrt: Dach überm Kopf (für Haus), Einhunder-Seelen-Gemeinde (für 100 Einwohner.

Tautologie
Eine Aussage in verdoppelter Form, meist in stehenden Wendungen: einzig und allein, offen und ehrlich.

Topos
Gemeinplatz, bewährte, aber auch abgegriffene Bilder, Motive und Redewendungen, die in der Literaturgeschichte immer wieder verwendet wurden und bis heute in Ansprachen, Grußadressen vorkommen; als Klischees eher zu meiden als zu verwenden: bitterer Ernst, überwältigende Mehrheit, fieberhafte Suche, goldener Humor, verheerende Schäden, sonniges Gemüt.

Zeugma
Zwei oder mehrere syntaktisch gleichartige oder ähnliche Ergänzungen zu einem Wort (zum Beispiel Adjektive zu einem Substantiv, Objekte zu einem Prädikat), von denen eine im direkten Sinn, die andere nur im übertragenen Sinn passt: Er scheute werder Kosten noch Mühe. Er verlor erst seine Hose und dann die Fassung. Oder: Er spielte in Berlin den Lear, den Shylock und manche Partie Tennis.

------------------------------------------------------------------------------------------------

Es geht natürlich einfacher mit Hinweis von Gebe: Liste

Entnommen dem Handbuch "Briefe Schreiben" von Thomas Wieke, DuMont monte Verlag, Köln

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden