"Die beste Krankheit taugt nichts" hatte er schon immer mit einem Augenzwinkern gesagt.
Jetzt lag er wieder im Krankenhaus und der Jan war auf dem Weg zu ihm durch das ganze Ruhrgebiet.
Mit der Bahn an den üblichen grauen Mietskasernen entlang, an Schrottplätzen, Ruhrgebietsbahnhöfen und so viel Grün, dass gar nicht so dem Klischee des Ruhrgebiets entspricht, wie es etwa in den "'Schimanski!-Filmen gepflegt wurde.
Ganz oben auf einem Hügel ist das Krankenhaus , in dem er liegt und er liegt auf der obersten Etage der 12 Stockwerke.
Großartig ist der Ausblick aus das Revier von dort oben.
Es ist Sommer und der ganze Pott erscheint von dort oben in einem überaus üppigem Grün.
Durch die Flure geht der Jan zu dem Zimmer, auf dem jemand liegt, der dem Jan am Herzen liegt.
Weit über 80 ist er und er ist sein Vater. Immer schlechter ist der Vater auf den Beinen.
Heute am Sonntag ist der Jan nicht bei der Arbeit .
Er besucht seinen Vater und sein Herz schlägt höher, ihn den Umständen entsprechend "gut" drauf, zu sehen.
Für ihn , den Sohn strahlt der alte Mann immer noch so viel Lebenskraft und Wärme aus.
Sicher hat die Pflegebedürftigkeit den alten Mann auf existenzielle Ansprüche und elementares Denken reduziert, doch trotz allem ist er nicht nur ein alter kranker Mann sondern vor allem Mensch, der Hilfe braucht.
Nur noch das ganz Naheliegende ist für den Vater wichtig.
Zäh ist der alte Mann aber doch und er hat auch in seinem Leiden so manchem Sturm getrotzt.
Jan hält die Hand des alten Mannes und streichelt ihn.
Der alte Mann erzählt von seiner Unzufriedenheit und von seinen Körperfunktionen, die in immer schlechter werden.
Er kann kaum noch laufen und muss viel liegen. Ein Urinbeutel hängt an der Seite vom Bett und er kriegt wieder eine Infusion.
Gar nicht gut gewesen war die letzte Nacht, sagt Jans Vater.
So viele Stunden hatt er wach gelegen und am Morgen hatte die Schwester noch einen Einlauf legen müssen.
So verdammt lang können diese Wochenenden in den Krankenhäusern sein, sagt der Alte und erzählt undeutlich weiter.
Der Jan nickt und ist sich trotzdem nicht sicher , ob er wirklich versteht.
Der Jan schaut auf die Schwestern und bewundert ihre Arbeit.
Die Krankenpflegerinnen haben so viel zu tun und laufen und laufen fast immerzu.
Das sind Menschen, die der Jan hoch achtet.
Sie sind Menschen, die einfach was tun!
Zur Armee war der Jan gegangen und nicht ins Altersheim oder in ein Krankenhaus war der Jan als junger Mann gezogen.
Dabei war das das nicht Mut oder ein Tötungstrieb gewesen, der den Jan dort hin gebracht hatte, sondern er tat es eher, um dem aus dem Weg zu gehen , was die Pflegerinnen im Krankenhaus für seinen Vater taten.
Und auch heute , doch so viele Jahre später gibt es immer noch Menschen, die ander Menschen töten oder schwer verletzen und Andere, die einfach was machen und helfen!
Kommentare 14
Der Jan sollte sich gedrückt fühlen, manchmal.
Denn auch wenn er es nicht weiß, er ist doch ein Leuchtturm, in all der Trostlosigkeit und Einsamkeit, die ihn so oft umgibt.
Danke für deine Texte, rr!
ja, der Jan!..... ich danke auch
auf einem Hügel liegt doch auch die Villa der Krupps? (woher die weltweite Charakteristik für Deutsche "hart wie Kruppstahl"... stammt, ich hoffe, in der Zukunft wird es mal "mitfühlend wie Jan" heissen)
Du machst auch einfach was und berührst durch Deinen einfühlsamen Text. Danke, rr!
Lieber ruhrrot,
auf dem Hügel ist es anscheinend sonniger als im Parkhaus,
aus dem Dein Jan oft erzählt.
Und ich wünsche Dir,
dass es so bleibt.
Herzlichst
archie
Lieber rr,
was sollen hilfeabhängige, geschwächte, gebrechliche Menschen machen, außer "pflichtgemäß":zu berichten wie der alte Mann,, der auf dem Zimmer liegt, zu dem Jan strebt., weil der alte Mann ihm nicht nur als Vater am Herzen liegt:
"Der alte Mann erzählt von seiner Unzufriedenheit und von seinen Körperfunktionen, die in immer schlechter werden.
Er kann kaum noch laufen und muss viel liegen. Ein Urinbeutel hängt an der Seite vom Bett und er kriegt wieder eine Infusion...."
Das erinnert mich an meine uneingestandene Unduldsamkeit, die ich heimlich verstecke, wenn Menschen in epischer Breite im Detail von ihren Gebrechen erzählen.
Verdammt noch einmal, was sollen sie denn sonst tun..
Das soll mir eine Lehre sein.
tschüss
JP
Liebe leeelah,
vielen Dank für den supernetten Kommentar über den ich mich sehr gefreut habe und den ich an den Jan gerne weiterleite. :)
Das werde ich ja wirklich richtig rot ! ;)
Herzliche Grüße
rr
Lieber hibou,
herzlichen Dank. Ich frue mich sehr übver Deine netten Worte.
Herzliche Grüße
rr
Lieber Hermanitou,
vielen Dank für den netten Kommentar. Ich habe mich gefreut.
Herzliche Grüße
rr
Lieber archie,
ich danke Dir für Deinen netten Kommentar. Ich habe mich gefreut.
Ob es sonniger wird?
Mal sehen. ;)
Herzliche Grüße
rr
Lieber Jochen Petrick,
vielen Dank für Deinen supernetten Kommentar. Genauso hatte ich es wirklich gemeint.
Herzliche Grüße
rr
Ein sehr gelungener Text: hat mir gefallen!
Lieber B. V.,
vielen Dank. Freut mich sehr. :)
Herzliche Grüße
rr
Jan ist nicht der einzige, der Verwandte hat, denen es schlecht geht. Cassis Großvater hat irgendwann die nächste Chemotherapie abgelehnt, um zu Hause und nicht im Krankenhaus sterben zu können. Und jetzt geht es der Großmutter so schlecht, dass sie kaum mehr allein zu Hause zurecht kommt und manchmal sogar meint, Cassi sei die kleine Schwester der Großmutter. Dann erzählt sie immer wieder die selbe Geschichte, vom kranken Bruder auf ihrem Fahrradsattel und der Angst pünktlich vor der Sperrzeit zu Hause zu sein und nicht den Amis aufzufallen. Dabei vergisst sie, dass sie essen muss, oder zur Toilette, oder ihre Tabletten zu nehmen und Cassi fühlt sich nach ein paar Tagen ausgelaugt und komplett überfordert. Das merkt die Großmutter natürlich und sagt Cassi, dass sie wohl froh sei, endlich wieder von ihr weg nach Hause zu kommen. Das stimmt und es tut Cassi leid, aber es stimmt nicht, dass Cassi ihre Großmutter nicht leiden kann. Im Gegenteil. Aber manchmal muss Cassi auch an sich selbst denken. Manchmal ignoriert Cassi die Anrufe der Großmutter sogar ganz und sieht in den Augen der Mitmenschen das Unverständnis. Wie kann man die arme alte Frau nur allein lassen? Aber es nützt ihr auch nichts, wenn Cassi sich für die Großmutter aufgibt.
Ich hoffe, Jan fühlt sich verantwortlich, aber nicht zu verantwortlich dafür, dass der Vater zurecht kommt.
Liebe Cassi,
danke für den Kommentar. Natürlich muss man das sehen , wie Du es in Deinem Kommentar schreibst.
Gerne leite ich das an den Jan weiter. :)
Herzliche Grüße
rr