Der Schrei

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Der Wecker hatte auch an diesem Morgen geschellt, doh der Jan hatte ihn nicht gehört.

Zwar hatte er er noch nicht direkt seinen Arbeitsbeginn verschlafen als er aufwachte, aber es war allerhöchste Eisenbahn, um in die Gänge zu kommen.

Wie betäubt auf seinem Futton liegend, war das leichter gesagt als getan.

Die kaum erträgliche Schwere des Zweizentnerkörpers abschütteln und in Bewegung kommen.

Der Fernseher läuft beim Jan auch schon immer am Morgen. Das ist so.

Die Hände an den Lehnen des Stuhls festgekrallt zieht Jan sich mühsam hoch.

Schnell, schnell. Rasieren, ein bißchen und nur leidlich gut.

Für einen Kaffee oder ein hergerichtetes Brot ist keine Zeit mehr.

Das wird dann wieder beim Bäcker gekauft, bedauert der Jan, der nicht gerade viel geld hat und sich das eigentlich kaum erlauben kann.

Raus aus der Wohnung, den Lärm der Hauptstrasse in den Ohren.

Weiter geht es zur Straßenbahnhaltestelle. Ungeduldig wartet der Jan auf die Straßenbahn und meint, dass sich heute morgen wieder alles gegen ihn verschworen hat. - Doch die Straßenbahn kommt und die leichte Paranoia am Morgen lässt nach.

Die Aussteigestation erreicht.

Raus mit der unteren Rolltreppe aus der unteren Unterwelt der U- und Straßenbahn hin zum Parkhaus, das nur etwas höher liegt.

Noch so müde die Knochen und vor allem der Kopf, will der Jan nicht laufen.

Die oberen Rolltreppen funktionieren zur Zeit nicht. Also rein in den Aufzug, der viel zu lange auf sich warten lässt.

Endlich ist er da.

Jan stürzt hinein und der Aufzug fährt wieder hinunter auf das allerunterste Niveau der Haltestelle, an der er ausgestiegen ist.

Der Jan tut etwas, was er schon lange nicht mehr getan hat.

Noch alleine ist er im Aufzug. Er schreit laut, etwas hysterisch und auch etwas unbeherrscht. Es musste raus. Die Spannug war nicht mehr auszuhalten.

Unten steigen Geistig Behinderte ein und der Jan wirft ihnen einen muffigen Blick zu.

Gottlob wird der Jan nicht beachtet.

Jan weiß, dass er die Leute gar nicht meint. Er ist jetzt einfach nur schwer ausstehbar un das vor allem für sich selbst.

Es ist ein Mann und zwei Frauen. Der Mann hat es ebenfals eilig. Er stößt kaum definierbare Laute aus.

Wie beim Jan gerade scheint sich bei ihm jetzt auch was aufzustauen. Eine Frau daneben streichelt dem geistig behindertem Mann die Wangen. Der wird ruhiger.

Der Jan wird ganz ruhig und nachdenklich.

Als der Aufzug oben ankommt, erwischen seinen drei Mitfahrer im Aufzug noch den Bus zu ihrer Werkstatt am Stadtrand. Sie sind froh.

Der Jan versteht sie nur all zu gut und geht jetzt in Ruhe die letzten Meter zu seinem Arbeitsplatz.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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