Die dicke Tonne

Gasometer Was die Werbung einmal vor hatte

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Immer wenn ich von der Arbeit nach Hause komme kann ich von der S-Bahn-Station aus, an der ich wohne , vom Bahndamm aus den Gasometer in Oberhausen sehen. Der ist ziemlich hoch! Circa 117 Meter! Und mit ca. 68 Metern Durchmesser auch ziemlich breit! Ich wohne an der nordwestlichen Stadtgrenze von Essen. Der Oberhausener Gasometer sieht von hier zum Greifen nah aus und ist auf seinem Standort in Oberhausen-Sterkrade doch einige Kilometer weit entfernt.

Irgendwie gehört er für mich zu den "Big Three" der Ruhrgebietssymbole:

1. Essener Zeche Zollverein

2. Das Dortmunder U

3. Der Oberhausener Gasometer

,aber das ist nur meine persönliche Einschätzung und erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit!

Als er ausser Betrieb genommen wurde, was so irgendwann in den 1980ern der Fall gewesen sein soll- in der Hoffnung hier keine Inernet-Ente zu verbreiten- erwog man / frau neben verschiedenen anderen Nutzungsmöglichkeiten als Werbung für eine weltberühmte Cola-Marke einzusetzen.

Solche Gedanken beschäftigten mich als ich neulich von der Spätschicht aus der S-Bahn stieg. Als Landmarke, die der Gasometer von Oberhausen unzweifelhaft darstellt wäre die Webung natürlich weithin sichtbar gewesen. Am Gasometer führt beispielweise eine viel befahrene Autobahn vorbei. Das wäre wirklich ein guter Multiplikatoreffekt für die Werbung gewesen.

Trotzdem finde ich es gut, dass den Bewohnern im westlichen Ruhrgebiet eine solche monströse Werbung erspart geblieben ist. Wenn ich in den Windungen meines Gehirns meinen Gedanken nachgehe komme ich auf der Suche nach dem Grund zu eigenartigen Antworten.

Vielleicht ist der Gasometer in der Relation von Höhe zu Breite für solche eine Webung als riesige Cola-Dose ganz einfach zu dick, was vielleicht nicht sexy genug für die Werbung gewesen wäre.

Schlankheit ist ja trotz des vielen Zuckers im Getränk Kult in der Cola-Werbung, was sich zum Beispiel an der Form der Flaschen erkennen und erfühlen lässt, die ja bei der berühmtesten Flasche der Firma irgendwie einer schlanken Frau nachempfunden sein soll. (Ich denke jetzt an die weltweit bekannteste Cola Marke.)

So eine dicke Tonne wie der Oberhausener Gasometer könnte sich somit für die Cola-Werbung verboten haben, aber vielleicht ist ja auch alles ganz anders.

Ich habe bestimmt an die 50 Bücher über das Ruhrgebiet, aber mit dem Lesen tue ich mich dann doch öfters schwer.

Auch eine DIN-A4 -mäßige Veröffentlichung über den Oberhausener Gasometer vom KLARTEXT-Verlag nennt sich mein eigen. Wenn ich nur mal drin lesen würde. Die bunten Bilder in diesem "Prospekt" habe ich jedenfalls durchgeschmöckert. Da waren vor allem die Ausstellungen im Gasometer das Thema. Die vielen kleinen Tonnen des Künstlers Christo, die zu einem großen Berg gestapelt waren und so.

Solchen Gedanken nachhängend ging ich den Fußweg entlang den Bahndamm herunter und starrte bei den kalten eisigen Temperaturen des soeben angefangenen Winters auf den Boden um nicht auszurutschen.

Auf dem Boden des Weges den ich ging, glitzerten Hunderttausende von kleinen Eiskristallen wie Sternchen und verzauberten meine Stimmung.

Das waren Mikrosternchen , die mit den Sternen aus der Werbung nichts mehr zu tun hatten und mir die Schönheit des Winters zeigten, auch wenn ich diese Kälte eigentlich nicht mag,aber mit der richtigen Kleidung lässt sich ja so Einges ertragen.

Langsam entfernte sich der Gasometer wieder aus meinem Bewusstsein, aber als riesige rote Cola-Dose hätte es mich wirklich vor dem Gasometer gegraust.

In seiner industriemässig netallgrauen Farbe die der Gasometer hingegen jetzt hat ist er -so simpel seine zylindrische Form auch sein mag - für mich ein wirkliches Juwel des Ruhrgebiets.

In der Nacht ist er sehr dezent beleuchtet und erinnert er an die industrielle Vergangenheit dieser Industrielandschaft in der ich wohne.

Jeder Versuch aber die vergangenen Zeiten zu glorifizieren würde nur von einer Unkenntnis des Ruhrgebiets zeugen.

Es war eben so wie es war und ist heute so wie es heute eben ist und verbessern lässt sich immer was.

Traurig wäre es jedenfalls wenn dies nicht mehr versucht würde.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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