Die Enden der Parabel- Panda im Pynchon (75-110)

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Puuh, endlich auch im dreistelligen Bereich gelandet. Ächz.

Der Panda Michael mit seinem abgewetzten Plüschbauch hat mich als Panda-Fan zum Weiterlesen animiert:

"Sie streckte den Arm aus, eine blinde kleine Hand streift über den tickenden Wecker, den abgewetzten Plüschbauch von Panda Michael, die leere Milchflasche, in der trockene, purpurrote Blüten von einem Euphorbienstrauch aus einem Garten eine Meile weiter stecken: tastet sich bis zu der Stelle, wo die Zigaretten sein sollten , aber nicht sind. " (S.88)

Eine Pandamanie hatte es schon im London der dreissiger Jahre gegeben, angefacht von einer Frau und Zoologin, die einen armen bedauenswerten kleinen Panda gefangen hatte und diesen immer mit sich führte.

Das war vielleicht ganz niedlich anzusehen, aber nicht gerade artgerecht.

So starb das arme kleine Pandabärchen bald.

Der Panda Michael eine Erinnerung an die Zeiten der Pandamanie und dann der Name Michael.

Immerhin nach dem Namen des Erzengels Michael benannt, der die Taten der verstorbenen Menschen auf der Seelenwaage beurteilen soll mit keiner geringen Bedeutung in der britischen Weltanschauung.(wikipedia)

Zu weit hergeholt? ;)

Ist es wohl, aber Pynchons Text ist mit Sätzen beladen, die Möglichkeiten zum Aufbau ganzer Welten aus Assoziationen führen können, die natürlich nicht immer richtig sein müssen.

Netze von Raketen-Einschlägen, Poisson-Verteilungen.

Das Unglück der mörderischen Raketeneinschläge wird aus der Perspektive einer neutralen, auf den emotionalen Menschen kühl wirkenden Mathematik betrachtet, auch wenn es sich um eine Raketentechnik handelt, die trotz ihrer monströsen kriminellen Inhumanität längst noch nicht punktgenau war, so wie es die modernen Raketenmonster aus den Raketensilos der aktuellen Welt, in der wir leben, sind.

...und doch töten diesen modernen Raketen-Monster nicht punktgenau , wie es uns die Handwerker des Krieges einzureden versuche, sondern werden genau so menschenverachtend und wegen der Atomsprengköpfe noch viel weitreichendender in ihrer unmenschlichen Grausamkeit, die ihrer Wirkung zugrunde liegt als fliegende Maschinen, die nur den Zweck haben zu töten als furchtbare Massenvernichtungswaffen eingesetzt, wenn wir nicht alle wach bleiben!

Die allgegenwärtige Bedrohung durch den Überschallschrecken von oben reicht aber auch schon 1944 aus, mit mathematischen Methoden ein Netz des Schreckens zu konstruieren, aus dem die Kinder evakuiert werden müssen und in dem auch der Kuss im Kino zum letzten Kuss vor dem Tod werden kann und wohl auch wurde.

Wie mag die Poisson-Verteilung der Autounfälle oder der plötzlichen Herzaussetzer oder der Tode durch Unterernährung in der modernen und angeblich ach so friedlichen globalen Welt wohl aussehen?

Schon eine scheiß Welt, dieses London im Jahre 1944 .

Da kann man schon mal ins Klo eintauchen und den Weg der Exkremente nachverfolgen.

Entgegen meinen sonstigen Erfahrungen hat das beim Pynchon keinen Würgereiz bei mir verursacht.

Nur all zu menschlich in so einer Welt mit dem Kot mitzufühlen und seinen Weg durch die Abflußrohre zu verfolgen.

Der Text ist Teil eines Projektes:

Wir lesen gemeinsam Thomas Pynchons „Die Enden der Parabel“.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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