Puuh, endlich auch im dreistelligen Bereich gelandet. Ächz.
Der Panda Michael mit seinem abgewetzten Plüschbauch hat mich als Panda-Fan zum Weiterlesen animiert:
"Sie streckte den Arm aus, eine blinde kleine Hand streift über den tickenden Wecker, den abgewetzten Plüschbauch von Panda Michael, die leere Milchflasche, in der trockene, purpurrote Blüten von einem Euphorbienstrauch aus einem Garten eine Meile weiter stecken: tastet sich bis zu der Stelle, wo die Zigaretten sein sollten , aber nicht sind. " (S.88)
Eine Pandamanie hatte es schon im London der dreissiger Jahre gegeben, angefacht von einer Frau und Zoologin, die einen armen bedauenswerten kleinen Panda gefangen hatte und diesen immer mit sich führte.
Das war vielleicht ganz niedlich anzusehen, aber nicht gerade artgerecht.
So starb das arme kleine Pandabärchen bald.
Der Panda Michael eine Erinnerung an die Zeiten der Pandamanie und dann der Name Michael.
Immerhin nach dem Namen des Erzengels Michael benannt, der die Taten der verstorbenen Menschen auf der Seelenwaage beurteilen soll mit keiner geringen Bedeutung in der britischen Weltanschauung.(wikipedia)
Zu weit hergeholt? ;)
Ist es wohl, aber Pynchons Text ist mit Sätzen beladen, die Möglichkeiten zum Aufbau ganzer Welten aus Assoziationen führen können, die natürlich nicht immer richtig sein müssen.
Netze von Raketen-Einschlägen, Poisson-Verteilungen.
Das Unglück der mörderischen Raketeneinschläge wird aus der Perspektive einer neutralen, auf den emotionalen Menschen kühl wirkenden Mathematik betrachtet, auch wenn es sich um eine Raketentechnik handelt, die trotz ihrer monströsen kriminellen Inhumanität längst noch nicht punktgenau war, so wie es die modernen Raketenmonster aus den Raketensilos der aktuellen Welt, in der wir leben, sind.
...und doch töten diesen modernen Raketen-Monster nicht punktgenau , wie es uns die Handwerker des Krieges einzureden versuche, sondern werden genau so menschenverachtend und wegen der Atomsprengköpfe noch viel weitreichendender in ihrer unmenschlichen Grausamkeit, die ihrer Wirkung zugrunde liegt als fliegende Maschinen, die nur den Zweck haben zu töten als furchtbare Massenvernichtungswaffen eingesetzt, wenn wir nicht alle wach bleiben!
Die allgegenwärtige Bedrohung durch den Überschallschrecken von oben reicht aber auch schon 1944 aus, mit mathematischen Methoden ein Netz des Schreckens zu konstruieren, aus dem die Kinder evakuiert werden müssen und in dem auch der Kuss im Kino zum letzten Kuss vor dem Tod werden kann und wohl auch wurde.
Wie mag die Poisson-Verteilung der Autounfälle oder der plötzlichen Herzaussetzer oder der Tode durch Unterernährung in der modernen und angeblich ach so friedlichen globalen Welt wohl aussehen?
Schon eine scheiß Welt, dieses London im Jahre 1944 .
Da kann man schon mal ins Klo eintauchen und den Weg der Exkremente nachverfolgen.
Entgegen meinen sonstigen Erfahrungen hat das beim Pynchon keinen Würgereiz bei mir verursacht.
Nur all zu menschlich in so einer Welt mit dem Kot mitzufühlen und seinen Weg durch die Abflußrohre zu verfolgen.
Der Text ist Teil eines Projektes:
Wir lesen gemeinsam Thomas Pynchons „Die Enden der Parabel“.
Kommentare 10
Lieber ruhrrot,
Klasse. Witzig und dann wieder sehr ernst und beeindruckend, Deine literarischen Impressionen. Man entdeckt Seiten an Dir, also nee.
Hat mir nebenher auch geholfen zu eigenen Überlegungen.
Nicht nachlassen.
Nee, ich hatte auch keinen Würgereiz beim Tieftauchen. Ich war eher erstaunt, wieviel Afterpoesie diesen "letzten Dingen" zugewendet wird.
Der Autor ist hier wie ein fröhliches Kind, das ja auch mit seinen eigenen Exkrementen spielt. Aber eben nicht nur spielt, es ist immer alles so schnell bitterer Ernst.
Na, denn bis zum nächsten Pynchon. Ich bin in Verzug aus mancherlei Gründen.
Liebe Magda,
vielen Dank. Das hat mich sehr gefreut. ;)
Wir sehen uns ......
Tschüßi
rr
;)
Na wer weiß das schon, ob das mit dem Bären nicht stimmt. Denn warum würde Pynchon dem Panda "Michael" nennen? Ich finde das schon Klasse: Ich hatte das mit dem Panda glatt überlesen! Selektive Wahrnehmung, ganz menschlich.... Deshalb finde ich es ja so Klasse, dass wir den "Brummer" gemeinsam lesen.
Beste Grüße,
O.W.
Lieber Onkel Wanja,
mir geht es genauso. Vielen Dank.:)
Das mit der Frau und dem Panda stimmt wirklich. Ich habe nicht recherchiert., das aber mal im Fernsehen gesehen. Die ist sogar mit dem kleinen PaNDABÄRCHEN ZUSAMMEN KUTSCHE GEFAHREN UND ALLE LEUTE HABEN GEGUCKT:
Letztlich hat es dem armen Bärchen leider das Leben gekostet.
Heute will ich im Pynchon noch weitermachen. Ich habe heute frei.
Herzliche Grüße
rr
Hallo ruhrrot, die Geschichte mit dem Panda kannte ich nicht, ich habe es für eine Phantasie des Autors gehalten, auch wenn mir diese Passage gefallen hat wegen tiefer humaner Züge.
Die Reise in die Kanalisation war lehrreich, ich habe noch nie zu einem solchen, ja eigentlich unappetlichen Thema eine so lange, sprachlich differenzierte und ausgefeilte Textpassage gelesen. Da zeigt sich das Talent des Thomas Pynchon, mit Worten zu spielen.
liebe Grüße
Rolf
Vielen Dank, lieber ruhrrot,
für die Pandamanie,
aber auch für die anderen Aspekte
Deines reich bestückten Lesestücks!
Herzlichst
archie
Lieber Rolf,
wahrscheinlich ist es auch eine Phantasie des Autors und auch das mit den tiefen humanen Zügen in dieser Passage sehe ich genauso.
Die Reise durch des Kots durch die Kanalisation hast Du auch aus meiner Sicht sehr treffend beschrieben. Das habe ich ganz genau so gesehen . Danke.
Herzliche Grüße
rr
Lieber archie,
vielen Dank für den netten Kommentar über den ich mich sehr gefreut habe,
Herzliche Grüße
nach Berlin und Quedlinburg
rr
ich danke auch vielmals und schliesse mich puncto Klasse Magda an!!
Lieber hibou,
danke. Ich freu mich. :)
Herzliche Grüße
rr