Hartz IV: Zum Beispiel fehlende Grundmobilität

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Ich habe kein Auto. Normalerweise hole ich mir immer eine Monatsfahrkarte. Ich bewege mich im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Das ist ein relativ weites Gebiet, dass diese Koopoeration von Verkehrsunternehmen umfasst. Im Westen geht es bis fast an die holländische Grenze, im Osten bis nach Hagen, im Süden bis nach Solingen und im Norden ist erst immerhin kurz nach Recklinghausen Schluß. Mit Düsseldorf, Dortmund, Duisburg und Essen fallen mir alleine aus der Erinnerung vier Städte ein, die über eine halbe Millionen Einwohner haben und die gleichzeitig an den VRR angeschlossen sind.

Diesen Monat habe ich mir keine Monatskarte gekauft. Ich habe es zur Arbeit nicht weit und bin erst relativ spät in die Gänge gekommen überhaupt an die Monatsfahrkarte mit der üblicherweise von mir gewählten Tarifklasse Ticket 2000 A zu denken. Aufeinmal war es schon der 6 Oktober oder so und ich habe angefangen, zu rechnen. Irgendwie schien sich die Monatskarte für mich nicht mehr zu rentieren. Nun hat das Ticket 2000 aber einige schöne Vorzüge. Das ganze Wochenende gibt es ohne Aufpreis die volle Bewegungsfreiheit im ganzen VRR-Gebiet. Eine Konstante, die ich in meiner Rechnung vergessen habe, die aber eine Stütze meiner gern gemachten Ausflüge am Wochenende ist. In der letzten Zeit war durch die Arbeit oft mein Wochenende zugebaut gewesen und vielleicht war das ein Grund, warum ich diese Konstante der Bewegungsfreiheit am Wochenende in meiner Kalkulation vernachlässigt habe.

Meine Welt ist diesen Monat klein geworden. So etwa ein Radius von etwa 2,5 km, wenn mich mein Freund am Wochenende nicht mal im Auto mitnimmt. Zwar komme ich zur Zeit mit dieser kleinen Welt klar, aber es fehlt der Horizont.

Jetzt denke ich an die Hartz IV-Empfänger in Essen und ihre etwa 350 €, die sie im Monat zur Verfügung haben. Wenn ich wieder Hartz IV bekommen würde, könnte ich von der mir lieb gewonnen Monatsfahrkarte nur träumen. Dann würde mir wieder dauerhaft ein Stück Lebensqualität fehlen.

DIE LINKE hat versucht, im Essener Stadtrat eine Monatsfahrkarte durchzusetzen. Mangels guten Willens anderer Seiten ist es dann gescheitert. Es war ein Eiertanz. Nur wenn es die Stadtkasse nicht zusätzlich belasten würde, könne man das eventuell machen, hieß es. Natürlich ist es unter so einer Prämisse letztendlich nicht durchzusetzen gewesen, was für die Hartz IV -Empfänger sehr schade ist. Es ist eine Ausgrenzung von einer Art Grundmobilität, die heute jeder Mensch braucht, ob er nun gerade einen Job hat oder nicht.

Es braucht intelligente Lösungen um den Hartz IV- Empfängern das Leben leichter zu machen.

Leuten, die Arbeit suchen wird oft vorgeworfen, das nicht können gleich nicht wollen ist. Oft ist dieser Vorwurf vollkommen ungerechtfertigt und dient nur dazu, den Druck auf die Arbeitslosen zu erhöhen.

Hier soll dieser Vorwurf - mal gerechtfertigt- bei einer vergleichbar guten Sache wie Arbeit suchen an die Macher von Hartz IV in allen Orten in Deutschlands wo den Hartz-IV Empfängern die fehlende Grundmobilität verweigert wird, zurückgegeben werden.

(Ausserdem ist mir wie auch aus der Überschrift ersichtlich klar, dass dies nur ein Beispiel für eine schmerzhafte Einschränkung ist, denen die Hartz-IV Empfänger unterliegen. Zum Beispiel bleibt Ihnen für die Teilnahme am öffentlichen kulturellen Leben genausowenig Spielraum wie hier für die Grundmobilität beschrieben.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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