Rechtsherum den Schlüssel bis zum Anschlag gedreht und die Tür ist zu. Ist sie das wirklich? Lieber sollte ich das nochmals,überprüfen denkt Jan, der in der gewerblichen Tiefgarage als Aufsicht arbeitet und zieht an der Tür. Bald ist Feierabend, denkt Jan und sehnt sich danach endlich fertig zu werden. Die Tür bewegt sich auch beim erneuten Ziehen am Türgriff nicht. Das könnte ja auch sein, dass ich die Tür nicht richtig nachgeprüft habe und er zieht noch mals an der Tür und wieder und wieder und wieder und immer wieder. Die Tür scheint geschlossen zu sein, denkt er endlich und will weitergehen. Er geht zur nächsten Tür weiter, aber beim Laufen hält inne. Das kann ja sein, dass die 'Tür doch nicht richtig abgeschlossen ist und er geht zur soeben zehnfach kontrollierten Tür zurück und zieht wieder an dem Griff. Die Tür lässt sich nicht öffnen. Er ist langsam erregt und kann endlich aber nur sehr gequält von dieser verfluchten Tür ablassen, es sind ja noch acht andere Türen abzuschliessen, bei denen es wohl nicht besser laufen wird. Er ist beim Arzt in Behandlung und Jan weiß, dass das Geduld braucht. Brav nimmt er seine Antidepressiva, die gegen so etwas helfen sollen. Jan ist froh, dass er alleine arbeitet und das es abends eine Stunde vor Mitternacht keine Zuschauer gibt, die das sehen und sich darüber lustig machen könnten. Er leidet, aber das Schließen und die Kontrolle sind auch eine Lust und ein Ersatz für etwas Anderes, dass irgendwann mal in ihm zerbrochen ist. Er will es wieder zusammenfügen, aber das braucht seine Zeit.
Heute zu Schichtbeginn war sein Vorgänger Theo im Parkhaus zu Besuch gewesen, den er bis dahin noch nie kennengelernt hatte. Dem fehlten vorne ein paar Zähne. Der Theo, erzählten die anderen Kollegen von Jan, die ihn noch bei der Arbeit erlebt hatten, war immer ganz fleißig. Der nahm jede Schicht mit, die er bekommen konnte, aber zum Schluß war er ein wenig sonderbar, denn da ist er am Samstag im Schlafanzug bei der Arbeit durch das Parkhaus gelaufen. Irgendwann ging es dann nicht mehr.
Der gut aussehende Erwin, der recht eitel ist, machte einen Witz oder so was Ähnliches. Bei den vielen Autoabgasen im Parkhaus würde es ihnen sicher allen genauso ergehen. Laut hatte die lustige Parkwächterrunde bei Schichtwechsel darüber gelacht, nur Jan konnte nicht mit lachen. Weil er keine Spaßbremse sein wollte tat er aber so, als ob er das auch lustig finden würde.
Kommentare 15
Sehr gelungene Schilderung eines heiklen Themas. Einer meiner Nachbarn hat - trotz dem, was man einen "besseren" Beruf nennen würde, ebenfalls so einen Tick. kann nicht das Haus verlassen, ohne 5 mal an der Türe gerüttelt zu haben und steckt bisweilen auch ein zweites mal den Schlüssel hinein um zu sehen, ob er wirklich abgeschlossen hat. Solche Kleinigkeiten zeigen, in wie vielen Bereichen es krankt.
Lieber schlesinger,
vielen Dank für den netten Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe.
por
Der Jan wird immer vielschichtiger. Hast Du die Figur schon so angelegt, oder tust Du nach und nach etwas hinzu?
Er kontrolliert, ob die Tür verschlossen ist, das ist sein Job, aber er hofft, dass sie offen ist, das wäre sein Leben ;)
Zwangsstörung. Das muss für den Betroffenen eine ziemliche Last sein. Manchmal hat man ja selbst so Ansätze davon, aber eben immer nur Ansätze.
"Er leidet, aber das Schließen und die Kontrolle sind auch eine Lust und ein Ersatz für etwas Anderes, dass irgendwann mal in ihm zerbrochen ist. Er will es wieder zusammenfügen, aber das braucht seine Zeit." - Sehr plastisch diese Schilderung.
zwangsstörung oder -neurose, oder der rückversicherertick, ähnlich des tunnelblicks, und man muß aufpassen, nicht "durchzubrennen", ehe professionelle hilfe vor ort ist - eine dichte alltagsbeobachtung, ganz gleich, ob nun fiktiv oder real, ich denke, es gibt eine menge leute, die solche symptome aufweisen, daran leiden ...
Lieber por,
dieses Parkhaus scheint noch eine Menge Überraschungen zu bergen, auch auf die nächsten bin ich gespannt!
Lieber meisterfalk,
vielen Dank für den Kommentar. Es kommt noch was hinzu.
Herzliche Grüße
por
Lieber streifzug,
ja so in etwa. :O)
por
Liebe magda,
schön sind solche Störungen nicht. Das man selbst manchmal was davon hat, kenne ich auch.
Herzliche Grüße nach Berlin
Grüß mir den Pandabären
por
Liebe jayne,
herzlichen Dank für den netten Kommentar, übrt den ich mich sehr gefreut habe. Das mit den Auffpassen vor dem "Durchbrennen" ist wohl wirklich sehr wichtig.
Herzliche Grüße
por
Lieber archinaut,
herzlichen Dank für den Kommentar, Ich habe mich wirklich gefreut.
por
"schön sind solche Störungen nicht. Das man selbst manchmal was davon hat, kenne ich auch."
Das ist ein Missverständnis.
"man hat etwas davon" - bedeutet hier, dass man (ich)
manchmal Ansätze dieser Störung an sich selbst beobachtet. Der unterschiedliche Sprachgebrauch verwirrt.
Der Pandabär hat auch nichts von mir. :-))
"schön sind solche Störungen nicht. Das man selbst manchmal was davon hat, kenne ich auch."
Nee, das ist ein Missverständnis sprachlicher Art. "Was davon haben" meint hier, dass man manchmal an sich selbst solche Symptome und Ansätze zum Kontrollwahn entdeckt.
Ich grüße den Pandabären, aber auch nur von fern.
Liuebe Magda,
sorry. Ich habe mich blöd aus gedrückt. Ich meite das Gleiche wie Du. Ich kenne solche Symptome auch.
Herzliche Grüße aus dem Ruhrgeniet
por