Staunende Satz-Schwärmerei

Philosophie Kennen Sie das auch? Sie hören irgendwo und irgendwann mal einen tollen Satz und gelegentlich taucht er immer wieder auf , bis Sie ihn in einem Buch entdecken.

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Mein Lieblings-Satz stammt von einem der Kirchenväter. Petrarca zitiert in seinem berühmten Brief über die Besteigung des Mont Ventoux (26.4.1336) diesen Satz des Kirchenvaters Augustinus.

Der Satz heisst:

"Da gehen die Menschen hin und bestaunen die Gipfel der Berge , die ungeheuren Wogen des Meeres, das gewaltige Strömen der Flüsse, die Größe des Ozeans und die Kreisbahnen der Sterne, aber sich selbst vergessen sie."

(Augustinus, Bekennntisse, Eine Auswahl, Reclam ,2013, Was bedeutet das alles?, Reclam-Universalbibliothek NR. 19062,Herausgeber Burkhard Mojschich, Übersetzer: Kurt Flasch, S.55, Zehntes Buch, Abschnitt15)

In meiner Erfahrungswelt habe ich diesen Satz zum erstenmal im Fernsehen gehört, in einer Doku auf ZDF-info über einen Menschen im späten Mittelalter an der Schwelle zur Neuzeit , der Reisender war und die Alpen überquert hat.

In der Sendung nimmt er bei der Alpenüberquerung Bezug auf diesen Satz und denkt an Petrarca, der diesen berühmten Satz von Augustinus in seinem Brief über die Besteigung des Mont Ventoux auftauchen lässt.

Dieser mittelalterliche Reisende in der Sendung war in Sachen Karten unterwegs, die damals für den Handel sehr wichtig waren.

Ich kann nicht viel eigenes Denken über diesen Satz anbieten .

Ich liebe ihn , aber eben anders als mein viel geliebtes "Urghs" oder das "Schnüff" aus den Comics.

In meiner kleinen Welt komme ich trotz moderner Verkers mittel in der Regel nicht oft zu den "Gipfeln der Berge" oder zu den "großen Ozeanen" und die "Kreisbahnen der Sterne (Planeten)" erreiche ich nur in meinem Denken und auch wenn ich in die Stadt gehe, ist in der Regel bei der Buchhandlung Endstation.

Bei den Schulbüchern in der Reclam-Abteilung stiess ich dann auch diese kleine Heftchen-Sammlung von Reclam mit dem Titel: "Was bedeutet das alles?"

Es geht um Philosophie. Ich will hier auch nicht hochstapeln und vorgeben , dass ich ganz geil auf Literatur gewesen bin bei dessen Lektüre mir in der Regel eher das Hirn zerbricht, aber die Besteigung des Mont Ventoux von Petrarca las ich dann doch in der Buchhandlung.

Diese Heftchen ist für 5 Euro wirklich sehr dünn.

Auf Seite 23 entdeckte ich meinen umschwärmten Satz.

Zuerst dachte ich , dass er von Petrarca sei, weil er halt in diesem Brief auftaucht. Da kann das Lesen der Fußnoten ungemein hilfreich sein.

Die Fußnote im Petrarca-Heftchen zu diesem Satz wies auf Augustinus hin.

Petrarca soll schon damals im Mittelalter immer ein Exemplar der Bekennntisse von Augustinus als Taschenbuchausgabe bei sich gehabt haben.

Ich vermute mal , dass diese Taschenbücher im Mittelalter viel grösser als heutige Taschenbücher waren.

Da ich es auch nicht so dicke habe und daher das bereits im Geschäft durchgelesene Petrarca-Heftchen nicht kaufen wollte, aber den schönen Satz von Augustinus unbedingt gedruckt haben wollte, forschte ich in dem etwas dickeren Augustinus (354-430 n Chr.)-Heftchen weiter nach dem Satz.

Da ich in so was gar nicht so geübt bin überlas ich ihn erst.

Als ich ihn dann doch las freute ich mich und kaufte mir das Augustinus-Heftchen für 5 Euro.

Warum ich diesen Satz so mag?

Die Sprache klingt so schön und so gewaltig , wenn Augustinus über die Wunder der Natur schreibt.

All diese Wunder der Natur scheinen mir dabei fast auf einmal in den Sinn zu kommen.

Schwierigkeiten habe ich mit der Satz-Stelle, dass die Menschen sich dabei vergessen , wenn sie all diese Herrlichkeiten der Natur aufsuchen oder bestaunen.

Ich habe in meinem Leben auch schon schöne Fleckchen Erde gesehen, aber , dass ich mich dabei selbst oder andere Menschen vergesssen habe, kam mir dabei nicht in den Sinn.

Woran das liegt weiss ich nicht.

Vielleicht ist die Menschheit seit dem Mittelalter wenigstens in dieser Beziehung ja schon einen Schritt weitergegangen und betrachtet heute das Ansehen und Bestaunen dieser Dinge der Natur als ihr selbstverständliches Recht, auch wenn sie in den Städten und auch auf dem Land die Natur durch Bautätigkeiten, die für moderne Industriegesellschaften andererseits wiederum höchst notwenig sind , immer wieder kaputt macht.

So richtig aufgelöst habe ich den Satz wohl nicht, aber ich liebe ihn trotzdem.

Quelle:

(Augustinus, Bekennntisse, Eine Auswahl, Reclam ,2013, Was bedeutet das alles?, Reclam-Universalbibliothek NR. 19062,Herausgeber Burkhard Mojschich, Übersetzer: Kurt Flasch, S.55, Zehntes Buch,15,Abschnitt15)

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Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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