Ein blutiges Geschäft

Waffen Exporte in Spannungsgebiete nehmen zu. Der Grund dafür sind hohe Renditen – der Preis dafür: der Tod von Menschen

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Ein blutiges Geschäft

Foto: imago images / photothek

Waffenexporte in Spannungsgebiete

Von Klaus Moegling

Der militärisch-ökonomische Komplex (1)

Zurzeit wächst die Zahl der globalen militärischen Bedrohungen, der Kriege und gewaltsam ausgetragenen Konflikte in einem globalen Ausmaß. Afghanistan, Libyen, Jemen, Indien/ China, Pakistan/ Indien, Venezuela, Syrien, Somalia, Israel/ Palästina, Nigeria, Mali, Mexiko, Ukraine, Belarus, Türkei/ Kurden, Republik Kongo, Myanmar …. Überall wird gekämpft, gestorben, werden Menschen erschossen, von Bomben zerfetzt.

Oft stehen Großmächte wie die USA und Russland, aber auch Regionalmächte wie Saudi Arabien, der Iran oder die Türkei hinter Kriegen und bewaffneten Konflikten. Dementsprechend werden Stellvertreter-Kriege ausgetragen, wie in Libyen oder im Jemen. Manchmal treten die hochgerüsteten Staaten auch selbst in Kriege ein, wie z.B. die USA, Russland und die Türkei in Syrien oder insbesondere die NATO-Staaten in Afghanistan.

Ein Export von Rüstungsgütern und insbesondere von Waffen in Spannungsgebiete kann daher als moralische Bankrotterklärung der genehmigenden Regierungen sowie der produzierenden und exportierenden Unternehmen angesehen werden, denn sie sind Brandbeschleuniger in militärischen Konflikten vor allem zu Lasten der Zivilbevölkerung.

Hierbei sollen unter der Bezeichnung ‚Spannungsgebiete‘ alle Staaten und Regionen gemeint sein, in denen entweder zwischenstaatliche Kriege, asymmetrische Konflikte sowie massive staatlich organisierte Menschenrechtsverletzungen und staatlich organisierter Terror sowie Bürgerkriege drohen oder bereits existieren.

Zu den ökonomischen Motiven des Rüstungsexportes auch in Spannungsgebiete lässt sich feststellen, dass die Rüstungsindustrie wachsende Renditen verzeichnet, steigende Aktienkurse notiert, bei Anlegern besonders nachgefragt ist und sich auch in Krisenzeiten in einem sicheren Verwertungszusammenhang befindet. (2) Hier geht es also um die Gier nach Renditen und die Versorgung der Anteilseigner über die Mehrwertabschöpfung in der Rüstungsindustrie.

Die genehmigenden Politiker_innen wiederum geben vor, Arbeitsplätze und Technologietransfer sichern zu wollen, haben z.T. ebenfalls ökonomische Interessen (‚Drehtüreffekt‘), stehen unter dem massiven Lobbydruck der Rüstungsindustrie, passen sich opportunistisch vorherrschenden Machtkonstellationen an und handeln aus dem Kalkül geostrategischer Interessen heraus.

Der damals scheidende US-Präsident Dwight D. Eisenhower – als Republikaner wahrlich kein politisch links stehender Kritiker des Systems – warnte bereits 1961 in einer Fernsehansprache vor dem militärisch-industriellen Komplex, der aus seiner Sicht dabei sei, die demokratische Staatsform mit seinem Einfluss zu unterlaufen. Zu diesem Komplex gehören Industrielle, Politiker, Militärs und alle, die von der Produktion und dem Handel von Waffen ökonomisch profitieren. Eisenhower warnte eindringlich vor dem entdemokratisierenden Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes:

„In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the militaryindustrial complex. The potential for the disastrous rise of misplaced power exists and will persist.

We must never let the weight of this combination endanger our liberties or democratic processes.“ (3)

Offiziell positioniert sich jeder politisch Verantwortliche, Wähler wirksam, gegen die Waffenexporte in Spannungsgebiete, da die nationale und internationale Rechtslage bzw. entsprechende Verordnungen hier inzwischen öffentlich wahrnehmbare Barrieren markieren. Auch sind Waffenexporte in Spannungsgebiete nicht populär. Die überwiegende Mehrheit (mehr als drei Viertel) der deutschen Bevölkerung lehnt Waffenexporte in Spannungsgebiete ab. (4)

Neben den ökonomischen Motiven spielen geopolitische Motive beim Waffenexport eine Rolle. Waffen bekommen vor allem diejenigen, von denen sich die genehmigenden Politiker im Falle ihres militärischen Sieges einen Vorteil erhoffen. Es wird hier zwischen den ‚Guten‘ und den ‚Bösen‘ unterschieden und dies kann dann sehr schnell wechseln (Taliban, Saddam Hussein …). Manchmal werden sogar beide gegeneinander kämpfende Kriegsparteien mit Waffen versorgt, wenn deren geostrategische Schwächung dem Interesse der Waffen liefernden Nationen entspricht. Die Waffenlieferungen sowohl an den Iran als auch an den Irak von Seiten der USA und auch der damaligen UDSSR während des ersten Golfkriegs sind ein Beispiel hierfür. Das zynische Kalkül, beide Seiten zu schwächen, ließ einen Krieg eskalieren, dem etwa eine Million Menschen zum Opfer fielen. (5)

Die Ansprüche der deutschen Bundesregierung

Die Beschränkungen des Waffenexports aus Deutschland in andere Staaten beziehen sich zunächst auf das grundsätzliche Friedensgebot des Artikels 26 (1) und der Ansprüche des Artikels 26 (2) des deutschen Grundgesetzes, in dem die Herstellung von Waffen und der Waffenexport als genehmigungspflichtig deklariert werden („Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit der Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden.“ (GG Art. 26 (2)).

Im geltenden Koalitionsvertrag von 2017 beruft sich die Bundesregierung u.a. auf den UN-Vertrag zur Kontrolle des Waffenhandels ‚Arms Trade Treaty‘ (ATT), den die Rüstungsexporte beschränkenden ‚Gemeinsamen Standpunkt des Rates‘ der EU, das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) und legt für sich restriktiv hinsichtlich des Waffenexports fest:

„Die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland spielt bei der Entscheidungsfindung eine hervorgehobene Rolle. Wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die zu liefernden Rüstungsgüter zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden, wird eine Genehmigung grundsätzlich nicht erteilt.“ (6)

Neben der Einhaltung der Menschenrechte ist das zweite entscheidende Kriterium die Frage nach der friedenspolitischen Zuverlässigkeit bzw. der Gefährdung des zwischenstaatlichen Friedens durch das Empfängerland:

„Nach § 6 KrWaffKontrG besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für die Ausfuhr von Kriegswaffen. Diese ist zwingend zu versagen, wenn die Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung verwendet, völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt werden oder aber der Antragsteller nicht die für die Handlung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.“ (7)

Eigentlich sind diese Regelungen genügend restriktiv und verantwortungsvoll formuliert. Allerdings kritisiert Wolf-Dieter Vogel, dass diese Formulierungen eher Ansprüche und keine rechtlich verbindlichen Regelungen darstellen („Die deutschen Rüstungsexportrichtlinien sind nicht rechtsverbindlich“ (8)). Diese Kritik lässt sich m.E. zwar auf den Koalitionsvertrag sowie auf den Bundesexportbericht beziehen, aber weder auf das AWG noch auf das KrWaffKontrG, die Gesetzescharakter besitzen und auf deren Grundlagen im Falle von Verstößen die Strafverfolgung eingeleitet werden kann bzw. müsste.

Der offizielle Weg zu einer Waffenexportgenehmigung sieht eine Voranfrage eines Rüstungsunternehmens bei dem Ministerium für Wirtschaft und Energie über die Möglichkeit eines Waffenexports bzw. Exports von Rüstungsgütern vor. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), eine Oberbehörde des Bundeswirtschaftsministeriums, ist an der Kriegswaffenkontrolle beteiligt, dem regelmäßig Kriegswaffenbestände und Bestandsveränderungen zu melden sind. Maßgeblich für die Genehmigung einer Voranfrage ist – neben einer politischen Einschätzung des Empfängerlandes – eine lange und detaillierte Waffenliste, die definiert, welche Gerätschaften der Exportkontrolle unterliegen (Ausfuhrliste zur Außenwirtschaftsverordnung (2018)). Falls die Voranfrage eines Rüstungsunternehmens abschlägig beschieden wird, wird das Projekt zumindest auf diesem offiziellen Weg in der Regel nicht weiter verfolgt. Wird die Voranfrage positiv beschieden, dann kommt der beantragte Waffenexport bei entsprechender politischer Bedeutung zur Verhandlung vor dem Bundessicherheitsrat (BSR), einem Kabinettsausschuss, der von der Bundeskanzlerin geleitet wird und in dem u.a. mehrere Bundesminister sitzen. Dort wird u.a. unter Ausschluss der Öffentlichkeit über entsprechende Anträge auf Waffenexport verhandelt. Die Sitzungen des Bundessicherheitsrats sind geheim. Es wird weder ein Sitzungsdatum noch eine Tagesordnung im Vorhinein bekannt gegeben. Erst im Nachhinein wird nach erfolgter Entscheidung der Bundestag informiert. Allerdings untersteht der Bundesssicherheitsrat nicht der parlamentarischen Kontrolle des Bundestags. Er entscheidet über Waffenlieferungen in der Regel autonom und ist der Bundesregierung nur verpflichtet, wo dies gesetzlich festgelegt ist. Hierbei stehen die Waffenexportgenehmigungen in einem Zusammenhang mit der deutschen Sicherheitspolitik und ihrer strategischen Ausrichtung, so wie dies der Bundessicherheitsrat und die Bundesregierung für sich definieren.

Auch wird der Ermessensspielraum für den Bundesssicherheitsrat weiterhin dadurch belassen, dass transnationale Sanktionspolitik und Bündnisverpflichtungen aufgrund zwischenstaatlicher Verträge (KrWaffKontrG § 27 (9)) zu beachten sind. So sind nach dem Artikel 3 des Nordatlantikvertrags der NATO (1949) die Vertragsstaaten verpflichtet: „Um die Ziele dieses Vertrags besser zu verwirklichen, werden die Parteien einzeln und gemeinsam durch ständige und wirksame Selbsthilfe und gegenseitige Unterstützung die eigene und die gemeinsame Widerstandskraft gegen bewaffnete Angriffe erhalten und fortentwickeln.“

Ein weiteres Problem ist, dass das deutsche Waffenkontrollgesetz in einem partiellen Widerspruch zu europäischen Rechtsnormen steht. Es gibt immer noch keine wirksame Kontroll- und Sanktionspolitik auf europäischer Ebene aufgrund des rechtsunverbindlichen Charakters der betreffenden EU-Regelungen. Dadurch wird der Waffenexport aus Deutschland in andere EU-Staaten ermöglicht, die wiederum Waffenexporte in Spannungsgebiete tolerieren. Hierdurch wird die Ausfuhr aus dem betreffenden EU-Land in Drittländer, zu denen dann auch Spannungsgebiete gehören können, möglich.

Zwar wurden im Jahr 2015 von der Bundesregierung Richtlinien für Post-Shipment-Kontrollen formuliert, bei denen u.a. in Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsministerium, insbesondere dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), der Endverbleib der exportierten Waffen im Empfängerland kontrolliert werden soll. Das Problem hierbei stellt sich zunächst im Prinzip der exemplarischen Überprüfung und im fehlenden Personal für vollständige Überprüfungen sowie mit dem Blick auf die Einlösung von Handelsinteressen dar, wenn dort formuliert wird:

„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und die Rüstungszusammenarbeit mit Drittländern dürfen durch das System der Post-Shipment Kontrollen nicht gefährdet werden.“ (10)

Dementsprechend gibt es auch keine wirksame Handhabe gegenüber Direktinvestitionen von Rüstungskonzernen in Spannungsgebieten oder wenn in einen vermeintlich sicheren Staat außerhalb der EU und der NATO investiert wird. Wenn beispielsweise ein deutscher Technologietransfer nach Australien erfolgt, dort eine Waffenfabrik bzw. eine Munitionsfabrik in Zusammenarbeit mit einem deutschen Rüstungskonzern gebaut wird, ist aufgrund der entsprechenden Aussagen der australischen Regierung und der bereits getätigten Lieferungen nicht gesichert, dass diese dort produzierten Waffen nicht auch in Spannungsgebiete exportiert bzw. dort von dem beteiligten, Waffen produzierenden Staat eingesetzt werden. (11) Wenn in Südafrika von einem deutschen Rüstungskonzern eine Munitionsfabrik gebaut wird, dann muss man sich nicht wundern, wenn mit deutschem Know How im Jemen-Krieg getötet wird.

Die Realität der Waffenexporte

Daten zu globalen Waffenexporten

USA, Russland, Frankreich, Deutschland und China, die fünf größten globalen Waffenexporteure, exportieren Waffen überall hin – egal ob in Spannungsgebiete oder nicht. Die aktuellen Zahlen des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI machen deutlich, dass die Rüstungsexporte beständig steigen. (nach SIPRI 2020, S. 13) (12) Hiervon sind auch die Rüstungsexporte in Spannungsgebiete nicht ausgenommen.

Die von SIPRI zusammengestellten Zahlen machen deutlich, das die USA und Russland mit Abstand die größten Waffenexporteure sind, die für mehr als die Hälfte aller Waffenexporte verantwortlich sind (57%). Deutschland befindet sich auf dem 4. Platz der weltweiten Waffenexporteure (5.8% Exportanteil).

Die Waffenexporte Chinas sind höchstwahrscheinlich höher anzusetzen, da hier kein nachvollziehbarer internationaler Einblick in die chinesischen Waffenexporte gewährt wird.

Hierbei lassen sich weder diese beiden Staaten noch auch die acht folgenden Länder im Ranking der Exporteure von den internationalen Waffenexportverboten in Bezug auf Krisen- und Spannungsgebiete abhalten. Fast alle weltweit führenden Waffen importierenden Staaten befinden sich in Spannungsgebieten bzw. sind in Kriege und asymmetrische militärische Konflikten verwickelt (bis auf Australien).

So stiegen die Waffenexporte in das Spannungsgebiet des Mittleren Osten im Vergleich der Jahre 2010-2014 mit dem Zeitraum von 2015-2019 um 61% (!). (13)

Insbesondere Syrien, Jemen und Libyen sind Kriegsschauplätze, auf denen vorwiegend mit aus den USA und aus Europa (incl. Russland) importierten Waffen Kriege geführt werden.

Deutsche Waffenexporte in Spannungsgebiete

Der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung weist aus, dass im letzten Jahrzehnt aus Deutschland Rüstungsgüter im Wert von knapp 17 MRD € exportiert wurden. Im gleichen Zeitraum wurden Rüstungsgüter von ca. 63 MRD € (!) durch die Bundesregierung für die zukünftigen Exporte genehmigt. (14) Hierbei lässt auch das Jahr 2019 eine ergiebige Rendite für die Zukunft erwarten.

Die Zahlen machen deutlich, dass zunächst der Wert der Rüstungsexporte aus Deutschland von 2018 auf 2019 extrem gestiegen ist (von 4,82 auf 8,02 MRD €). Des Weiteren sind ungefähr 44% der Rüstungsexporte in Drittländer gegangen, die entweder selbst Spannungs- und Krisengebiete sind oder in denen ein Endverbleib von Waffen nicht kontrolliert werden kann. Aber auch selbst der Endverbleib von exportierten Waffen in EU-Staaten ist nicht gesichert. So sind aus Italien bis ins Jahr 2019 von der Rheinmetall-Tochter produzierte Waffen an die im Jemen kämpfende Saudi-Koalition geliefert worden.

Auch die Rüstungsexporte in Entwicklungsländer haben sich deutlich erhöht. Hierbei werden auch Rüstungsexporte aus Deutschland an Staaten mit zwischenstaatlichen Spannungen bzw. an die Menschenrechte verletzende Staaten vorgenommen. (15)

Die Gesamtzahl und der Wert der Einzelgenehmigungen, die durch das Bundeswirtschaftsministerium und den Bundesssicherheitsrat vorgenommen werden, sind nicht gleichzusetzen mit den tatsächlich getätigten Ausfuhren von Rüstungsgütern. Dennoch geben sie einen Einblick in die zukünftig in den nächsten Jahren zu erwartenden Rüstungsexporte. Hierbei handelt es sich bei Rüstungsexporten nicht nur um Waffen. Es sind z.B. auch Lastwagen, Boote und Minenräumgeräte dabei. Hierbei kann dies leicht umgerüstet bzw. unterstützend bei kriegerischen Aktivitäten eingesetzt werden.

Zu den Einzelgenehmigungen kommen noch Sammelgenehmigungen für 2019 ungefähr im Wert einer halben MRD € hinzu. Der größte Anteil der Genehmigungen für Rüstungsgüter bezieht sich auf Panzerfahrzeuge und Militärlaster (3,06 MRD €) (16)

Die drei wichtigsten Bestimmungsländer für Einzelgenehmigungen von Rüstungsexporten sind Ungarn, Algerien und Ägypten. Es geht hierbei u.a. um Kampfpanzer, Panzerhaubitzen, Pionierpanzer, Flugkörper, Abfeuerausrüstung, Spezialwerkzeuge und Teile für Raketen, Zielerfassungssysteme (17).

Allein diese drei im Rüstungsexportbericht aufgeführten Staaten machen die Problematik der deutschen Rüstungsexporte für 2019 deutlich. Zwei Staaten (Algerien und Ägypten) sind als Spannungsgebiete zu bezeichnen, Staaten die ebenfalls die Grundrechte ihrer Bevölkerung missachten. Des Weiteren ist insbesondere von Ägypten die Unterstützung der Saudi-Koalition im Jemen-Krieg bekannt, so dass hier deutsche Waffen eingesetzt werden dürften, obwohl es ein von Deutschland unterstütztes internationales Waffenexportembargo für den Jemenkrieg gibt. Ungarn hingegen wird innerhalb der Europäischen Union beschuldigt, die Grundrechte seiner Bürger auszuhebeln und die Gewaltenteilung zu zerstören.

In den Jahren zuvor dominierten des Weiteren Rüstungsexporte an die im Jemen beteiligten Kriegsparteien der Saudi-Koalition – so der Politikwissenschaftler und Publizist Markus Bickel im Jahr 2018:

„Obwohl das Europaparlament bereits 2016 ein Ende der Waffenlieferungen an die am Konflikt beteiligten Länder forderte, erteilt die Bundesregierung ungerührt weiter Exportgenehmigungen. In den vergangenen drei Jahren winkte der Bundessicherheitsrat allein an Saudi-Arabien Militärgüter im Wert von über einer Mrd. Euro durch. Ägypten erhielt Rüstungsexporte im Wert von 850 Mio. Euro und die Vereinigten Arabischen Emirate in Höhe von 474 Mio. Euro.“ (18)

Beispiel der Waffenexporte in die Türkei

Die in einem Jahr genehmigten Rüstungsexporte sind, wie bereits angesprochen, nicht gleichzusetzen mit den in diesem Jahr tatsächlich stattfindenden Rüstungsexporten. Zwar ist seit dem Einmarsch der Türkei in Syrien der Bundessicherheitsrat zurückhaltend hinsichtlich der Genehmigung von Waffenlieferungen dorthin, dennoch erhielt das NATO-Land Türkei im Jahr 2019 Rüstungsgüter von nahezu 350 Millionen € aus Deutschland geliefert. (19) Entschuldigend wird von Regierungsseite in solchen Fällen jeweils angeführt, dass es sich um ältere Genehmigungen handele, die erfüllt werden müssten.

Mit der Türkei liegt derzeit ein aggressiver Staat vor, der mehrfach völkerrechtswidrig außerhalb seiner nationalen Grenzen militärisch eingegriffen hat (Syrien, Irak, Libyen). Des Weiteren liegen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im Inland vor (willkürliche Verhaftungen von Regimegegnern, lange Haft ohne rechtsstaatliche Verurteilung, fragwürdige Rechtsprechung, Ausschaltung und Verbot von Teilen der Opposition). Wenn die deutsche Regierung es ernst mit dem ATT der UN und dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates der EU sowie mit den in den deutschen Gesetzen und Vereinbarungen formulierten Rechtsansprüchen meinen würde, dann würde sie – aufgrund der sich verschärfenden Lage im Zusammenhang mit der Türkei – gegebene Genehmigungen zum Waffenexport in die Türkei konsequent zurückziehen.

Wenn die Türkei mit Leopard 2-Panzern von Rheinmetall die syrischen Grenzen überschreitet und mit deutschen Waffen dort hiermit und mit anderen aus Deutschland stammenden Waffen die kurdische Bevölkerung bekämpft, dann ist der Bundesregierung vorzuwerfen, dass sie hier nicht rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich der Bezichtigung einer Mittäterschaft nur schwerlich entziehen kann. Auch ist zukünftig mit dem Argument einer gemeinsamen NATO-Mitgliedschaft kritischer umzugehen. Solange die NATO aus geostrategischen Gründen einen das Völkerrecht verletzenden Staat in seinen Reihen duldet, kann die gemeinsame NATO-Mitgliedschaft kein hinreichendes Argument für Waffenlieferungen innerhalb des NATO-Bündnisses mehr sein.

Bereits in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 hat Deutschland wieder bereits knapp eine halbe Milliarde Waffen exportiert (40% mehr als im gleichen Zeitraum 2019). Hierbei sind dual zu nutzende Rüstungsgüter noch nicht einbezogen.

Die Linken-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen fordert daher nach einem Bericht des ‚Spiegels‘:

„ ‚Die Ausfuhr von nahezu 40 Prozent mehr Kriegswaffen als im Vorjahreszeitraum in einer Welt, in der die Konflikte jeden Tag zunehmen, ist völlig unverantwortlich‘, sagte Dağdelen, die abrüstungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. ‚Gerade mit den Kriegswaffenexporten an Ägypten und die Türkei mästet die Bundesregierung die Konflikte in und am Mittelmeer und verletzt damit sogar die eigenen laxen Rüstungsexportrichtlinien in eklatanter Weise.‘ Wer sein eigenes Bekenntnis, international mehr Verantwortung zu übernehmen, ernst nehmen würde, müsse die Exporte von Kriegswaffen in alle Welt stoppen.“ (20)

Interessanterweise werden zahlreiche Staaten nun in der Waffenexportliste Deutschlands nicht mehr gelistet – u.a. auch die Türkei – mit dem Hinweis, man könnte hierdurch Rüstungsunternehmen identifizieren, die dorthin geliefert hätten. Die Einstufung dieser Staaten als Verschlussache würde zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der beteiligten Rüstungsfirmen vorgenommen. Dies macht zukünftig natürlich die Identifizierung und Kontrolle von Rüstungsexporten zunehmend schwieriger und kann als ein problematisch zu bewertender Erfolg der Lobbytätigkeit der Rüstungsindustrie angesehen werden.

Die Exporte in die Türkei waren die ersten Waffenlieferungen, die von der Bundesregierung zur Geheimsache erklärt wurden und wohl auch nur durch einen Fehler veröffentlicht wurden – so Dağdelen in einem Papier der Links-Fraktion (21):

„Auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums wurde allerdings – vermutlich aus Versehen – eine parlamentarische Antwort veröffentlicht, wonach die Türkei im vergangenen Jahr insgesamt Kriegswaffen für 345 Millionen Euro aus Deutschland erhalten hat, was mehr als ein Drittel der gesamten deutschen Kriegswaffen in Höhe von 824 Millionen Euro ausmacht. Schon 2018 war Erdogan mit 242,8 Millionen Euro Rekordhalter unter den Empfängern deutscher Kriegswaffenexporte (77,8 Millionen Euro). Auch in den Monaten Januar bis April 2020 gehört sie zu den zehn Hauptempfängerstaaten. Vor dem Hintergrund der zahlreichen völkerrechtswidrigen Angriffskriege der Türkei in Syrien und aktuell im Norden Iraks sind die Waffenlieferungen besonders verwerflich.“

Strategien der Vermeidung von Exportkontrollen

Waffenexporte in Spannungsgebiete finden also sowohl aus Deutschland als auch aus anderen EU-Ländern, insbesondere GB, Frankreich, Italien, statt. Hierbei werden verschiedene Strategien von Seiten der deutschen Rüstungsindustrie eingesetzt:

  • Lobbytätigkeit, formale Beantragung des Waffenexports und Versuch hierdurch eine Genehmigung durch das Bundeswirtschaftsministerium bzw. im Bundessicherheitsrat zu erhalten;

Bei einem Misserfolg im offiziellen Genehmigungsverfahren:

  • Auslagerung der Produktion in Staaten, die gelockerte Exportrichtlinien haben;
  • Umgehung der Exportauflagen über eine Lieferung in andere Länder der EU, der NATO oder in die der NATO-Mitgliedschaft gleichgestellte Staaten, die dann in das Spannungsgebiet liefern;
  • Aufbau von Waffenfabriken direkt im Spannungsgebiet als Joint-Ventures, um Waffenexportbeschränkungen zu umgehen;
  • Auslieferung von einzelnen Teilen, die im Zielland zusammengesetzt werden,
  • Lieferung von dual einsetzbaren Gütern in Spannungsgebiete, z.B. Lieferung von Militär-LKW’s, auf die dann Lafetten mit Maschinengewehren zur Aufstandsbekämpfung montiert werden oder von Schnellbooten, die dann vor Ort mit MGs ausgerüstet werden, um Hafenembargos durchzusetzen.

Die 2020 veröffentlichte Greenpeace-Studie bestätigt zusammenfassend die Internationalisierungsstrategie der Rüstungsindustrie am Beispiel des Rüstungskonzerns Rheinmetall mit dem Blick auf die Bedeutung der Produktion und Lieferung von Munition:

„Munition spielt aber nicht nur für die Funktionsfähigkeit von Klein- und Leichtwaffen eine Rolle, sondern auch als ein breites Spektrum für Land-, See- und Luftstreitkräfte beispielsweise in Form von Munition für Panzer, Haubitzen, Artilleriewaffen oder als Schiffsgeschütze. Gerade am Thema der Munitionsproduktion lässt sich ein weiteres Muster deutscher Rüstungsexportpolitik erkennen, nämlich die Inkaufnahme eines Trends zur Internationalisierung deutscher Rüstungsunternehmen. Joint-Ventures wie das der Firma Rheinmetall in Südafrika, die mit der Übernahme von Denel einen neuen Standort gründete, zielen auch darauf ab, die konflikt- und spannungsträchtigen Länder der MENA-Region, Lateinamerikas und Süd(ost)asiens mit Munition zu versorgen.“ (22)

Forderungen zur Kontrolle der Rüstungsexporte

Resultierend aus der hier vorgenommenen Analyse der Rüstungsexporte ist Folgendes zu fordern, will man sich tatsächlich an die normativen Ansprüche der internationalen und nationalen Regelungen für Waffenexporte halten:

  1. Beendigung aller Waffenexporte in Spannungsgebiete: Hierfür müssen der ATT, der ‚Gemeinsame Beschluss des Rats der EU‘ sowie die nationalen Bestimmungen um verbindliche Kontrollmechanismen und empfindliche Sanktionsmöglichkeiten ergänzt werden. Einschränkungen und Ausnahmen, die Waffenexporte in Spannungsgebiete ermöglichen, sind zu beseitigen.
  2. Auf europäischer Ebene ist zu fordern, dass ein Sonderbeauftragter mit ausreichend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet die Waffenexporte aus der EU genauestens beobachtet und kontrolliert und ein Veto-Recht sowohl für Waffenexporte als auch für Technologieexporte sowie für Joint-Ventures in Spannungsgebiete besitzt.
  3. Für die Bundesrepublik Deutschland ist ein strenges Waffenkontrollgesetz zu fordern, das die gegenwärtigen unterschiedlichen und z.T. unübersichtlichen rechtlichen Regelungen stringent zusammenfügt und zu einem transparenten und verbindlichen Gesetz entwickelt.
  4. Bereits genehmigte zukünftige Rüstungsexporte in ein Land, das sich zwischenzeitlich der massiven Verletzung der Menschenrechte im eigenen Staat schuldig macht, sind zu stornieren und zurückzuziehen.
  5. Es ist die rechtliche und vertragliche Grundlage zu schaffen, dass auch bereits erteilte Genehmigungen von Rüstungsexporten zurückzuziehen sind, wenn das Empfängerland über militärische Aggressionen gegen ein Nachbarland gegen das Völkerrecht verstößt.
  6. Es ist die Möglichkeit von wirksamen Post-Shipment-Kontrollen mit dem Überprüfungsrecht für das Ausfuhrland – und dies als europäischer Standard – einzurichten.
  7. Es dürfen keine Bankkredite und keine staatlichen Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte in Spannungsgebiete gewährt werden.

Neben den Forderungen an die EU ist auch auf der Ebene der UN eine Stärkung der Kontrollfunktion einzufordern, wenn nationalstaatliche und regionale Kontrollen versagen. In diesem Zusammenhang sind dann auch Wirtschaftssanktionen und weitere Maßnahmen gegen Staaten vorzusehen, wenn aus ihnen Waffen in Spannungsgebiete transportiert werden.

Um dies zu erreichen ist jedoch eine Demokratisierung der Vereinten Nationen erforderlich, die u.a. mit einer Reform des UN-Sicherheitsrats sowie einer Einrichtung eines demokratisch gewählten UN-Parlaments mit weitreichenden Entscheidungsrechten verbunden sein müsste. (23) Ansonsten würden die Kontrollen und Sanktionen von denjenigen Staaten im Sicherheitsrat blockiert, die wiederum selbst die größten globalen Waffenexporteure sind.

Wichtig wäre in Deutschland auch eine Erhöhung des zivilgesellschaftlichen Drucks, indem gerichtsfeste, von NGOs, wie z.B. Greenpeace oder Transparency International, unterstützte Klagen gegen Waffenexporte in Spannungsgebiete, die sich auf den deutschen Grundgesetzartikel 26 (1) u. (2) beziehen müssten. Dort heißt es – neben der Genehmigungspflichtigkeit von Waffenexporten – dass „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören (…) unter Strafe zu stellen“ sind (Art. 26 (1)). Eine derartige gerichtliche Klage kann sich sowohl gegen spezielle Rüstungskonzerne und Waffenhändler als auch gegen Waffenexporte in Spannungsgebiete genehmigende Regierungsmitglieder richten. Neben der Öffentlichkeitswirkung einer solchen Klage in den Medien könnte auch bereits die Durchführung eines derartigen Prozesses und die Notwendigkeit der eigenen Beteiligung der verantwortlichen Akteure für diese eine abschreckende Wirkung haben.

Abschließend sollte noch einmal der um die Beendigung des Korea-Kriegs bemühte US-Präsident Dwight Eisenhower in einer Rede am 16.4.1953 zu Wort kommen:

„Every gun that is made, every warship launched, every rocket fired signifies, in the final sense, a theft from those who hunger and are not fed, those who are cold and are not clothed.

This world in arms is not spending money alone.

It is spending the sweat of its laborers, the genius of its scientists, the hopes of its children.

The cost of one modern heavy bomber is this: a modern brick school in more than 30 cities.

It is two electric power plants, each serving a town of 60,000 population. It is two fine, fully equipped hospitals.

It is some fifty miles of concrete pavement.

We pay for a single fighter plane with a half million bushels of wheat.

We pay for a single destroyer with new homes that could have housed more than 8,000 people. (…). . . This is not a way of life at all, in any true sense. Under the cloud of threatening war, it is humanity hanging from a cross of iron.“ (24)

Fazit: Wahlen, Politische Bewegungen und Strukturreformen

Es ist daher für die gegenwärtige politische Auseinandersetzung im Rahmen eines Gesellschaftssystems mit demokratischen Selbstanspruch, wie der Bundesrepublik Deutschland oder der EU, zu fordern: Parteien in der EU und in Deutschland sind bei den kommenden Wahlen daraufhin zu überprüfen, ob sie sich entschieden gegen Waffenexporte in Spannungsgebiete positionieren und glaubhaft eine konsequente Friedenspolitik vertreten. Demokratische Parteien, die grundsätzlich für die Abschaffung aller Waffenexporte aus der EU eintreten, wären dementsprechend dann von den an Kriegsprävention und Friedenssicherung interessierten Wählerinnen und Wähler besonders zu unterstützen.

Wie fragwürdig ist hingegen die Meinungsmache rechtspopulistischer Politiker, gegen die Anzahl der Flüchtlinge im eigenen Land zu hetzen und damit politische Wahlen gewinnen zu wollen, aber durch die Billigung der Waffenexporte erst für die Verschlechterung der Sicherheitslage in den Ländern des globalen Südens zu sorgen und damit die überlebensnotwendige Flucht aus Spannungsgebieten zu provozieren. Derartigen Parteien ist zum einen die Wähler_innen-Stimme und die Mitarbeit zu verweigern und zum anderen sind ihre Manipulationsstrategien transparent zu machen, ist ihnen mit allen legalen Mitteln entgegenzutreten.

Vor allem aber bleibt es weiterhin notwendig bzw. wird es zunehmend wichtiger, sich zivilgesellschaftlich in einem friedenspolitischen Sinne zu engagieren. Über die Organisation und Teilnahme an Demonstrationen, Kundgebungen, digitalen Konferenzen und friedlichen Blockaden sowie das Engagement in friedenspolitischen NGOs ist parallel zum Einsatz der eigenen Wähler_innenstimme der politische Druck zu erhöhen. Die Friedensbewegung muss angesichts der wachsenden globalen Gefährdungslage wieder sichtbarer werden und darf sich auch nicht von den Restriktionen im Zuge der Corona-Pandemie zurückdrängen lassen. Neben dem Virus gibt es auch eine Pandemie der Kriege.

Insbesondere die Umwelt- und die Friedensbewegungen müssen abgestimmt vorgehen und miteinander kooperieren. Ohne Frieden wird es keine wirkungsvolle Bekämpfung der Umweltproblematik, insbesondere der heran rollenden Klimakatastrophe geben. Im Gegenteil: Kriege und militärische Aktivitäten sind Teil der Umweltzerstörung. Genauso wird die ökologische Zerstörung zu einer Zunahme von gewalttätigen Konflikten führen. (25)

Die Sicherheitspolitik der EU sollte sich – neben dem prioritären diplomatischen Engagement – allein auf Verteidigungsaspekte beziehen, nationale Rüstungsprojekte so koordinieren, dass die finanzielle Belastung der einzelnen Staaten sinkt und eine europäische Friedensdividende möglich wird. Rüstungsexporte aus der EU hinaus und insbesondere in Spannungsgebiete sind generell zu untersagen. Dies wird sicherlich nicht mit einem Rat der Europäischen Union gehen, der solche Entscheidungen einstimmig zu fällen hat. Hier sind eine Strukturreform und damit verbunden die Einführung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen im Rat angesagt.

Des Weiteren ist eine Strukturreform des UN-Sicherheitsrats sowie der UN-Vollversammlung im Sinne einer Demokratisierung dringend erforderlich, damit die hochgerüsteten Staaten, wie USA, Russland, Russland, China, GB, Frankreich, Saudi Arabien, die Türkei, aber auch zunehmend Deutschland, gezwungen werden können, sich ihrer friedenspolitischen Verantwortung zu besinnen.

Dies sind sicherlich schwierige internationale Strukturreformen und Prozesse, die auf vielfältige Widerstände stoßen und heftig an Machtpositionen rütteln. Für die notwendigen Veränderungen und hinsichtlich der immer knapper werdenden Zeit ist eine Zunahme politischer Aktivität, zivilgesellschaftlichen Engagements und internationaler Organisierung notwendig.

Besonders deutlich wird die Notwendigkeit zur Steigerung und Intensivierung gesellschaftlichen Widerstands und Engagements, wenn die nukleare Aufrüstung im internationalen Kontext, die Zunahme der Waffenexporte sowie die bereits eintretende Klimakatastrophe als globale Bedrohung der Menschheit und existenzielle Gefährdung der nachfolgenden Generationen angesehen werden.

Anmerkungen

(1) Der vorliegende Beitrag ist eine erheblich gekürzte und in verschiedenen Passagen überarbeitete Fassung meines Beitrags: Klaus Moegling: Waffenexporte in Spannungsgebiete: „How dare you?!“, 30.8.20, https://www.heise.de/tp/features/Waffenexporte-in-Spannungsgebiete-How-dare-you-4881809.html?seite=all, 30.8.20.

(2) Stocker, Franz, Rendite mit Rüstung. In: https://www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article204874340/Rendite-mit-Ruestung.html,1.20 und boerseARD.de, https://boerse.ard.de/anlagestrategie/branchen/ruestungsaktien-sehr-gefragt100.html, 6.1.20.

(3) Eisenhower, Dwight, 1961, Military-Industrial Complex Speech, In: https://avalon.law.yale.edu/20th_century/eisenhower001.asp, o.A., entnommen am 5.7.20.

(4) So lehnen beispielsweise nach einer 2019 veröffentlichten Greenpeace-Umfrage 81% den Waffenexport in am Jemen-Krieg beteiligte Länder ab. Vgl. https://www.dw.com/de/umfrage-deutsche-gegen-waffenexporte/a-49169332, 13.6.2019. Laut einer weiteren repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov lehnen 64 Prozent der Befragten Waffenexporte generell ab. 80 Prozent der Befragten votierten gegen Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete. 83% der Befragten lehnten den Export von Rüstungsgütern in die Türkei ab. Vgl. https://www.welt.de/newsticker/news1/article176788904/Umfragen-Deutliche-Mehrheit-der-Deutschen-ist-gegen-Verkauf-von-Waffen-an-andere-Staaten.html, 29.5.2018.

(5) Nepo, Sara, 2012, Der Iran-Irak-Krieg 1980-1988. Die Balancepolitik der Großmächte. In: file:///C:/Users/Klaus_neu/Downloads/2222-2770-1-PB.pdf, 1.3.2013.

(6) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), 2020, Rüstungsexportbericht 2019, a.a.O., S.6.

(7) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), 2020: a.a.O.,S.10.

(8) Vogel, Wolf-Dieter, 2015, a.a.O., o.S.

(9) https://www.gesetze-im-internet.de/krwaffkontrg/__27.html, in der letzten Änderung vom 27.6.2020. (

10) Eckpunkte für die Einführung von Post-Shipment- Kontrollen bei deutschen Rüstungsexporten. In: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), 2020, Rüstungsexportbericht 2019, a.a.O., S.42f. Hierbei muss angemerkt werden, dass die Bundesrepublik Deutschland 2019 ihrer eigenen Beurteilung nach das einzige EU-Land war, das überhaupt systematische Post-Shipment-Kontrollen versucht hat. Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), 2020, Rüstungsexportbericht 2019, a.a.O., S.14.

(11) Wälterlin, Urs, 2018, Australien will zu den größten Waffenexporteuren der Welt gehören. In: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/ruestungsindustrie-australien-will-zu-den-groessten-waffenexporteuren-der-welt-gehoeren-/20944688.html, 10.2.2018.

(12) SIPRI Yearbook, 2020, Armaments, Disamarments, International Security. Summary. In: https://www.sipri.org/sites/default/files/2020-06/yb20_summary_en_v2.pdf, o.D., S. 13.

(13) SIPRI, 2020, a.a.O., S. 12.

(14) Deutschland exportiert deutlich mehr Kriegswaffen. In: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-07/waffenexporte-ruestungsindustrie-kriegswaffen-deutschland, 14.7.20.

(15) Alle Zahlen tabellarisch zusammengestellt aus Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.), 2020, a.a.O., S.8 u. S. 22.

(16) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.) 2020, a.a.O., S. 24; die Höhe der Sammelgenehmigungen ebenda, S.23.

(17) Tabellarisch zusammengestellt nach Anlage 7 in: Bundesministerium (Hrsg.), 2020, a.a.O., S. 82.

(18) Bickel, Markus, 2018, Nahost: Deutsche Waffen an allen Fronten. In: https://www.blaetter.de/ausgabe/2018/maerz/nahost-deutsche-waffen-an-allen-fronten, 3/2018, o.S.

(19) Türkei erhält mehr als ein Drittel der deutschen Waffenexporte. dpa-Meldung vom 23.6.20, in: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/tuerkei-erhielt-mehr-als-ein-drittel-der-deutschen-waffenexporte-a-52c320a4-147c-4b92-8a35-9fcfe1dd27a8, 23.6.20.

(20) Türkei erhält mehr als ein Drittel der deutschen Waffenexporte. Dpa-Meldung vom 23.6.20, in: a.a.O., 23.6.20.

(21) Links-Fraktion, Geschäft mit Kriegswaffen boomt. In: https://www.sevimdagdelen.de/geschaeft-mit-kriegswaffen-boomt/, 16.7.20.

(22) Greenpeace, 2020: a.a.O., S. 31f.

(23) zur Reform der UN: Leinen, Jo/ Bummel, Andreas, 2017, Das Demokratische Weltparlament. Bonn: J.H.W. Dietz-Verlag sowie Moegling, Klaus, 2020, Neuordnung. Eine friedliche und nachhaltig entwickelte Welt ist (noch) möglich. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich, S. 277ff.

(24) Eisenhower, Dwight D., 1953, The Chance for Peace. In: http://www.edchange.org/multicultural/speeches/ike_chance_for_peace.html, Washington, D.C.April 16, 1953.

(25) hierzu ausführlicher u.a. Trautvetter, Bernhard, 2019, Zum Schutz des Lebens. Die Friedens- und die Umweltbewegung stehen für das Gleiche ein. – sie sollten endlich Seite an Seite zusammenkämpfen. In: https://www.rubikon.news/artikel/zum-schutz-des-lebens, 25.7.19, 28.7.19 u. Moegling, Klaus, 2020, Neuordnung. Eine friedliche und nachhaltig entwickelte Welt ist (noch) möglich. Opladen, Berlin, Toronto, 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, S. 76-83 u. Müller, Michael (2019): Die reale Gefahr eines doppelten Selbstmordes. In: Henken, Luehr (Hrsg.), 2019, Verunsicherungen trotzen. Konfliktanalysen und Lösungsansätze aus der Friedensbewegung. Kassel: Verlag Winfried Jenior. S.197-207.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Klaus Moegling

apl. Prof. Dr. habil. i.R., Pol.wiss. u. Soziologe, Autor von 'Neuordnung', https://www.klaus-moegling.de/aktuelle-auflage-neuordnung/

Klaus Moegling

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