In der Nacht sind alle Blumen schwarz

Kafka in Seoul Der Prozess gegen den deutsch-koreanischen Hochschullehrer Song Du-Yul
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Guchiso ist ein verfluchter Ort. Dort, an der Peripherie von Südkoreas ausufernder Megacity Seoul, liegt eines der größten Untersuchungsgefängnisse des Landes. Am Eingangstor des mausgrauen Komplexes trillern Wachtposten in schrillem Stakkato. Besucher sollen rasch und intensiv genervt werden. Passkontrolle, Registratur in der Gefängnislobby, Warten und nochmals Warten. Dann ein Signal. Die Uhr zeigt Punkt zehn Uhr. Genau 20 Minuten bleiben uns in einem winzigen Raum. In verblichener hellblauer Gefängniskluft sitzt mir ein langjähriger Kollege und Freund gegenüber. Auf der linken Seite der schäbigen Uniform, in Brusthöhe, ist ein grauer Stofffetzen aufgenäht, der den Häftling als "Nummer 65" ausweist. Uns trennen zwei Panzerscheib