Ohne Haftbefehl

Im Gespräch Die philippinische Senatorin Ana Maria Consuelo Madrigal über die stille Wiederkehr des Kriegsrechts

FREITAG: Sie haben gegen den Human Security Act gestimmt. Was stört Sie daran?
ANA MARIA MADRIGAL: Dass Menschen ohne Haftbefehl eingesperrt werden können. Das erinnert mich an die Inquisition des Mittelalters. Schlimmer noch, das Gesetz enthält eine vage Bestimmung, wonach neben Richtern jedes Mitglied der Philippinischen Menschenrechtskommission eine Verhaftung anordnen kann. Die Kommission wird damit zur Farce.

Die Kommission wird instrumentalisiert.
So ist es. Das neue Gesetz besagt: Wenn Sie jemanden verdächtigen, ein Terrorist zu sein, können Sie bei einem örtlichen Richter oder einem Vertreter der Menschenrechtskommission einen Haftbefehl beantragen. Auch ohne richterliche Anordnung können Menschen für drei Tage inhaftiert werden.

Wer steht hinter diesem Erlass?
Treibende Kraft war Senator Juan Ponce Enrile. Er hat schon als Innenminister unter Diktator Ferdinand Marcos Menschenrechte verletzt. Diesen Mann machte Frau Arroyo erneut zum Architekten eines Kriegsrechts.

Gibt es heute Parallelen zur Marcos-Ära?
Das ist einfach. Marcos war Rechtsanwalt, und er wusste um seinen Platz in der Geschichte. Als er seine Macht über seine Amtszeit ausdehnen wollte, heuchelte er nicht und schob keine Entschuldigungen vor, um das Kriegsrecht zu verhängen. Damals wussten die Menschen wenigstens, dass sie unter einer Diktatur lebten und ihre Freiheiten eingeschränkt waren. Unter Arroyo ist es schlimmer. Wir leben heute unter einer Diktatur, die sich als Demokratie tarnt. Diese Heuchelei ist noch schwerer zu ertragen, wenn man sieht, dass in den weniger als fünf Jahren, die Arroyo regiert, knapp 800 Menschen ermordet wurden. Zum Vergleich: Den 20 Jahren Marcos-Herrschaft fielen etwa 3.000 Menschen zum Opfer.

Das Gespräch führte Rainer Werning

Ana Maria Consuelo Madrigal gehört für die Genuine Opposition (GO) dem philippinischen Senat an, einen Zusammenschluss von Parteien, die eine Amtsenthebung von Präsidentin Arroyo fordern.


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