Ein hartes Geschäft

E-Markt Monopolisierung und Zentralisierung bedrohen Kleinverlage. Sie kämpfen innovativ um Aufmerksamkeit, gehen auf den großen Verkaufsplattformen aber oft unter
Ausgabe 17/2016
Tut das E-Book gut?
Tut das E-Book gut?

Foto: Daniel Roland/AFP/Getty Images

Betont undramatisch ist es formuliert: „Minimore ist zurzeit offline. Wir werden eine Pause einlegen und das Konzept überarbeiten. So lange bleibt Minimore abgeschaltet. Trotzdem: Keep on Reading!“, heißt es seit Anfang April auf der Webseite des bisherigen E-Book-Anbieters.

Dabei hatte es im März 2014 so gut angefangen: Minimore war als Online-Boutique für schöne elektronische Literatur gestartet. Spannend, handverlesen und ohne Kopierschutz sollten die Bücher sein, die von acht Berliner Kleinverlagen wie Mikrotext, CulturBooks, Frohmann und SuKuLTuR kamen und hier im elektronischen Format zu haben waren. Hinter der Idee steckten Texterfinder und Distributionspioniere, die mit der reclamgelben SuKuLTuR-Reihe schon analoge Alternativen zu den Programmen der Großverlage erprobt hatten. Die schmalen Bändchen im DIN-A6-Format wurden in Süßwarenautomaten auf Bahnhöfen verkauft. Mit Minimore wollten Marc Degens, Torsten Franz und Frank Maleu dann zeigen, wie digitale Buchformen des Geistes beschaffen sein können – und wie sich Literatur unter den Bedingungen elektronischer Vernetzung verändert. Neben den als „Longplayer“ bezeichneten Romanen von Stefan Beuse oder dem Roman Strobo des Bloggers Airen fanden sich Twitteratur-Sampler wie die Tweet-Sammlung Bescheiden, aber auch ein bisschen göttlich von @Anousch. Nun also das Aus?

Das Scheitern von Minimore liegt vor allem am problematischen Verhältnis von Aufwand zu Sichtbarkeit: Es gibt viele innovative E-Book-Verlage, die alle um Aufmerksamkeit kämpfen. Auf großen Verkaufsplattformen gehen sie oft unter. Eine Ursache dafür sind die vielen Selfpublishing-Möglichkeiten, die Autoren auch ohne Verlag im Rücken die Selbstvermarktung erleichtern. So hat das Unternehmen Epubli, das zur Holtzbrinck Digital Content Group gehört und mit mehr als einer Million gedruckter Bücher eine der größten hiesigen Selfpublishing-Plattformen ist, seit 2014 auch ein digitale Abteilung. Auch Amazon bietet längst verlagstypische Dienstleistungen für E-Autoren an, Lektorat, Korrektur, Marketing. Die schon jetzt bedenkliche Monopolisierung und Zentralisierung der kulturellen Bedeutungsproduktion wird so – wen überrascht’s – auch im Digitalen vorangetrieben.

Auch beim E-Book geht es um Preisbildung und Konkurrenzkämpfe. Das zeigt etwa die Plattform bookpost.de: Abonnenten konnten sich dort im Schnäppchenjägermodus über die aktuell günstigsten Angebote für elektronische Bücher informieren – bis der Bundestag nun (am 28. April) entschied , dass auch elektronische Bücher der Buchpreisbindung unterliegen. Der bisherige Gesetzestext dazu hatte die E-Formate nicht explizit erwähnt. Die Entscheidung, verbindliche Preise auch für elektronische Bücher zu erzwingen, soll zum 1. September wirksam werden, der Beschluss fiel im Bundestag ohne Gegenstimmen, nur die Linke enthielt sich.

Monopolisierung und Zentralisierung bedrohen nicht nur belletristische, sondern auch wissenschaftliche Kleinverlage. Der Berliner Verlag De Gruyter ist einer der ganz Großen in diesem Fach. Sein Geschäftsmodell konzentriert sich auf Universitäts- und Landesbibliotheken: Diesen werden fachspezifisch geschnürte „Pakete“ verkauft, mit Grundlagenwerken, Referenztexten und wichtigen Fachzeitschriften. Für Wissenschaftsautoren wird es entscheidend, in einem solchen Paket vertreten zu sein. Eingeführte Denkwege und massenkompatible Formate sind da, wie in der Belletristik, erfolgversprechender als riskante Pfade.

In seinem E-Book Wut tut gut (2014)schreibt Marc Degens: „Ich hasse den Untergrund, weil er mich nicht ernährt, mich nicht unterstützt, mir nichts gibt.“ Also raus aus dem Untergrund!

Ralf Klausnitzer lehrt Literaturwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität

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