Burgenkult(o)ur an der Ostalgarve

Portugal Portugal verfügt bereits jetzt über zahlreiche Weltkulturerbestätten. Allerdings kommt die Ära der Mauren hierbei oft zu kurz. Zwei Beispiele.

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Sonne, pittoresk anmutende Architektur, malerische Berge, Strände und Klippen, belebte Städte und die Musiktradition des Fado – all diese Assoziation kann Portugal wecken. Das verhältnismäßig kleine, an Spanien angrenzende Land verfügt als ehemalige Kolonial- und Seefahrermacht aber auch über eine Fülle an Kulturschätzen. Einige davon wurden innerhalb der vergangenen Jahrzehnte in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen, beispielsweise das Hieronymus- und das Christuskloster, der Turm von Belém und die Festung von Elvas. Während sich die Mehrzahl der Weltkulturerbestätten regional im Landesinneren und kulturell in der christlich geprägten Tradition bündelt, wird das muslimisch-maurische Erbe ebenso wie die Algarve als südlichste Region des Landes weitgehend außer acht gelassen.

An der Algarve gibt es zahlreiche altehrwürdige Zeugen maurischer Kulturgeschichte, zwei davon sind das Castro Marim und das Castelo de Silves, zwei eindrucksvolle Festungen an der Ostalgarve. Die Burg von Castro Marim, bereits nahe der spanischen Grenze gelegen, ist eine imposante quadratische Anlage, deren Mittelpunkt, das Castelho Velho („altes Kastell“) aus baugeschichtlicher Perspektive häufig der Baukunst der einst mächtigen Mauren zugeschrieben wird. Ab 1282, im Zuge der Maurenvertreibung und der Übernahme christlicher Machthaber, beherbergte das vermutlich schon viel ältere Kastell nach weiteren Erweiterungs- und Verstärkungsmaßnahmen Mitglieder des Christusritterorden. Letzterer ging – unter neuem Namen – aus dem 1319 aufgelösten Templerorden hervor und ihm gehörten berühmte Entdecker wie Vasco da Gama und „Heinrich der Seefahrer“ an.

Nördlich vom beliebten Ferienort Lagoa im Landesinneren findet man das Städtchen Silves und das mächtige Castelo, das ebenso ein bekannter Touristenmagnet ist. 712 n. Chr. besetzten spanische Gouverneure arabischen Ursprungs – oder hier auch: Mauren – die Regionen um Faro und Silves herum und sie waren es wohl auch, die das mächtige Bauwerk in rotem Stein errichten ließen. Erst unter Dom Sancho I, dessen riesige Bronzestatue den Eingang der Festung schmückt, wurde Silves erstmals von Kreuzrittern erobert, 1242 fiel es dann endgültig unter christliche Herrschaft. Obwohl das Kastell durch eine Verlegung des Bischofssitzes nach Faro und die allmähliche Versandung des anliegenden Rio Arade seit 1577 kommerzieller und kirchenpolitischer Bedeutung verlor und 1755 von einem Erdbeben heimgesucht wurde, ist es noch heute ein Anziehungspunkt für Besucher. Kein Wunder – ist doch allein der Burghof dieser Festungsruine 12.000 qm groß und zeugt von einer einst machtvollen Ära!

Von beiden Festungen aus hat man einen weiten Ausblick, daher sind sie als Aussichtspunkte bei Touristen aus aller Welt sehr beliebt. Doch nicht nur für portugiesische und ausländische Burgenliebhaber könnten diese beiden Zeugnisse einer vergangenen, orientalischen Lebenskultur inmitten christlicher Traditionen und Kulturgeschichte interessant sein. Vielleicht ist es Zeit, dass auch die UNESCO sich diesen und anderen „Andenken“ an eine bedeutende maurische Herrschaftsepoche zuwendet und sich ihrer verstärkt annimmt. Immerhin dominiert das christliche Welterbe bereits jetzt die Liste – zumindest in Sachen Portugal!

Anna Katherina Ibeling

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Geschrieben von

rebelcat86

- Master of Desaster ...äh Arts in Komparatistik - Kind der "Generation Praktikum" - Ironie on!

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