Das ZDF-Politbarometer vom Juli warf eine Frage auf, die schon seit längerem heiß diskutiert wird. Die Demoskopen fanden heraus, dass eine neue Linkspartei besonders im Lager der PDS wildern würde: 41 Prozent der PDS-Anhänger können sich vorstellen, eine neue Partei links von der SPD zu wählen, im Gegensatz zu nur 14 Prozent der SPD-Wähler. Unter allen Befragten liegt das Potenzial der Linkspartei bei 16 Prozent. Nimmt die "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG)" der bundesweit nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde liegenden PDS die entscheidenden Stimmen weg?
Nun liegt es in der Natur der Sache, dass jene Parteien, die sich programmatisch am nächsten stehen, auch die größten Überschneidungen hinsichtlich ihrer möglichen Wählerschaft aufweisen. Die Gefahr wechselseitigen Wilderns und damit der Spaltung der Linken ist nicht zu leugnen: 4,9 Prozent für die PDS und 4,9 Prozent für das neue Wahlbündnis wäre für beide der "GAU" - der denkbar schlechteste Ausgang der Bundestagswahl 2006.
PDS und WASG liegen auf der Links-Rechts-Achse nahe beieinander. Doch infolge der deutschen Teilung existieren in Ost und West sehr unterschiedliche politische Milieus, die man kaum mit ein und demselben "Produkt" bedienen kann. Schließlich war das neue Linksbündnis eine Reaktion auf die Tatsache, dass es der PDS im Westen nicht gelungen ist, das Potenzial unzufriedener, sozialstaatlich orientierter SPD- und Grün-Wähler zu erschließen.
Im Osten ist die PDS dagegen schon lange eine vom Wähler gut angenommene linke Alternative, die eine neue Partei weitgehend erübrigen müsste. Eine "offene Nische" besteht dort allenfalls hinsichtlich jener Wähler, denen die Anpassung der PDS an den Koalitionspartner SPD in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu weit geht und die daher einer Linkspartei mit klarer Oppositionsperspektive den Vorzug geben würden.
Offene Nischen abdecken, Wilderei vermeiden - die Marschrichtung scheint klar zu sein. Doch die konkrete Strategie im Verhältnis der WASG zur PDS birgt noch manche Frage. Die PDS scheint offen für eine Zusammenarbeit, zumindest wirft sie niemanden aus der Partei, der sich in der Initiative engagiert. Die genaue Form einer möglichen Zusammenarbeit und Aufgabenteilung wird in den kommenden Monaten zu entwickeln sein. Dabei ist vieles denkbar: gemeinsame Listen, Engagement der WASG nur im Westen - oder vielleicht auch dort, wo die PDS an der Seite der SPD zu weit nach "rechts" abgedriftet ist?
Ein erfolgreiches Beispiel für eine regional segmentierte und durchaus auch politisch nuancierte "Doppelmarkenstrategie" zweier Parteien gibt es bereits: Die Zusammenarbeit von CDU und CSU erscheint uns so selbstverständlich, dass uns die Skurrilität einer Sonderpartei für ein einziges Bundesland (Bayern) überhaupt nicht mehr auffällt.
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