Niedersachsens Impfstoffverteilung

Corona Anmerkungen meiner Großmutter: Das Problem ist Kommunikation.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Meine Großmutter ist Ende Januar 89 Jahre alt geworden. Es war ein in der Zeit der Pandemie schöner Geburtstag für meine Großmutter. Sie lebt nicht im Heim. Familie war da. Wir konnten zusammen zu Abend essen.

Doch meine Großmutter ist besorgt. Sie ist schon von ihrer Natur her ein eher besorgter Mensch, doch die Corona-Pandemie macht ihr zu schaffen. Sie verlässt das Haus selten, benötigt Hilfe bei den Erledigungen des Alltags und immer diese Masken. “Wie setzt man sie nur richtig auf?”

Oma will keine Hilfe beim Einkaufen. Sie will nur alsbald geimpft werden. Sie will noch nicht sterben.

Sie kann auch verstehen, dass es in Niedersachsen leider nicht viel Impfstoff gibt. Doch was sie nicht verstehen kann ist, dass sie genötigt wird bei einer Hotline anzurufen —jetzt bereits um die 150 mal — die dauernd besetzt ist, um einen Termin zu bekommen. “Das frustriert einfach, Richard. Ich hab' keine Lust mehr!”

Oma hatte vor zirka eineinhalb Wochen einen Brief des zuständigen Landkreises erhalten mit dem erhofften Impftermin. Doch es war wieder nur ein formales Schreiben mit Angabe der Hotline 0800 9988665. “Ich kann die Nummer jetzt schon auswendig.”

Nebenbei wurde in dem Brief auch erwähnt, dass man* online einen Impftermin vereinbaren könne. Oma versuchte dies. Im Gegensatz zu einigen anderen Menschen im Alter von rund 90 Jahren ist sie kein digitaler Neandertaler. Ihr iPad benutzt sie recht viel und gerne. Doch als wir zusammen nach der Online-Terminvergabe schauten, funktionierte auch diese Seite nicht. Und als die Seite wie heute funktionierte, ”waren natürlich keine Termine vorhanden”. Nach dutzenden Anrufen letzte Woche beim Landkreis, wurde Oma mitgeteilt, dass die Website über das Wochenende überarbeitet werde. “Mal schauen, ob wir es dann schaffen”, meinte Oma nur.

Immerhin konnte man* sich heute auf der Internetseite des Landes Niedersachsen auf eine Warteliste für die Terminvergabe eintragen. Dafür benötigt man jedoch ein Handy, an das eine SMS gesendet wird. Das hat Oma leider gerade nicht. Sie hat einfach das ihres Sohnes genommen. Immerhin steht sie jetzt auf der Warteliste. "Ist von Senioren zu erwarten, dass sie ein Handy haben? Es muss ja nicht das neueste iPhone sein, aber ein Handy?" Ich weiß es nicht. Gut, dass gerade Familie da ist, die ihr helfen kann, dachte ich nur.

Und Oma meinte vorhin: “Mich stört weniger, dass ich leider noch nicht geimpft bin, mich stört aber, wie die Verteilung hier organisiert und vor allem kommuniziert wird.”

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden