"Une élection du sort"

Paris. Die Chance, dass die Rechten das Land regieren, stand so gut wie nie.

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Es ist also wieder so weit. Die erste Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen ist gelaufen. Von den zahlreichen Kandidaten haben sich die rechtsradikale Marine Le Pen und der Amtsinhaber Emmanuel Macron durchgesetzt. Während Macron auf 27,8 % der Stimmen kam, schnitt Le Pen mit 23,1 % der Stimmen erstaunlich gut ab. Auf dem dritten Platz landete der Kandidat der franzöischen Linken (La France Insoumise) Jean-Luc Mélenchon mit 22 %.

Insofern ist es ein knappes Ergebnis für die Stichwahl zwischen Macron und Le Pen. Während die radikale Rechte und Linke, bei dieser Wahl stark abschnitt, war es ein Desaster für die Konservativen und Sozialdemokraten. Über 30 % der Franzosen haben Rechte bis Rechtsexreme gewählt. Neben Le Pen erhielt der rechtsextreme Kandidat Éric Zemmour rund 7 % der Stimmen. Während die Republikaner mit Valerié Pecresse noch auf 4,8 % der Stimmen kamen, steht die Parti socialiste (PS) mit 1,8 % vor dem Existenzverlust.

Polarisierung, Radikalisierung, Populismus

In so einer Gemengelage, in der auch die Grünen mit Yannick Jadot (4,58 %) nun um Spenden in Millionenhöhe aufgrund der gerissenen 5-%-Hürde aufrufen müssen, wird das Thema "Kaufkraft" ("pouvoir d'achat") wahlentscheidend. "On vote avec le porte-monnaie." Obwohl Macrons Reformpolitik laut des franzöischen Wirtschaftsinstituts OFCE durschnittlich zu 300€ mehr netto pro Haushalt in den letzten fünf Jahren führte, sich die Kaufkraft um rund 0,9% jährlich erhöhte, fürchten die Franzosen auch aufgrund des Krieges in der Ukraine um ihren Wohlstand.

"On vote avec le porte-monnaie."

In Frankreich vergleicht man sich nicht mit dem Ausland, sondern mit sich selbst und seinen Wünschen. Frankreich ist gut aus der Pandemie gekommen, doch der Russland-Ukraine-Krieg, die steigende Inflation, die Spritpreise beeinflussen die Sicht der Franzosen.

Der Umstand, das Macron derart apathisch am Wahlkampf teilnahm, birgt Anlass zur Beunruhigung. Die ländlichen Gebiete Frankreichs besuchte er nicht und an dem großen TV-Duell mit den konkurrierenden Kandidaten nahm er nicht teil. Nur einen großen Auftritt vor Anhängern in Paris gab es. Apathisch war auch ein Viertel der Wahlbevölkerung, rund 26 % hat nicht gewählt. Von den unter 40-jährigen sind 40 % zu hause geblieben. Das alles gibt Anlass zur Sorge. Man kann nur hoffen, dass er sich nun für die Stichwahl mehr engagiert. Zwar hat Macron ein besseres Ergebnis als 2017 erzielt. Jedoch hat er für die Stichwahl kaum Stimmenreserven. Die Républicains (LR) stehen wie die PS vor dem Bedeutungsverlust, während auf der Rechten Zemmour offen zur Wahl für Le Pen in der Stichwahl aufgerufen hat. Zwar hat auch der knapp unterlegene Mélenchon dazu aufgerufen NICHT Le Pen wählen. Ein klarer Aufruf für Macron klingt aber anders. Währenddessen können alle Europafreunde nur hoffen, dass Macron sich mehr Mühe gibt und die Nichtwähler überzeugt. Sonst wird bald die Putin-nahe Le Pen im Élysée-Palast sitzen.

Eingebetteter Medieninhalt

Wir thematisieren die Frankreichwahl auch in unserem Podcast Kapitalozän in der aktuellen Folge. Zu. hören auf Spotify und Apple Podcasts.

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