Karl-Otto-Hondrich

Gedenken. Vor sieben Jahren, am 16. Januar 2007, starb der Soziologe Karl Otto Hondrich. Flüchtige Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Wissenschaftler.

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Hondrich studierte Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaft und Soziologie in Frankfurt am Main, Berlin, Paris und Köln. Nach einem Postdoc an der University of California in Berkeley lehrte er im Rahmen der akademischen Aufbauhilfe zwei Jahre als Dozent an der Universität Kabul in Kabul, Afghanistan. 1962 promovierte Hondrich bei René König in Köln über "Die Ideologien von Interessenverbänden", 1972 habilitierte er sich in Soziologie.

Seit 1972 war Karl Otto Hondrich Professor für Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse. Am 14. Juli 2005 hielt er dort seine Abschiedsvorlesung. Hondrich war Mitbegründer des Club of Quebec. Er stand für eine attraktive, weltoffene und praxisorientierte Soziologie, die durch Artikel in der FAZ, der NZZ, im Spiegel, in der Welt und in der SZ ihr Gehör fand. Seine Themen gingen von Globalisierung über Krieg und Gentechnik, er versuchte, gesellschaftliche Strukturen zu verstehen.

Karl Otto Hondrich erlag am 16. Januar 2007 einem Krebsleiden.

Seinen Studenten begegnete Hondrich in Seminaren als ungewöhnliche Gestalt: Diese Aufeinandertreffen sind für viele Studenten einige der wenigen Begegnungen innerhalb der universitären Erziehung gewesen, die diesen in Erinnerung geblieben waren. Die Persönlichkeit eines Mannes können seine Freunde besser und präziser herausarbeiten, aber auch als Student spürte man die erfrischende Präsenz eines großen Wissenschaftlers: Hondrich imponierte in zumeist völlig überfüllten Seminaren als intellektuell jugendlicher Mann, der mit Freude und einem schier unerschöpflichen Interesse den Ausführungen seiner teils gelangweilten Studenten folgte. Und der jede auch noch so kleine Regung aufmerksam beachtete und bei originellen Wortbeiträgen sofort einen seiner Mitarbeiter anwies, dies zu vermerken.

Immer mal wieder stolpert man im Internet über den ein oder anderen zahlreichen Essay Hondrichs – und wird, als dessen Student, innerlich traurig. Man sieht auf den wenigen Bildern in die wachen Augen des Mannes, dessen Abschied aus unserer Welt nicht nur die Soziologenzunft traurig machte. Ein Rezensent in der Welt schrieb einmal, dass Hondrich Soziologie im ursprünglichen Sinn als Neugierwissenschaft betrieben habe. Seine Augen verrieten jedem, der ihm begegnete, diese Neugier und die Lust auf unsere Welt. Ein wahrhaft großer Wissenschaftler. Ein wahrhaft großer Frankfurter Wissenschaftler.

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Geschrieben von

Richard Hörner

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