Das Unerträgliche ertragen

Gewalt überall. Nicht nur die Gewaltexzesse der IS haben eine rege (und durchaus spannende) Debatte über Pazifismus entfacht.

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Der Ausfall von H. Geissler in den 80er Jahren, dass Pazifismus Auschwitz erst ermöglicht habe war unsäglich. Eine Entschuldigung oder Rücknahme habe ich bis heute nicht wahrgenommen.

Nun wird wieder darüber diskutiert. Das ist zunächst gut und wichtig, handelt es sich doch bei den anstehenden Waffenlieferungen um eine neue Stufe der Militarisierung unseres Landes durch die Politik.

Ist es wirklich so, dass auch Pazifisten Handelnde sind in solchen Konflikten? Ein deutliches „Nein“! Die Verweigerung einer Beteiligung bleibt eine Verweigerung.

Der Vormarsch der IS ist schier unerträglich. Was aber tun?

Zunächst fällt mir dazu ein, dass nicht alle „killing fields“ zur Zeit die gleiche Aufmerksamkeit bekommen. Anstehende Katastrophen im Südsudan, um nur ein Beispiel anzuführen, werden schon seit Wochen kaum noch erwähnt, schon gar nicht debattiert. Warum eigentlich? Die Boko Haram ist aus den Medien fast verschwunden.

Doch auch dieser Hinweis hilft im Falle IS nicht weiter.

Ich persönlich kann direkt nur sehr wenig tun. Da ich darüber hinaus der Meinung bin, dass Konflikte nachhaltig nur vor Ort von den Betroffenen gelöst werden können, habe ich mich dazu durchgerungen, das Unerträgliche zu ertragen. Ja, jede Waffe mehr in solche Konfliktregionen ist Öl im Feuer. Dabei bin ich mir bewusst, dass es natürlich schon reichlich Einflussnahme gibt, der Konflikt also wahrlich nicht in einem luftleeren, neutralen Raum stattfindet.

Das ist grausam. Aber alles was folgt ist noch grausamer, denn jede Waffe findet ihre Opfer. Unser Land hat durch jahrzehntelangen akzeptierten Waffenexport genug Schuld an all diesen Kriegen, den Toten, den Verfolgten. Deshalb gibt es nur zwei Pflichten für uns: Flüchtlinge aufnehmen und humanitär Hilfe leisten. Nur das kann übrigens auch eine Lehre aus 1914 sein.

Den Rest, den unser Land mit verschuldet haben, müssen wir ertragen. Denn verhindern konnten wir es nicht. Das ist vielleicht die einzige Schuld der Pazifisten - zu schwach zu sein.

Und vielleicht sollten wir uns diesem parteipolitischen System verweigern, denn zur Lösung wichtiger Fragen ist es schon lange nicht mehr in der Lage.

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Geschrieben von

rioges

Dieses haben unsere Vorfahren aus gutem Grunde so geordnet, und wir stellen es aus gutem Grunde nun wieder ab. G. C. Lichtenberg.

rioges

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