Gottes Wege sind nicht nur unergründlich – sondern manchmal auch diplomatisch. Und so schickt uns der Herr seinen Diener mit dem blonden Engelshaar, um endlich einer Sendung den garaus zu machen, die sich bislang offenbar nur begrenzt auf himmlisches Wohlwollen berufen konnte: Deutschland sucht das Supertalent.
Gewiß, Thomas Gottschalk hatte auch bei seinem letzten Auftritt in der gefloppten ARD-Vorabendshow „Gottschalk live“ fast panisch-euphorisch den Zuschauern versprochen, das Medienvolk solle nicht verzagen, ..“schon bald werde er wieder da sein. Schließlich sei ohne ihn der TV-Abend zur Langeweile verdammt.
Doch wer hätte gedacht, daß er die Drohung so schnell wahrmacht! Angeblich war selbst Dieter Bohlen, der Pop-Titan mit den Gürtellinien-Sprüchen (mal drunten, mal drüber) frustig überrascht. Es heißt, er habe den „Freund und Kollegen“ zwar großherzig zu Auftritten in der Show angemailt, aber keinesfalls sein Monopol in der (Vorab-)Jury mit ihm teilen wollen.
Nun soll also das Dreiergespann Bohlen – Gottschalk - und Jubellady Michelle Hunziker die künftigen Kandidaten „bewerten“. Genauer gesagt: Bohlen rüpelt, Gottschalk überspielt sein sichbares Desinteresse an den Möchte-Gern-Superstars mit small-talk über sich selbst und Michelle findet auch für die schiefsten Darstellungen noch ein aufmunterndes „weiter so“. Soll nicht heißen, daß nicht auch die bisherigen Beisitzer der show eher Dekorationscharakter hatten, doch die versuchten auch nicht mal im Ansatz, Bohlen vom Königsthron zu stoßen. Thomas Gottschalk dürfte sich dagegen kaum in die Lakaien-Rolle fügen. Dementsprechend dürften die Neugierde-Quoten begeisternd sein. Beim erstenmal. Doch dann geht’s vermutlich bergab – bis in die Talsohle der RTL-Medienplanung.
Denn dort hat man nicht begriffen, daß Gottschalks fast schon traumatische Publizitäts-Sucht auch auf das zuschauende Volk längst wie ein pochender Zahnnerv wirkt. Statt sich als Multimillionär in solidem Rentenalter einen sorgenfreien Lebensabend zu gönnen (oder zumindest ein Jahr TV-Abstinenz) scheint der einstige schillernde Pfau nach seinem Abschied bei „Wetten, daß..“ wie ein Gejagter den TV-Kameras hinterherzurennen und als mediale Graugans nur noch am „Applaus-Tropf“ zu überleben. Gewiß, auch bei „Wetten, daß.“. waren die small-talks des Guru mit der Holywood-Prominenz selten von spitzfindigen, intelligenten Fragen geprägt – doch er symbolisierte das unverwechselbare Gesicht der Sendung.
Was folgte, war nur noch peinlich. Ein krankhaft publicity-süchtiger Entertainer, der auch beim wohlgesonnensten Zuschauer der Vorabendsendung „Gottschalk live“ Mißempfindungen hervorrief: Unvorbereitet, desinteressiert, mit plumpem Humor und immer wieder neuen Erklärungen, warum die Zuschauer zu anderen Kanälen zappten. Mal war es die Krimi-Konkurrenz der anderen Sender, dann wieder die ihm nicht behagenden Gäste, dann wieder das Konzept der ARD. Nur ER, der Göttliche, er hatte lediglich auf das falsche Pferd gesetzt.
Und so vermute ich, daß die letzten Fans von Dieter Bohlen und seinen markigen Sprüchen (es gibt schließlich nicht wenige, die gerade deshalb die Sendung sehen) den Weichspüler-Zugang als inkompatibel empfinden werden. Andere wiederum mögen es als himmlische Fügung sehen, wenn die Sendung mit nur wenigen highlights und über weite Strecken ermüdenden Talentauftritten in den Quotenkeller absinkt oder Gottschalk - aus welchen Animositäten auch immer - das Handtuch wirft. Beängstigend ist dabei nur eines: Er wird uns am Ende versprechen, daß er ganz sicher bald wiederkommt.
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