Flohzirkus

Österreich Drei Parteien, die nicht im Nationalrat sitzen, kandidieren bundesweit. Sie bekommen medial recht wenig Aufmerksamkeit.

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Gemeinsam kämen sie ungefähr auf sechs Prozent. Drei Parteien, die nicht im Nationalrat sitzen, kandidieren bundesweit bei der Wahl 2013. Aller Voraussicht nach werden sie den Einzug auch nicht schaffen, weder die KPÖ (1,5%) noch die Piratenpartei (1,5%), einzig die NEOS (3%) könnten die 4%-Hürde knacken. Dementsprechend wenig Aufmerksamkeit wird diesen kleinen Parteien in unterschiedlichen Medien zuteil. Das mag daran liegen, dass sie wenig nachrichtenrelevant sind, denn wer nicht ins Parlament kommt, wird sich auch nicht ausgedehnt an der politischen Arbeit teilnehmen. Daher fehlt es ihnen einerseits an Auftritten in der Öffentlichkeit und an öffentlichen Plattformen, was sich negativ auf ihre Chancen auswirkt, in den Nationalrat einzuziehen. Das verstärkt auch den Eindruck, dass es sich ohnehin nicht auszahlen würde, diese oder jene Partei zu wählen.

Wir packen‘s an. Die NEOS

Aufbruch und Erneuerung sind die Kernthemen der NEOS-Kampagne. Ebendies versuchen die NEOS, mit ihrer Plakat- und TV-Kampagne optisch zu vermitteln. Das beginnt schon mit der Auswahl der Parteifarbe. Mit Pink fällt man in der politischen Landschaft garantiert auf, es ist neu und wirkt frisch. Optisch versucht sich NEOS von den bereits etablierten Parteien durch das symbolische hinaustragen verschiedener Spitzenpolitiker – beispielsweise Werner Faymann oder Michael Spindelegger – abzugrenzen, verstärkt wird dieser Effekt durch die Farbgebung, die etablierten Parteien werden als grau, verstaubt, dargestellt. Das Pink der NEOS wirkt dazu als einer der krassesten Kontraste, die es gibt.

Neben der SPÖ, die bereits am 1. Mai 2013 einen TV-Spot zum Thema Arbeit veröffentlichte, waren die NEOS eine der ersten Parteien, die im Fernsehen Werbespots brachten. Hier wirkten sie keineswegs so frisch wie auf ihren Plakaten, vielmehr bemüht. Auch hier fand das Farbschema, das ich zuvor beschrieben habe, Anwendung. Zu Beginn des Spots läuft eine Frau mit Megafon durch ein graues, farbloses Wien und verkündet verschiedene Botschaften – angefangen von bekommen Sie keine Kinder über hören Sie auf zu arbeiten bis hin zu wir fahren gegen die Wand. Erst mit dem Auftreten von NEOS-Spitzenkandidat Matthias Strolz kommt etwas mehr Farbe in den Spot. Umso frischer wirkt das Pink nach den tristen, grauen Bildern. Hr. Strolz allerdings erweckt einen etwas gekünstelten Eindruck.

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Die NEOS arbeiten vor allem daran, sich zu einer Marke zu machen. Seit ihrer Gründung versuchen Sie, Inhalte zu vermitteln, potenziellen Wählerinnen und Wählern zu sagen, wofür sie stehen. Die Wahlkooperation mit dem LIF und den JuLis, beides liberale Parteien, verdeutlichen das ideologisch-programmatisch. Die NEOS haben zu einem gut gewählten Zeitpunkt damit angefangen, für sich Werbung zu machen. Wäre die Gründung des Team Stronach nicht gewesen, die dem Team um den Vorarlberger Matthias Strolz das Erneuerer-Image streitig macht, wäre es den NEOS im aktuellen Wahlkampf vermutlich leichter gefallen, zu punkten.

Arbeiter statt Milliardär. Die KPÖ

Während die NEOS, eine der jüngsten Parteien ist, die für den Nationalrat kandidieren, tritt mit der KPÖ eine Partei an, deren Gründung auf die Geburtsstunde der zweiten Republik zurückgeht. Im aktuellen Wahlkampf setzen die Kommunisten auf einen Wahlkampfstil, der am besten mit retro beschrieben wird. Ihre nicht allzu überraschenden Forderungen: gleiche Rechte für alle Menschen oder Arbeiter statt Milliardär. Dabei setzt die Partei auf ein gehöriges Maß an Humor, denn mit diesem Slogan wird ganz klar die Kandidatur Frank Stronachs angesprochen. Nichtsdestotrotz ist der KP-Wahlkampf kaum dazu geeignet, größere Wählerschichten anzusprechen. Der Kommunismus als Idee ist bis zu einem gewissen Grad abstrakt und mit der Betitelung KPÖ assoziiert man die Partei eher mit der repressiven Diktatur der realsozialistischen Staaten im Osten Europas als mit sozialer Gerechtigkeit oder liberaler Demokratie.

Bloß in der Stadt Graz, in deren Gemeinderat die KPÖ in regelmäßigen Abständen einzieht, und generell in der Steiermark hat die Partei viele Wählerinnen und Wähler. Logisch wäre daher eine Konzentration auf die steirische Wählerschaft, dem trägt Mirko Messners Partei insofern Rechnung, als das Plakatdesign in der Steiermark ein anderes ist als in den übrigen Bundesländern. Dort setzen sie auf rote Elemente auf weißem Grund, ansonsten auf eine an den Supermarkt Billa erinnernde Farbkombination von roter Schrift auf gelber Basis. Eine ernst zu nehmende Präsenz auf sozialen Medien oder im Fernsehen ist nicht feststellbar. Auch ist eine fehlende Personalisierung (wieder mit Ausnahme der steirischen Plakatlinie) feststellbar.

Auch du wirst überwacht. Die Piratenpartei

Mit der NSA-Affäre hätte die Piratenpartei eigentlich ein Paradethema für ihren Wahlkampf. Sie hatte bloß das Pech, dass die Überwachungsaffäre hierzulande, nicht wie in Deutschland, kaum öffentlich diskutiert wird. Dieser Diskurs blieb auf eine dringliche Anfrage der Opposition im Nationalrat beschränkt. Genau betrachtet wäre das eigentlich die Gelegenheit für die Piratenbewegung, nicht nur hier in Österreich, sondern auch in Deutschland oder anderen Staaten, zu reüssieren. Aber auch bei zivilgesellschaftlichen Protestaktionen, wie der Spaziergang vor der angeblichen NSA-Villa in Wien, hatten die Piraten kaum ein Wort mitzureden, vielmehr ließen sie sich die Themenführerschaft, was das Internet betrifft, aus der Hand nehmen. Gerade solche Aktionen sind es aber, auf die eine Kleinpartei in ihrem Wahlkampf eigentlich angewiesen ist.

Die Piratenpartei ist jetzt, eine Woche vor der Nationalratswahl, bestenfalls als unauffällig zu bezeichnen. Während die NEOS schon lange Präsenz zeigen, muss man erst nach der Wahlkampagne der Piratenpartei suchen. Zugegeben, ist man daran interessiert, etwas über die Piraten in Erfahrung zu bringen und kann ein wenig mit dem Internet (also in diesem Fall Google) umgehen, braucht man dafür insgesamt fünf Minuten. Dennoch kann sich eine Partei nicht darauf verlassen, von potenziellen Wählerinnen und Wählern gefunden zu werden, sie muss zu ihnen kommen. Netzaktivisten mögen die Piraten also ansprechen, während aber der Großteil der Wahlberechtigten in Österreich nichts oder nur wenig mit ihnen anfangen dürfte.

Hat man endlich Plakate der österreichischen Piraten gefunden, trifft einen die Ernüchterung. Denn die österreichischen und die deutschen Piraten haben fast identische Wahlplakate, lediglich das Farbschema ist ein anderes. Das liegt vor allem daran, dass die Parteifarbe Orange in Österreich schon in einem anderen Kontext Verwendung findet (das BZÖ), in Deutschland nicht – während also die Deutschen auf Slogans in Textbalken mit blauem Hintergrund auf orangefarbener Basis setzen, haben die österreichischen Versionen der Plakate einen violetten Hintergrund und eben orangefarbene Textbalken. Apropos Slogans, denn auch diese lauten gleich: Stell dir vor, du wirst gefragt, vertrau keinem Plakat – informier dich! und Auch du wirst überwacht. Das soll wahrscheinlich illustrieren, dass die Piratenpartei ein Teil einer größeren, internationalen Bewegung ist. Alles in allem wirkt es aber bloß einfallslos und wenig originell. Besonders hervorzuheben ist die mangelhafte Vernetzung der Plakate – es fehlt ein QR-Code, ein Barcode oder zumindest ein Hashtag. Will man internetaffine Menschen ansprechen, die nicht unbedingt Netzaktivisten zuzurechnen sind, wäre das eigentlich das Mindeste, das man von einer Partei erwarten kann, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Politik ins 21. Jahrhundert zu holen.

Wahlplakate sollen Menschen mehr auf einer emotionalen, unbewussten Ebene erreichen. Das wird oft durch einen Regress auf bereits erfolgreiche Kampagnen erreicht, wie beispielsweise die Zitation des Kampagnenlogos von Barack Obama durch das BZÖ. Auch die Piratenpartei (zumindest vermute ich das) hat das auf einem ihrer Plakate versucht – zumindest optisch ähnelt es dem berühmten I-want-you-Poster mit Uncle Sam. Doch diese Assoziation drängt sich einem erst nach dem zweiten, genaueren Blick auf. Insgesamt ist die Kampagne nicht allzu gut gelungen – aus den Augen, aus dem Sinn.

Ferner liefen…

Den Parteien, deren Kampagnen ich mir hier angesehen habe, fehlt es oftmals an öffentlichen Auftritten. Ihr Image als Kleinpartei wird auch durch Umfragen, in denen sie hauptsächlich als Sonstige angeführt und zusammengefasst werden sowie durch spärliche Auftritte im Fernsehen bestärkt. Dem ORF ist nicht vorzuwerfen, dass er die Kandidaten von NEOS, KPÖ oder der Piratenpartei gar nicht zu Wort kommen ließe, denn am heutigen Sonntag fand um 11:05 eine Ameisenrunde statt. Kritisierenswert ist hier vor allem der schlechte Sendeplatz, der ihnen zugewiesen wird. Das Image der Partei, die ohnehin nicht in den Nationalrat kommt und somit auch gar nicht erst gewählt zu werden braucht, wird damit weiter verstärkt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

rjspoetta

International relations and security policy aficionado, diplomat by training.Twitter: @rjspoetta

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